Familie eines behinderten Jungen hofft auf Unterstützung für einen Treppenlift 15 Treppenstufen: Für Jeremy ein großes Hindernis - und für seine Mama eine Qual
Jeremy Dean Kleinecke ist behindert. Obwohl es für die Vielzahl seiner Leiden keinen Namen gibt, stellen sie das Leben des Jungen und seiner Familie täglich vor neue Herausforderungen. Die Eltern hoffen, dass ihnen und ihrem Sohn ein ersehnter Treppenlift Erleichterung bringt.
Haldensleben l Jeremy kann etwas, das sonst nur Tänzer beherrschen. Der Junge läuft auf Zehenspitzen - und zwar immer. Allerdings möchte der Achtjährige kein Ballettstar werden. Er kennt keine andere Art der Fortbewegung, denn seine Motorik ist nicht ausreichend ausgeprägt. Auch bei der Sprachentwicklung ist der Junge zurückgeblieben, weiß lediglich vier Worte: "Mama, Papa, Oma, Opa".
Äußerlich ist Jeremy Kleinecke seine Behinderung nicht anzusehen. Er ist so groß und schwer wie andere Kinder seines Alters. Jedoch verläuft sein Leben und das seiner Familie keineswegs normal und altersgerecht, denn Jeremy hat viele Leiden. Er ist nicht nur geistig behindert, sondern zeigt auch autistische Verhaltensweisen und leidet an Epilepsie.
Dabei hat nichts darauf hingedeutet, dass dem Jungen dieses Schicksal droht. Als Mama Jana und Papa Ronny erfahren, dass sie Nachwuchs erwarten, ist die Freude groß. Das Paar lebt damals noch in Vahldorf, zieht später in eine Mietwohnung nach Haldensleben und vor vier Jahren in ein eigenes, sanierungsbedürftiges Häuschen im Jungfernstieg.
Schwangerschaft und Geburt sind ganz normal verlaufen
"Schwangerschaft und Geburt sind normal verlaufen - am 31. Mai 2003 wurde Jeremy im Haldensleber Krankenhaus geboren, war 48 Zentimeter groß und wog 2860 Gramm", erinnert sich die Mama. Sie genießen die Zeit als kleine Familie. "Als er sich aber nicht drehte, auch nicht krabbelte und sogar feste Nahrung verweigerte, weil er nicht kaute, da haben wir gemerkt, dass etwas nicht stimmt", erzählt Jana Kleinecke von den ersten Symptomen dessen, was die Zukunft des Jungen und seiner Eltern noch mehr verändern sollte. Die Kleineckes wechseln den Kinderarzt und erfahren von der neuen Medizinerin, dass der anderthalbjährige Jeremy, der zu dieser Zeit die Krippe besucht, wohl entwicklungsverzögert sei.Doch dieses Wort beschreibt nicht im Entferntesten die Symptomatik des Jungen. Eine Odyssee zu verschiedenen Ärzten beginnt. Keiner findet einen Fachbegriff dafür, was Jeremy haben könnte.
Eines Nachts erleidet Jeremy den ersten Epilepsie-Anfall
Für einen Schockmoment, der die Familie am 12. Mai 2007 ereilt, gibt es allerdings einen Namen: In der Nacht erleidet das Kind einen ersten Epilepsie-Anfall. Jeremy schläft bei den Großeltern, die damals noch mit im gleichen Haus wohnen. "Als ich früh nach ihm schauen ging, meinte meine Mutter, er schlafe noch. Ich ging nachschauen, er lag mit aufgerissenen Augen im Bett, hatte Schaum vor dem Mund und war nicht ansprechbar", beschreibt Jana Kleinecke diese furchtbare Nacht. Sie packt ihren Jungen und fährt ins Krankenhaus, "wo man ihn wieder ins Leben zurückholt und dann auf die Intensivstation nach Magdeburg verlegt".
In dieser Nacht, in der ihr Sohn dem Tod näher scheint als dem Leben, da überkommt Jana Kleinecke eine Erkenntnis. "Ich fand mich plötzlich komplett mit seiner Behinderung ab, dachte, dass wir das schon schaffen, wenn er nur überlebt." Ihr Mann Ronny und die Schwiegereltern seien auf diesem Weg und bis heute stets an ihrer Seite gewesen.
