Geschichte Ehrung eines fast Vergessenen
Der gebürtige Genthiner Ludwig Bisky ist in die Geschtsschreibung der Revolution 1848 in Berlin eingegangen.
Genthin l Wenn Kreismuseumsleiterin Antonia Beran einen Vortrag über das Leben und Wirken Ludwig Biskys halten wird, entreißt sie ihn zumindest in einem kleinen Kreis Geschichtsinteressierter einer gewissen regionalen Unbekanntheit. Dabei lohnt sich die Beschäftigung mit dem Vergessenen: „Es gibt einige interessante Verbindungen von Genthin zur großen Weltgeschichte“, meint Antonia Beran, schränkt aber ein: „Das Material ist allerdings sehr begrenzt, aber spannend.“
Vielleicht ist der 200. Geburtstag des Barrikadenkämpfers Bisky ein guter Anlass zur Wiederentdeckung in dessen Geburtsstadt. Genthin und der Berliner Barrikadenkämpfer Bisky tun sich offensichtlich schwer miteinander. Es gibt in seiner Geburtsstadt keinen Platz oder eine Straße, die nach Bisky benannt wäre. In Genthin gab es allein in den 1980er Jahren staatstreue Versuche, sich dem Sohn der Stadt zu nähern.„Wir sind in Genthin wirklich nicht reich an berühmten Persönlichkeiten.
Als ich in den 1970er Jahren in einem Heimatheft auf einen Beitrag von Dipl. Historiker Klaus Börner über das Wirken Ludwig Biskys stieß, war das für mich natürlich von großem Interesse“, erinnert sich Eckhard Neumann, ehemaliger Lehrer, der seinerzeit das Haus der Jungen Pioniere leitete. Ludwig Bisky, weiß er zu berichten, diente der Einrichtung im Volksgarten als Namensgeber. Zum Internationalen Tag des Kindes, am 1. Juni 1980, wurde dem Pionierhaus der Name „Ludwig Bisky“ verliehen und am gleichen Tag eine Erinnerungstafel eingeweiht. Beides gibt es heute längst nicht mehr.
Ludwig Bisky wurde in Genthin am 18. Oktober 1817 als Sohn eines Gendarmerieleutnants in gutsituierten bürgerlichen Verhältnissen geboren. Neumann nimmt an, dass Biskys Geburtshaus in der Mühlenstraße stand. Bevor Bisky nach Berlin zog, erlernte er in seiner Heimatstadt den Beruf eines Gold- und Silberschmiedes. Nach Beendigung seiner Lehre ging er 1842 nach Berlin, wo er 1844 dem Berliner Handwerkerverein beitrat, einer Arbeiterorganisation.
Historiker sehen Bisky als Mann mit Einfluss während der Revolution 1848: „Für Berlin ist dabei in erster Linie an Ludwig Bisky zu denken, der die Organisation der Berliner Arbeiter während und auch nach der Revolution wesentlich bestimmte“, schreibt etwa Kurt Wernicke in „Die Männer der Revolution“. An den bewaffneten Märzkämpfen 1848 in Berlin, das ist belegt, nahm er aktiv teil. Bisky wurde so ein Vorkämpfer für die Rechte der Arbeiter und der Demokratie, er war Mitglied in demokratischen Vereinen und wurde sogar Abgeordneten-Stellvertreter der Preußischen Konstituierenden Versammlung.
Bei seinen Weggefährten war der Goldschmied anerkannt, Weggefährte Stephan Born schreibt etwa: „Er war eine schöne, männliche Erscheinung, mehr als dies: ein goldner Charakter, ein ganzer Mann.“ Nach dem Scheitern der Märzrevolution erfolgten Biskys Verhaftung und Ausweisung aus Berlin. Eckhard Neumanns ist einer jener Genthiner, deren Interesse am Lebenslauf Biskys bis heute nicht verebbt ist. Sorgsam bewahrt er so Recherchen aus den Militärunterlagen Biskys aus dem Washingtoner National Archiv auf.
Dass Bisky Deutschland nach seiner Ausweisung im Jahr 1850 ausgerechnet in Richtung USA verließ, ist wiederum ein deutlicher Hinweis auf seine Genthiner Wurzeln. Denn schon 1849 hatte sein Schwager, der Genthiner Justizamtmann Heinrich Theodor Lindenberg, diesen Weg gewählt. Er hatte Genthiner 1848 zur Steuerverweigerung aufgerufen und daraufhin Berufsverbot erhalten. Die Familie Lindenberg lebte im jetzigen Standesamt der Stadt Genthin.
Nach Ausbruch des Sezessionskrieges in den USA trat Bisky 1861 als Leutnant freiwillig in das 45. New Yorker Regiment ein. Er fiel als Hauptmann und Kompaniechef auf der Seite der Nordstaaten am 2. Mai 1863 in der Schlacht von Chancellorsville. Ob Ludwig Bisky in verwandschaftlicher Beziehung zu Lothar Bisky (1941 bis 2013), Filmwissenschaftler, Hochschulrektor und ehemaliger Spitzenpolitker der PDS stand, ist nicht geklärt.
Der Politiker hat sich darauf angesprochen so geäußert: „Ärgerlich bleibt nur, dass ich ihn nicht befragen kann, ob er mein Urgroßvater war, zumal mein Opa plötzlich in Westpreußen, mein Vater in Hinterpommern auftaucht, also preußischer gehts gar nicht“. Der Vortrag „Friedrich Ludwig Bisky – zwischen Genthin und Amerika“ wird am 16. Oktober in der Reihe „Bildungstreff“ In der Stadt- Und Kreisbibliothek angeboten. Beginn ist um 19 Uhr.