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Eltern und Kindern verfolgen im Stadtrat die Abstimmung über die neue Gebührensatzung Stadtrat staffelt Kita-Gebühren: Für längere Betreuung tiefer in die Taschen greifen

Von Manuela Langner 12.12.2011, 05:32

Unter Protest zahlreicher Eltern und Kinder hat der Stadtrat eine neue Gebührensatzung für die Elternbeiträge in den Kindertageseinrichtungen beschlossen.

Genthin l So viel Andrang ist selten: Alle Besucherstühle waren besetzt und bis auf den Flur standen zur Stadtratssitzung die Bürger an. Es waren zumeist Mütter und Väter mit kleinen Kindern. Auf Grund der "besonderen Situation" zog der Stadtratsvorsitzende Gerd Mangelsdorf (CDU) in Abstimmung mit den Kommunalpolitikern die Beratung der Gebührensatzung für die Elternbeiträge in den Kindertageseinrichtungen vor.

Während die notwendigen Formalien zu Beginn einer Stadtratssitzung normalerweise trockener Stoff sind, waren sie dieses Mal von Kindergeplapper unterlegt.

Die Kleinen hatten keinerlei Berührungsängste mit den Stadträten, warfen neugierige Blicke auf die Sitzungstische und interessierten sich besonders für die im Licht blinkenden Namensschilder.

Mit der Feststellung "erschreckend, was wir planen", war Dr. Gordon Heringshausen (CDU) der erste Stadtrat, der sich zu Wort meldete und gleich mit Beifall durch die Eltern bedacht wurde. "20 Euro im Monat mehr für einen Kita-Platz: Kann sich das eine Durchschnittsfamilie leisten?" Er verwies beispielsweise auf Gemeinden im Jerichower Land, die niedrigere Gebühren verlangen.

Unter den Stadträten wurde seine Wortmeldung nicht durchweg mit Wohlwollen aufgenommen. "Das ärgert mich dermaßen!", sagte Günter Sander (Bündnis 90/Die Grünen).

Schließlich war es Gordon Heringshausen gewesen, der im Bildungs-, Kultur- und Sozialausschuss Mitte Oktober die jährliche Steigerung der Elternbeiträge um zehn Prozent vorgeschlagen hatte. Die Ausschussmitglieder hatten sich dem angeschlossen und damit dem Haushaltskonsolidierungskonzept widersprochen, das alle zwei Jahre eine Steigerung um 20 Prozent vorsieht.

"Verwunderlich", war für Birgit Vasen (Die Linke) der Sinneswandel. "Populistisch", nannte es ihr Fraktionskollege Harry Czeke, dass sich Dr. Heringshausen nun als "Retter der Elternschaft" aufführe. Wenn man sich intensiv mit einem Thema beschäftige, könne man dazu auch seine Meinung ändern, hielt der Kritisierte entgegen. Eine Erhöhung der Elternbeiträge sei der falsche Weg.

Bürgermeister Wolfgang Bernicke (parteilos) erinnerte daran, dass die Stadt Genthin gezwungen gewesen sei, das Haushaltskonsolidierungskonzept zu erarbeiten. Er entkräftete mehrere Argumente von Dr. Heringshausen. So gebe es auch Gemeinden im Landkreis, die wesentlich höhere Elternbeiträge erheben. Und der Vergleich mit Genthins Partnerstadt Datteln (Nordrhein-Westfalen) hinke, weil die Beiträge dort einkommensbezogen berechnet werden - die zitierten 40 Euro also nur auf einen Teil zuträfen. Die Vorlage zurückzustellen, lehnte der Stadtchef ab. Dem schriftlich vorgetragenen Vorschlag des Elternkuratoriums, an anderer Stelle zu sparen, entgegnete Wolfgang Bernicke, dass man so weit sei, zu überlegen, beispielsweise sämtliche Zuschüsse an die Vereine zu streichen.

"Das Land Sachsen-Anhalt wirbt damit familienfreundlich zu sein. Das ist für mich nicht zu vereinbaren", meldete sich Franz Schuster (LWG Tucheim) zu Wort. Auch er erhielt wie zuvor Harry Czeke ("Kinder sind unsere Zukunft") Beifall.

Während der Stadtratsvorsitzende das Gemurmel im Saal bei den einzelnen Redebeiträgen geduldet hatte, obwohl deshalb nicht alle Stadträte gut zu hören gewesen sind, hielt er sich bei einer Mutter, die eine Frage stellen wollte, streng an die Gemeindeordnung: kein Rederecht.

Mit einer deutlichen Mehrheit von 16 Ja-Stimmen bei acht Gegenstimmen und einer Enthaltung beschloss der Stadtrat die neue Gebührensatzung, die zum 1. Januar in Kraft tritt. "Sie brauchen sich nicht wundern, wenn immer mehr Genthiner abwandern", rief eine wütende Mutter in den Saal.