Es soll anderthalb Jahre dauern und viele Fahrten zu Kontrolluntersuchungen ins Magdeburger Krankenhaus brauchen, bis Jeremy medikamentös gut auf die Epilepsie eingestellt ist und etwas Ruhe einkehrte. "In dieser Zeit kam Abby Zoe zur Welt", erzählt Jana Kleinecke. Das Ehepaar wollte noch ein Kind. Die Schwangerschaft verläuft erneut gut. Wie bei Jeremy. Aber nach der Erfahrung mit dem Jungen wird das Paar natürlich die Ängste nicht los, ob ihr zweites Kind ebenfalls behindert sein würde. Die Erleichterung ist riesengroß, als beide Eltern merken, dass sich das Mädchen prächtig und völlig normal entwickelt. "Sie lief schon mit neun Monaten und redet - seit sie zwei ist - wie ein Wasserfall", freut sich die Mama noch heute. Die Geschwisterkinder kommen gut miteinander aus. "Durch Abby interessiert sich Jeremy sogar für Spielzeug, was er früher nicht mal angeschaut hat."
Der Alltag der Familie hat sich dennoch nicht normalisiert. Das jüngste Kind schläft zwar mittlerweile durch, aber Jeremy braucht noch immer fast jede Nacht Betreuung, wird mit Babyfon und Kamera überwacht.
Mama Jana zeigt auf sein Bett. "Nicht schön, oder?", fragt sie und scheint Gedanken lesen zu können. Handelt es sich doch um ein Kinderbett, das rundherum und bis zur Decke von Holzgittern umrandet ist. Nachts wird es abgeschlossen - zur eigenen Sicherheit von Jeremy, der sonst aufstehen und sich leicht verletzen könnte. Die Finanzierung des Bettes über die Krankenkasse sei ein langwieriger Prozess gewesen. "Man sagte, das sei Freiheitsberaubung", erinnert sich Jana Kleinecke. An sich hat sie aber keine Probleme mit mangelnder Unterstützung der Krankenkasse, bekommt die Windeln nach dem 3. Lebensjahr des Jungen bezahlt, den Zuschuss für die Brille, einen besonderen Stuhl, einen behindertengerechten Buggy - und eben das Bett.
Beim Treppenlift kann die Krankenkasse nicht helfen
Beim größten Herzenswunsch, der den Alltag der zweifachen, berufstätigen Mutter und ihres Sohnes immens erleichtern würde, kann die Kasse nicht einspringen. Ein Treppenlift soll her. Zwar geht Jeremy die fünf Stufen zur Etage mit seinem Zimmer und die zehn weiteren bis zur Haupt-Wohn-Etage der Familie an der Hand geführt nach oben. "Aber runter geht er nicht, da muss ich ihn immer tragen", erzählt die Mutter. Keine leichte Aufgabe, wenn der eigene Sohn nur einen Kopf kleiner ist als man selbst und gut 28 Kilo wiegt. Papa Ronny hilft, wo er kann, ist aber beruflich im Schichtsystem ebenfalls stark eingebunden.
"Die Kasse zahlt den Lift nicht, weil sie den beispielsweise im Gegensatz zu einem Rollstuhl nicht wieder bekommt, da er ja speziell auf unser Haus angepasst wird", erklärt Jana Kleinecke das Problem. Einen Sitz für einen solchen Lift haben sie geschenkt bekommen, auch die Rohre. Aber die müssen angepasst werden, was laut einer Schätzung etwa 8000 Euro kostet. 2500 Euro werden der Familie als Zuschuss für einen behindertengerechten Umbau gefördert. Doch das war es an Unterstützung, weshalb sich die Familie über Spenden freuen würde. Damit vor allem Jeremys Leben erleichtert wird - und er problemlos von seinem Lieblingsplatz in der Wohnung, dem Sessel an der Stereoanlage, in sein Zimmer kommt.
Wer helfen will, kann die Familie Kleinecke telefonisch unter (03904)710682 oder per E-Mail an die Adresse klitzeklein30@yahoo.de erreichen.