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Bilanz 2011: 33 Paare sagen "Ja" in Jerichow / 2012 ist deutliche Steigerung zu erwarten Schon 22 Anfragen für Hochzeit im Kloster

Von Sigrun Tausche 26.01.2012, 05:26

32 Hochzeiten und eine eingetragene Lebenspartnerschaft zweier Frauen, darunter 24 Eheschließungen im Sommerrefektorium des Klosters - das ist die Bilanz 2011 des Jerichower Standesamts. Dieses Jahr dürften es deutlich mehr Trauungen im Kloster werden, weil die Bauarbeiten im Umfeld beendet sind.

Jerichow l Standesamtsleiterin Anja Schünicke findet es toll, dass trotz der umfangreichen Bauarbeiten im vergangenen Jahr so viele Paare das Kloster für ihre Hochzeit gewählt haben, denn das Gelände ringsum sei wirklich nicht einladend gewesen, erinnert sie: Baugruben, Gerüste, Absperrungen und Umwege, Matsch... Trotzdem blieb die Zahl der Trauungen hier mit 24 gegenüber dem Vorjahr konstant, und auch insgesamt hat sich kaum etwas geändert: 34 Paare waren es 2010, 33 im Jahr 2011.

Da auch viele auswärtige Paare den besonderen Ort "Kloster Jerichow" für ihre Hochzeit wählen, ist 2012 mit weitaus mehr Anmeldungen zu rechnen. "Denn jetzt ist rings ums Kloster alles so was von chic!" schwärmt Anja Schünicke. Die erste Hochzeit gab es hier schon im Januar, und vormerken lassen haben sich für dieses Jahr bereits 22 Paare fürs Kloster, freut sie sich. "Ich hoffe, dass auch alle kommen." Fürs Rathaus gebe es bisher zwei Vormerkungen.

Hochzeit mit Fernsehen und Studium ausländischen Rechts

"2011 war für mich ein sehr interessantes Jahr", blickt die Standesbeamtin zurück. Allein die Hochzeit im Kloster, bei der das MDR-Fernsehen dabei war, sei ein besonderes Erlebnis gewesen. "Ja" zu sagen brauchte das Paar auch in diesem Fall nur einmal, lacht sie, aber ansonsten wurde alles mögliche mit entsprechenden Regieanweisungen wiederholt.

Weiterhin habe sie viel mit ausländischem Recht zu tun gehabt, erzählt Anja Schünicke. Egal, ob ein Partner ausländischer Staatsbürger ist und hier heiraten möchte, oder ob ein Hiesiger im Ausland die Ehe schließen will - immer sei das mit viel Papierkram und Schriftverkehr verbunden, wobei neben den Gesetzlichkeiten hier in Deutschland auch die des jeweilig anderen Landes zu beachten sind. "Das ist eine Herausforderung für mich, denn in einem so kleinen Standesamt haben wir nicht so oft damit zu tun."

Dieses Jahr zum Beispiel stehe eine Eheschließung mit einer Kambodschanerin an, "da sind wir schon seit April/Mai 2011 im Gange mit der Vorbereitung".

Voriges Jahr habe es hier unter anderem eine Hochzeit eines deutsch-chilenischens Paares gegeben. Ein Übersetzer und viele chilenische Gäste seien dabei gewesen. Auch mit türkischem, kenianischem und weißrussischen Recht habe sie sich voriges Jahr beschäftigen müssen.

Kreislaufkollaps, Lachanfall, Live-Musik, "geklauter" Ring

Zu den außergewöhnlichen Ereignissen bei Hochzeiten des vergangenen Jahres zählt, dass ein Bräutigam während der Trauung "abgeklappt" sei. "Er war so aufgeregt während der Zeremonie, dass er einen Kreislaufkollaps bekam. Nachdem er sich eine Weile - die Beine hoch - hingelegt und kaltes Wasser ins Gesicht bekommen hatte, ging es wieder, und er sagte: So, jetzt geht\'s weiter!" schmunzelt Anja Schünicke bei der Erinnerung daran. "Die Braut und die Gäste waren völlig entspannt. Sie wussten, dass ihm sowas öfter mal passiert."

Mehrmals gab es auch Live-Musik während der Trauung, das sei sehr schön. Besonders beeinruckt war sie bei einer Hochzeit im Kloster, zu der eine Sängerin aus Dresden bestellt war, die wie Whitney Houston gesungen habe. "Das war Gänsehaut pur", erzählt Anja Schünicke begeistert. "Vor allem in der tollen Akustik im Sommerrefektorium."

Manches selbst mitgebrachte, ausgefallene Ringkissen hat sie noch in Erinnerung und die drollige Szene beim Ringwechsel bei einem Paar mit Zwillingen. "Die Zwillinge sollten jeweils Mutti und Vati die Ringe geben. Das eine Kind wollte aber unbedingt selbst der Mutti den Ring aufstecken, und hat ihn, weil es das nicht durfte, hinter dem Rücken versteckt. Die Mama musste ihn sich mehr oder weniger gewaltsam holen..."

Eines der Paare kannte Anja Schünicke näher. Sie habe auch beide geduzt bei der Trauung. Die vertraute Atmosphäre - bei aller Feierlichkeit - hat wohl dazu beigetragen, was dann passierte: "Der Bräutigam bekam nach dem Ja-Sagen einen Lach-Anfall, und sämtliche Gäste mit. Erst nachdem sich alle wieder beruhigt hatten, konnte auch sie ,Ja\' sagen."

Von den 33 Paaren des vergangenen Jahres habe sie etwa zwei Drittel getraut, ein Drittel der Ehen habe ihre Kollegin Annegret Hupka geschlossen, berichtet Anja Schünicke.

Der Trend gehe zur Hochzeit am Sonnabend. Das sei kein Problem hier in Jerichow, betont sie. Sie weiß, dass einige Standesämter die Möglichkeit, am Wochenende zu heiraten, nicht einräumen. Nur für den Sonntag nehme sie keine Termine mehr an - es sei denn, es gebe ganz spektakuläre Gründe.

Scheidungsrate beeinträchtigt Freude über junges Glück nicht

Nun gehören nicht nur Hochzeiten zu den Aufgaben einer Standesbeamtin. Im vorigen Jahr habe sie auch ganz viel mit Anfragen zur Ahnenforschung zu tun gehabt, erzählt Anja Schünicke. Speziell Erbenermittlungsbüros hätten Nachforschungen angestellt.

Und dann gibt es da noch die Kehrseite des "schönsten Tags" - die Scheidung. Seit zwölf Jahren sei sie nun Standesbeamtin, sagt Anja Schünicke, und ist froh, dass sich die Scheidungen, mit denen sie zu tun hatte, in Grenzen hielten und anteilig unter dem bundesweiten Durchschnitt lagen.

Im vergangenen Jahr seien es 14 Scheidungen gewesen, allerdings von Paaren, die ganz unterschiedlich lange zusammen waren - zum Teil seit den 70er, 80er Jahren. Wie viele von "ihren" Ehen wieder auseinander gehen, darüber hat sie noch keine Statistik erstellt. Die kürzeste, das weiß sie noch, dauerte ganze 14 Monate.

Überzeugt sei sie, dass es nicht unbedingt darauf ankomme, wie lange die Paare vorher schon zusammen waren. Nicht selten seien es berufliche Gründe, Montagearbeit zum Beispiel, die zur Entfremdung führen.

Die Freude daran, Paare zu trauen, lässt sie sich von der Zahl der Scheidungen aber nicht verderben. Es sei immer wieder schön, "wenn glückliche Paare vor einem sitzen."