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Stadtgeschichte So soll der Nachlass des Genthiner Schriftstellers Edlef Köppen in digitale Archive gelangen

Köppen-Freundeskreis feiert sein 20-jähriges Bestehen und diskutiert über die kommenden Aufgaben.

Von Mike Fleske 24.10.2024, 04:00
Edlef Köppen auf einer historischen Fotografie.
Edlef Köppen auf einer historischen Fotografie. Repro: Mario Randel

Genthin - Seit 20 Jahren gibt es den Edlef-Köppen-Freundeskreis, der sich der Erforschung von Leben und Schaffen des in Genthin geborenen Schriftstellers Edlef Köppen (1893 bis 1939) verschrieben hat. Jetzt kamen die Mitglieder zusammen, um über die Zukunft ihrer Arbeit zu sprechen und darüber wie das sogenannte Köppen-Archiv mit dem Nachlass des Schriftstellers bewahrt werden kann.

Aus diesem Anlass hatten sich die Mitglieder Gäste aus Politik, Forschung und Bibliothekswesen eingeladen, um nicht nur das langjährige Engagement der Mitglieder zu würdigen, sondern auch neue Impulse für die Zukunft zu erhalten.

Historische Unterlagen liegen für wissenschaftliche Arbeit ab

Denn der Freundeskreis hat zuletzt maßgeblichen Anteil daran gehabt, dass ein Edlef-Köppen-Platz mit Gedenktafeln in der Nähe der Edlef-Köppen-Bibliothek eingerichtet wurde. Zudem betreuen die Mitglieder das Köppen-Archiv mit Teilen des Nachlasses des Schriftstellers. Die Unterlagen wurden so transkribiert und abgelegt, dass sie der Forschung zur Verfügung stehen.

Eine Chance für den Freundeskreis sei es, diese historischen Schriftstücke in einer sogenannten OCR-Texterfassung digital abzulegen, so dass Texte und Bilder durchsuchbar werden, gab etwa Bibliotheksleiterin Yvonne Hillmann einen Impuls.

So könnte das Material im Archivportal des Landes Sachsen-Anhalt oder der Deutschen Digitalen Bibliothek zur Verfügung gestellt werden und stünde so auch einem großen Kreis von Forschenden offen. Auf diese Weise ließen sich vielleicht auch Studenten von Hochschulen für das Thema „Köppen“ und die wissenschaftliche Forschung zum großen Sohn der Stadt Genthin gewinnen.

Beim Bewahren des kulturellen Erbes wollen auch Stadt und Landkreis zur Seite stehen. Dieses Signal gaben sowohl die amtierende Bürgermeisterin Dagmar Turian, als auch Landrat Steffen Burchhardt. Er legte dem Freundeskreis auch ans Herz, um junge Mitstreiter zu werben.

Richtiger Adressat für eine Zusammenarbeit sei das Genthiner Bismarck-Gymnasium. Möglicherweise ließe sich hier vor dem Hintergrund des Geschichts- und Deutschunterrichtes gemeinsam etwas gestalten. So würden sowohl der Freundeskreis als auch Edlef Köppen einer jungen Generation in der Region nahegebracht werden.

Vor 100 Jahren: Das erste deutsche Hörspiel

  • Am 24. Oktober 1924 trauten die Radiohörer ihren Ohren nicht: „Der Sender ist verrückt, Chaos, Stimmengewirr, Trommelfellangst“, schrieb ein Kritiker.
  • Zahlen ertönen, Tanzmusik setzt ein und Rundfunkleute versuchen, den Spuk zu beenden.
  • Was die Menschen da hörten war nichts anderes als das allererste Hörspiel der deutschen Rundfunkgeschichte mit dem Titel „Zauberei auf dem Sender“.
  • Geschaffen hatte es der damals 27-jährige Hans Flesch. Er war zu diesem Zeitpunkt der künstlerische Leiter der Südwestdeutschen Rundfunkdienst AG (SÜWRAG) in Frankfurt am Main und wurde 1929 Intendant der Berliner Funk-Stunde.
  • Dort war Flesch Weggefährte und Vorgesetzter des in Genthin geborenen Edlef Köppen, der seit 1925 zunächst als freier literarischer Mitarbeiter, ab 1929 als Leiter der literarischen Abteilung der Funk-Stunde tätig war.
  • Köppen könnte sich durchaus Hans Flesch zum Vorbild genommen haben, als er sich in den 20er Jahren als Regisseur der Hörspiele seines Schulfreundes Hermann Kasack einen Namen gemacht hatte.
  • In seinem literarischen Hauptwerk „Heeresbericht“ übernahm Köppen viel von der Montagetechnik des UrHörspiels von Hans Flesch.
  • Das wurde 1962 neu inszeniert und ist in der
Ehrengäste beim Köppen-Freundeskreis (von links): Landrat Steffen Burchhardt, Alt-Bürgermeister Hartmut Glöckner und Wilhelm und Antje Ziehr.
Ehrengäste beim Köppen-Freundeskreis (von links): Landrat Steffen Burchhardt, Alt-Bürgermeister Hartmut Glöckner und Wilhelm und Antje Ziehr.
Fotos: M. Fleske

Köppen als Rundfunkpionier

Wie maßgeblich Edlef Köppen in der Vermittlung von Kultur und Literatur in seiner Rundfunkarbeit bei der Berliner Funk-Stunde war, erläuterte der Wilhelmshorster Historiker Wilhelm Ziehr.

Köppen habe namhafte Personen aus dem kulturellen und gesellschaftlichen Bereich, unter anderem Bertolt Brecht (Dichter und Dramatiker), Theodor Adorno (Philosoph und Soziologe) und Walter Benjamin (Philosoph und Kulturkritiker), früh in den Rundfunk gebracht und sei dafür sogar international von der Presse gelobt worden. Neben Köppens literarischem Hauptwerk, dem Anti-Kriegsroman „Heeresbericht“, sei auch seine Arbeit als Film-Dramaturg zu würdigen, so Ziehr.

Wie vielfältig der Schriftsteller in seinem Schaffen war, zeigten Edda Zahr und Heidi Güldner mit dem heiteren Text „Der Festtag“. Köppen sei nach wie vor aktuell, machte Gabriele Herrmann vom Freundeskreis deutlich.

Kriegserlebnisse des Schriftstellers wieder aktuell

Köppen sei durch seine traumatischen Erlebnisse im Krieg zum Pazifisten geworden, habe sich als Rundfunkpionier im Radio verdient gemacht und als Dramaturg bei der Filmfirma Tobis in den 30er Jahren trotz seiner verantwortlichen Stellung eine kritische Distanz zum NS-Regime gewahrt.

Daher sei er ein Vorbild für heutige Generationen. Da das Thema „Krieg“ wieder gegenwärtiger geworden ist, bleibe Köppen auch heute aktuell. Der frühere Genthiner Bürgermeister Hartmut Glöckner würdigte in seinen Worten die Bedeutung des Ehrenamtes und die Arbeit des Freundeskreises.

Die Mitglieder zeigten, dass es ihnen um eine wichtige Sache gehe, bei der nicht nach Zeit oder Geld gefragt werde. Das verdiene Respekt.