Viele begeisterte Zuhörer erleben erstes Konzert nach der Restaurierung mit "Fahrradkantor" Martin Schulze Derbener Orgel besteht eindrucksvoll ihren "Test"
Noch bevor die restaurierte Derbener Orgel am 24. Oktober anlässlich der Feier zum 100. Kirchenjubiläum offiziell eingeweiht wird, ist sie am Sonnabend mit einem erlesenen Konzert des "Fahrradkantors" Martin Schulze in Dienst gestellt worden. Mit dabei waren viele begeisterte Zuhörer.
Derben l "Ich freue mich, dieses schöne spätromantische Instrument einweihen zu können, sagte Martin Schulze zu Beginn. Er hatte sich zuvor schon mit der Orgel vertraut machen können, die jahrzehntelang nicht mehr spielbar war und in den zurückliegenden Monaten aufwändig restauriert wurde.
Dass dies voll und ganz gelungen ist, davon konnten sich die Zuhörer bei diesem Konzert überzeugen. Denn Martin Schulze hatte Werke ausgewählt, mit denen das ganze Spektrum der Orgel "getestet" werden konnte. Doch zuvor sagte er den Derbenern und Gästen, welch großes Glück sie mit dieser Orgel haben: "Armut ist der beste Denkmalschutz. Wenn zu DDR-Zeiten genügend Geld da gewesen wäre, hätte man bestimmt eine neue Orgel eingebaut." Denn schon seit den 30er Jahren seien viele romantische Orgeln weggerissen worden, weil es hieß, dass die Musik Johann Sebastian Bachs darauf nicht angemessen spielbar sei. "Jetzt besinnt man sich wieder auf diese Orgeln." Die Derbener Orgel sei eine der wenigen erhaltenen Instrumente des Baumeisters Ernst Röver.
Martin Schulze begann sein Konzert mit der Toccata d-moll von Dietrich Buxtehude - einer Improvisation, die dazu angelegt war, neue oder umgebaute Orgeln zu prüfen. Wuchtigen Akkorden folgen virtuose Läufe, laute und leise Abschnitte wechseln sich ab. "Das Stück bietet die Möglichkeit, viele Facetten der Orgel vorzustellen."
Ebenfalls von Buxtehude folgte ein musikalisches Dankgebet nach Martin Luther "Vater unser im Himmelreich".
Nach dem Eingangsteil aus dem Barock wechselte Martin Schulze in die Zeit der Erbauung der Orgel. Von Max Reger, "dem Großmeister der deutschen Spätromantik", spielte er das sehr feinfühlige, von dynamischen Schattierungen gekennzeichnete Präludium e-moll, und anschließend von Moritz Brosig, der Domorganist in Breslau war, ein Choralvorspiel, das die leisesten Register der Orgel vorstellte, mit der Melodieführung im Flötenregister.
Wiederum ganz andere Klangfarben erlebten die Zuhörer bei einer Pastorale (Hirtenmusik) von Josef Gabriel Rheinberger. Die Werke des 1839 in Liechtenstein geborenen und in München wirkenden Komponisten und Musikpädagogen waren lange Zeit vergessen, berichtete Martin Schulze. "Es sind große Kleinode der deutschen Romantik." Solche Werke in Kirchenarchiven, auf Dachböden und an den verschiedensten anderen Orten wiederzuentdecken, sei etwas Schönes, betonte er.
Auch die Schöpfer der folgenden Werke sind nicht in aller Munde: Von Otto Dienel, der im 19. Jahrhundert in Berlin wirkte, spielte Martin Schulze die Bearbeitung des Kirchenlieds Nun ruhen alle Wälder", und von Paul Blumenthal (1843-1930), der in Frankfurt/Order lebte, hatte er eine Fantasie in drei Sätzen ausgewählt. Bei dieser folgte auf einen energischen Anfangsteil ein melodiöser Mittelsatz, bei dem die Einzelregister der Orgel bestens vorgestellt werden konnten, und ein feuriges Schlussstück beendet dieses Werk.
Dass man Johann Sebastian Bach durchaus auf einer romantischen Orgel spielen kann, bewies Martin Schulze am Schluss mit der berühmten Toccata und Fuge d-moll und wurde mit einem begeisterten Applaus belohnt.
Den Bogen um das Konzert spannte der Gemeindegesang "Großer Gott, wir loben dich" am Anfang ohne, und zum Schluss weitere Strophen mit Orgelbegleitung.
Superintendentin Ute Mertens hatte eingangs zu den Anwesenden gesprochen und ihre Freude zum Ausdruck gebracht, "dass die Orgel nun wieder zur Ehre Gottes verkündigen wird." Zuvor hatte Rosel Richter einiges über die Geschichte der Orgel berichtet. Pfarrer Andreas Breit dankte zum Abschluss für dieses wunderbare Konzert und erinnerte an den Festgottesdienst zum 100-jährigen Kirchenjubiläum, der am Mittwoch, 24. Oktober, um 14 Uhr beginnt. Dann wird Kantor Gottfried Spiegel aus Genthin die Orgel spielen.
Fahrradkantor Martin Schulze, der seit einigen Jahren in Frankfurt/Oder lebt, freut sich darauf, erneut nach Derben zu kommen. Auf jeden Fall werde er im nächsten Jahr wieder hier in der Region sein, kündigte er an. In mehreren Kirchen wird es dann Konzerte mit ihm geben.