Großer Empfang bei Dirk Freudenhagen in Mangelsdorf / Fohlen "Filou" ist im Hochwasser-Asyl geboren 31 plus 1 Pferde kehren zum Stutenmilchhof heim
Die Pferde sind wieder zurück auf dem Stutenmilchhof Freudenhagen in Mangelsdorf. Am Sonntag wurden die Tiere, überwiegend Stuten mit Fohlen, aus ihren zeitweiligen Hochwasser-Asylen in Felgentreu, Luckenwalde und Umgebung heim gebracht - sogar ein Tier mehr, denn Stute "Alida" hat inzwischen gefohlt.
Mangelsdorf l Aufgeregtes Warten am Sonntagnachmittag auf dem Stutenmilchhof und immer wieder Handy-Kontakt: Ganz so schnell wie erhofft ging es dann doch nicht mit der Heimfahrt, denn fast alle Fahrzeuge waren als Karawane zusammen unterwegs. Und endlich: Zwischen den Bäumen auf der Straße aus Richtung Jerichow kommt der erste Pkw mit Pferdehänger hervor. Einer nach dem anderen folgt. Es ist ein toller Anblick so von weitem über die Wiesen hinweg.
Nacheinander parken die Transporter dann erstmal in der langen Zufahrt zum Hof. Welche Tiere sollen wohin? Dirk Freudenhagen, der Chef, sortiert, erklärt und packt mit an. Begleitet wird das Abladen von aufgeregtem Wiehern, denn einer der Hengste ist schon da. Er stand bei Familie Elsner in Brandenburg. Dort hatte, als die Pferde abgeholt worden waren, "irgendjemand von den ganzen Leuten angerufen, der ihn kannte, und gefragt, ob er noch einen Hengst unterstellen könnte."
Alle diese Helfer kannte Dirk Freudenhagen vorher überhaupt nicht. Inzwischen ist es, als ob sich alle schon ewig kennen. Die Liebe zu Pferden war es, die in diesem Fall alle zusammengeführt und für so schnelle Hilfe gesorgt hat, sagt Sabine Schneider aus Felgentreu. Sie ist nicht nur "Pferdenärrin", sondern auch Ortsvorsteherin. Aber davon sagt sie nichts, als sie zusammen mit den anderen Helfern aus ihrer Region hier in Mangelsdorf ist.
Stattdessen erzählt sie, wie das kam mit dem "Pferdeasyl". Schon lange bevor es hier in der Region Jerichow richtig ernst wurde mit dem Hochwasser, hatte sie daheim über das Radio bekannt gegeben, dass sie für den Notfall Stellplätze für evakuierte Pferde habe. Nachdem dann hier bei Fischbeck der Deich gebrochen war, hatte sie zu Wolf Böhm aus Mangelsdorf, den sie kannte, Kontakt aufgenommen und gefragt, ob Hilfe gebraucht wird.
Dann ging alles ganz schnell. Die Leute aus Felgentreu und den umliegenden Orten an der Hilfsaktion beteiligt waren, kannte sie alle. Sie hat herumtelefoniert und hatte schnell genügend Helfer beisammen. Durch weitere Kontakte kamen immer neue Helfer dazu.
In fünf Orten werden Pferde aus Mangelsdorf aufgenommen
Mit privaten Pkw und Pferdehängern wurden die Tiere abgeholt. Manche sind die ungefähr 150 Kilometer und zurück sogar zweimal gefahren.
Die meisten Pferde konnten bei Familie Konsolke in Felgentreu untergebracht werden. Weitere standen in Frankenförde, Frankenfelde, Elsholz, Buchholz und Luckenwalde. Und das waren längst nicht die einzigen Pferde, deren Unterkunft während des Hochwassers Sabine Schneider organisiert hatte. Dazu kamen noch Kälber aus Briest sowie Hunde und Katzen aus Sydow. "Es waren zwei Katzen mit Wurf dabei, eine davon war schwer krank und musste operiert werden." Auch das hat sie organisiert und zeigt nun glücklich die Mieze mit zwei überlebenden Jungen, jetzt allesamt fit, die mit der "Karawane" ebenfalls heim gekommen sind.
