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Beeindruckendes Konzert zum Auftakt/Rückblick und Ausblick des Fördervereins: Noch etwa 220 000 Euro für Sanierung nötig Karow: Festwochenende 300 Jahre Barockkirche

Von Sigrun Tausche 25.06.2012, 05:36

Der Applaus wollte kaum enden, die Kirche war voll wie schon lange nicht mehr. Das Konzert mit Astrid Harzbecker und Hans-Jürgen Schmidt zum 300. Jubiläum der Barockkirche Karow war ein gelungener Auftakt für das Festwochenende. Mit neuer Kraft kann es nun an die weitere Sanierung der Kirche gehen.

Karow l 300 Jahre ist sie nun geworden, die "alte Dame", die im letzten halben Jahrhundert so arg gealtert, ja, man könne sagen, verschlissen, ist. So begann Helmut Müller, stellvertretender Vorsitzender des Fördervereins Barockkirche Karow, seinen Bericht über die Arbeit des Vereins. "Wir haben den Förderverein gegründet, um zu verhindern, dass irgendwann mal jemand sagt: Wir können uns diese Kirche nicht mehr leisten. Sie wird abgerissen."

Es hätte womöglich nicht mehr lange gedauert, bis sie zumindest hätte geschlossen werden müssen und so dem weiteren Verfall preisgegeben wäre. Wer jetzt das Vorher und Nachher so deutlich nebeneinander sieht, dem wird klar, was hier geleistet wurde. Aber viel Geld und Arbeit stecke auch dort, wo es hinterher keiner sieht: "An Dach und Turm waren nicht nur die Ziegel zu wechseln, sondern es war Schwamm zu bekämpfen."

Helmut Müller blickte zurück: "In der ersten Zeit haben wir uns das alles viel einfacher vorgestellt. Aber es ist ein langwieriges Unterfangen." Die Ergebnisse haben trotzdem Mut gemacht - wenn auch das anvisierte Ziel, die komplette Sanierung bis zum 300. Kirchenjubiläum zu schaffen, nicht zu erreichen war. Etwa 300 000 bis 320 000 Euro stecken schon in der Sanierung, etwa 220 000 Euro fehlen noch.

"Besonders stolz sind wir darauf, dass die Original-Uhr, die 50 Jahre nicht mehr ging, restauriert werden konnte. So etwas ist nur möglich, wenn es Idealisten gibt", richtete Helmut Müller ein besonderes Dankeschön an Uwe Schimpf, der unendlich viel Zeit in diese Arbeit investiert hat.

Und das Ergreifendste sei, "dass wir es geschafft haben, dass die drei Bronzeglocken aus dem 16. Jahrhundert restauriert wurden!" Das allein habe 35 000 Euro gekostet. "Heute ist das Abendläuten ein Ereignis. Manche Karower gehen um diese Zeit extra spazieren, um es zu hören."

Das einzig Moderne, was man sich bei Uhr und Glocken gegönnt habe, sei die vollelektronische Steuerung. "Heute braucht keiner mehr am Strick zu ziehen."

Helmut Müller bedankte sich bei den vielen Unterstützern und Sponsoren. Mitfinanziert worden seien die Sanierungsmaßnahmen von der Stiftung KIBA, von Lotto-Toto, Kirchengemeinde und Landeskirche, "aber wir sind auch immer wieder gerührt und überrascht, wie spendenfreudig Karower und Gäste sind."

Und das, hoffen die Mitglieder von Förderverein und Kirchengemeinde, möge auch weiterhin so bleiben. Die komplette Fassade des Kirchenschiffs einschließlich Fernstern und Türen soll als nächstes in Angriff genommen werden und dann so erstrahlen wie jetzt der Turm. Danach ist im Innern noch viel zu tun: Putz, Gestühl und Orgel warten auf die Restaurierung beziehungsweise Erneuerung.

Nach dem Konzert waren Stimmen zu hören: "So etwas müsste viel öfter hier stattfinden!" Viele Menschen freuen sich darüber, dass die Kirche auf verschiedenste Weise mit Leben erfüllt wird. Und sie sind auch bereit, ihren Teil dazu beizusteuern.

Ein Spruch, den Helmut Müller zum Abschluss zitierte, trifft dies gut:

"Die Kirchen eines Ortes sind

Gottes-Häuser für die Christen,

Kultur-Häuser für Touristen

und Heimat-Zeichen für die

Einwohner.

Drei Gründe, sie zu bewahren,

damit wir für unsere Nach-

fahren tun,

was unsere Vorfahren für uns

getan haben."

Joachim Spiek, Vorsitzender des Fördervereins, fand einen Vergleich, der Ähnliches zum Ausdruck bringt:

"Ein Ort, wo Kulturdenkmale

verfallen,

ist wie ein Mensch, der sein

Gedächtnis verliert."

Spiek hatte eine Ausstellung über die Arbeit des Fördervereins, über die Geschichte von Karow und seiner Kirche, über das Leben hier im Dorf zusammengestellt, die viel Interesse fand. Sehr interessant war auch sein Vortrag, in dem er unter anderem Hintergründe zum Kirchenbau beleuchtete. Er sprach über die romanische Vorgängerkirche, die im Dreißigjährigen Krieg erhebliche Schäden davon getragen hatte und so verfallen war, dass eine neue her musste. Spiek beschrieb die Umstände, die dazu führten, eine solch große Kirche "in einem Kaff wie Karow" zu errichten. Gutsherren, denen Selbstdarstellung das Wichtigste war, egal, ob sie sich verschuldeten, veranlassten den Bau: 1703 zunächst Friedrich Ludwig von Grumbkow, und 1708, nachdem dieser weggegangen war aus Karow, Obermarschall von Printzen. Sehr eindrucksvoll beschrieb Spiek, wie es damals hier ausgesehen haben mag: "Oben auf der Karower Platte die große Kirche, unten die kleinen, strohgedeckten Hütten, ringsum Sumpf, Modder und dunkle Wälder, aus denen noch große, mit der Axt geschlagene Balken in der Kirche zu finden sind." Der Fiener war damals noch nicht trocken gelegt, erinnerte er.

Mit einem Vortrag des Präsidenten der Preußischen Gesellschaft Berlin/Brandenburg ging es am Sonntagnachmittag weiter, dann folgte der Festgottesdienst. Mittags gab es Erbsensuppe und Bockwurst aus der Gulaschkanone des Feuerwehr-Fördervereins, Mitglieder des Sportvereins Kade-Karow sorgten für Spiel und Spaß der Kinder, und zum Abschluss servierten die Mitglieder des Kirchen-Fördervereins erneut Kaffee und Kuchen. Jede Menge hatten sie gebacken, um die vielen Gäste an den beiden Tagen gut zu versorgen. Und das ist den Gastgebern wirklich gelungen.