Denkmal stand bis zum Bau der Poliklinik auf dem alten Friedhof in der Karower Straße / Denkmalkomitee lehnte mehrere Entwürfe ab Genthiner spenden 6500 Mark für das Kriegerdenkmal
Am 9. Mai 1931 fand die Einweihung des Kriegerdenkmals unserer Stadt mit einer großen Feier und viel Prominenz statt.
Genthin l Dieses Kriegerdenkmal stand bis zum Baubeginn der Poliklinik (jetziges Ärztehaus) 1972 auf dem alten Friedhof in der Karower Straße gegenüber dem Johanniter-Krankenhaus.
In den 20er und 30er Jahren setzte auf diesem Gebiet in vielen Dörfern und Gemeinden ein richtiger Bauboom ein. Selbst Altenplathow hat schon am 24. Mai, vier Jahre nach seiner Eingemeindung in die Stadt Genthin, sein Kriegerdenkmal vor der Kirche eingeweiht.
Das Kriegerdenkmal auf dem alten Friedhof in der Stadt war ein schlichter, achteckiger Backsteinbau mit drei großen Rundbogenöffnungen nach dem Friedhofseingang zur Karower Straße hin. Zuerst war im vorderen Mittelfeld zur Bekrönung eine aus Kunststein gefertigte Nachbildung eines eisernen Kreuzes mit der darunterliegenden Inschrift "Unsere Helden". Später hat man diese abgenommen und über dem Eingang die Inschrift "Den Toten zur Ehre, den Lebenden zur Mahnung" angebracht.
Die Stufen, die zu diesem Denkmal führten, waren aus Grönauer Platten gefertigt, die auch zur Verwendung für die Vorfläche kamen. In der Mitte der Halle, die sogar unterkellert war, und eine Gesamtfläche von 270 Quadratmeter einnahm, befand sich auf einem Marmorsockel eine ruhende Bronzegruppe, die einen Krieger darstellte, der in den Armen seines treuen Kameraden sein Leben aushaucht. Das im Fußboden eingelassene Eiserne Kreuz sowie die Umschrift bestand aus Mosaiksteinchen.
Durch sechs Buntglasfenster mit Szenen aus dem Ersten Weltkrieg fiel gedämpftes Tageslicht auf die Figurengruppe. Wenn das Tageslicht verblasste, schaltete sich automatisch das aus der Stichkappe strömende indirekte Kunstlicht ein, das die Figurengruppe völlig überstrahlte.
Unter den sechs Kreisbogenfenstern befanden sich die aus deutsch-gelben Jura-Marmor hergestellten Tafeln mit den Namen der gefallenen Soldaten. Die einzelnen Namen und Zahlen waren mittels Schablone und Sandstrahlgebläse in die Platten eingegraben und zur Deutlichkeit mit violettblauem Farbstoff ausgemalt. Die innere schlichte Ausmalung war in der Hauptsache blau, schwarz und seegrün gehalten. Sie versinnbildlichte als christliches Motiv die Treue, die Trauer und die Hoffnung.
Ein unter den Fenstern befindlicher blauer Fries enthielt silberne Kreuze mit dunklem Unterstrich zur Symbolisierung der ungezählten Gräber, die in der Ferne die letzte Ruhestätte vieler Soldaten bildeten.
Die Finanzierung sollte ausschließlich aus Spenden erfolgen, wobei ein Baukostenanschlag von 15 000 Reichsmark als ausreichend angesehen wurde. Es sollte die Hälfte der Summe durch die Einwohner und die andere von der Wirtschaft aufgebracht werden.
Die Sammlung, vom Landrat Dr. Wilhelm Bleckwenn auf vier Wochen begrenzt, fand im Juni 1928 statt. Es kamen allein von den Bürgern unserer Stadt 6500 Mark zusammen. Im Dezember 1928 konnte dem Landrat die Mitteilung überbracht werden, dass die Bausumme voll gesichert ist.
Nun konnte an die Vorbereitung herangegangen werden. Mit dem Entwurf des Denkmals wurden die Werkstätten von August Stößlein in Dresden beauftragt, denn diese Firma hatte zu diesem Zeitpunkt schon 50 Denkmäler in Deutschland gebaut.
Nachdem einige Entwürfe nicht von dem Denkmalkomitee und vom Stadtrat ihre Zustimmung fanden, bekam der letzte Entwurf, die Gestaltung der Figurengruppe, die volle Zustimmung.
Für die Gesamtgestaltung hat man sich für den Entwurf des Stadtbaumeisters Schnackenburg entschieden. Nach einer kurzen Ausschreibung wurde 1930 der Bauunternehmer Schnabel mit dieser Aufgabe betreut, die er auch zur völligen Zufriedenheit erfüllte. Die Einweihung war auf Sonnabend, dem 9. Mai 1931, 17 Uhr vom Festkomitee beschlossen und festgesetzt. Mit der Einweihung war eine Tagung der Kriegervereine des Regierungsbezirkes Magdeburg verbunden. Viele Kommunal- und Kreispolitiker waren zu dem großen Ereignis erschienen. Als prominentester Gast nahm Generalfeldmarschall August von Mackensen an dieser Feier teil. Nach dem Abschreiten der angetretenen Formationen der Kriegervereine auf dem Marktplatz unserer Stadt fuhr er eskortiert vom Kavallerieverein durch die Brandenburger Straße zum Friedhof. Die Festrede hielt Konsistorialrat Hagen aus Magdeburg. Danach hielt der Oberstleutnant Graf von Wartensleben Karow die Weiherede. Anschließend fand auf dem Festplatz am Schützenhaus ein Vorbeimarsch der Krieger vor Generalfeldmarschall von Mackensen und den Offizieren statt.
Am Abend bildete ein großer Zapfenstreich mit anschließendem Festkommers für geladene Gäste im "Hotel Mansfeld" den Abschluss. Wie kam nun gerade Generalfeldmarschall von Mackensen zu dieser Ehre in Genthin? Er hatte verwandtschaftliche Bande in die Stadt. Sein Bruder hatte sich eine schöne Villa in der ehemaligen Brandenburger Straße gebaut, bekannt als die Mackensche Villa. Zu DDR-Zeiten wurde diese als Kinderkrippe "Lieselotte Hermann" genutzt. Heute ist es das Bürohaus einer Spedition.
Im Februar 1972 erhielt die PGH (Produktionsgenossenschaft des Handwerks) "Grundstein" den Auftrag, dieses Denkmal abzubrechen und das gesamte Friedhofsgelände zu beräumen. Es musste Baufreiheit für die neue Poliklinik geschaffen werden, dem heutigen Ärztehaus.
Die Figurengruppe fand auf dem Friedhof unserer Stadt einen würdigen Platz. Die Namenstafeln sind leider für immer verschollen. Es ist noch heute schlecht nachzuvollziehen, dass der damalige Bürgermeister Adolf Degen kein Machtwort gesprochen hat, um die Namenstafeln ebenfalls zu retten. Es sind und waren Zeugen der Geschichte, richtiger: der Stadtgeschichte, die es noch heute zu bewahren gilt. Wie stand doch über dem, leider nun verschwundenen Denkmal? "Den Toten zur Ehre, den Lebenden zur Mahnung."