Die medizinische Hilfe verdanken die "Asyl-Tiere" der Tierärztin Dr. Heike Großklaus, berichtet Sabine Schneider. Zu ihren Patienten gehörte auch die Haflinger-Stute "Alida", die das Fohlen geboren hat. Am 12. Juni um 8 Uhr morgens ist es gekommen, draußen auf der Weide zwischen den anderen Stuten und ihren Fohlen. Alles sei gut gegangen, nur mit der Nachgeburt gab es Probleme, deswegen war die Tierärztin gerufen worden.
"Es war meine erste Fohlengeburt", strahlt Sabine Schneider und bedauert, dass sie das Ereignis knapp verpasst hat. "Filou" - so nannte sie das Kleine - war schon da, als sie wiederkam, nachdem sie erst gegen 7 Uhr auf Kontrolltour hier war. "Nachts bin ich alle zwei Stunden zur Koppel gefahren, auch bei Unwetter", berichtet sie. Bei den anderen Gast-Pferden war sie täglich morgens und abends, nur nach Frankenfelde brauchte sie nicht.
Als nun der Rücktransport organisiert wurde, bekamen es die Helfer auch mit bürokratischen Problemen zu tun. Pkw mit Pferdehänger dürfen zwar problemlos auch sonntags über die Autobahn fahren, nicht aber Lkw. Und ein solch großer Pferdetransporter war dabei, auch mit Hänger. "Ich habe extra dafür eine Sondergenehmigung beim Straßenverkehrsamt erwirkt. Weil es wegen der Hochwasserhilfe war, habe ich nur 50 statt 170 Euro dafür zahlen müssen", ist Sabine Schneider froh. Den Behördengang und das "Feilschen" und den Rabatt hat sie auf sich genommen, obwohl ihr weder Lkw noch Hänger gehören noch ist sie der Fahrer dafür gewesen. "Das war nicht ganz einfach."
Bei frischer Erdbeertorte, Kaffee und belegten Brötchen neben dem Wohnwagen bei Freudenhagens Stall waren alle diese Mühen vergessen. Alle waren nur noch glücklich, dass alles geklappt hat, ohne irgendwelche Verletzungen.
Etwa 90 Prozent der Flächen standen unter Wasser
Der Wohnwagen war inzwischen auch wieder leer. Hier hatte sich während des Hochwassers das Tierheim "Herzsprung" einquartiert und in Not geratenen Tieren geholfen und diese vermittelt (Volksstimme berichtete). Da das Hochwasser zum Glück doch nicht bis hierher vorgedrungen war, konnte der zeitweilig leere Stutenmilchhof nun seinerseits als Asyl für Tiere dienen.
Trocken geblieben ist aber nur der Hof mit den direkt angrenzenden Koppeln und Weiden. "90 Prozent meiner Flächen sind abgesoffen", ist die nüchterne Wahrheit, mit der Dirk Freudenhagen nun klarkommen muss. Das heißt: Es wird ein riesiges Futterproblem geben, wenn er keine Unterstützung bekommt. Auf einigen Wiesen hatten noch die fertigen Silageballen gelegen, die nicht mehr hatten weggefahren werden können. "Ich wusste bis dahin nicht, dass Silageballen schwimmen können", sagt Dirk Freudenhagen. "Die werden wohl schon in Hamburg sein ..."
Futterspenden dringend nötig, auch für kleine Tierhalter
Einen Großballen Heu nebst diversen Hilfsgütern für die Flutopfer hatten die Helfer aus Felgentreu und Umgebung am Sonntag auch dabei. "Mehr haben wir nicht weggekriegt", bedauert Sabine Schneider und berichtet: "Wir sind gerade in Verhandlung mit drei Bauern bei uns wegen Heu." Das soll dann nach Mangelsdorf gebracht werden. "Für die Zeit, als die Pferde bei uns waren, haben wir aus Berlin Heuspenden bekommen."
Erstmal ist noch Futter da, und von dem Wenigen gibt Dirk Freudenhagen auch noch allen kleinen Tierhaltern, die dringend etwas brauchen, ab. Er sieht seinen Hof deshalb auch als "Zentrallager" für Futterspenden und betont, dass Hilfe, die ihn erreicht, auch vielen anderen zugute kommt. Denn anders als größere Landwirtschaftsbetriebe haben kleine Tierhalter kaum die Möglichkeit, von den Soforthilfemaßnahmen von Bund und Ländern zu profitieren.