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Bürgermeisterwahl Abschied vom Bürgermeisteramt

Von Jörn Wegner 08.08.2015, 14:31

Harsleben l Harslebens Ortschef Holger Bauermeister (CDU) tritt zur Wahl im September nicht wieder an. Im Interview blickt er auf 14 Jahre zurück.

Herr Bauermeister, im September findet in Harsleben die Bürgermeisterwahl statt, und Sie kandidieren nicht noch einmal. Warum?
Holger Bauermeister: Nach 14 intensiven Jahren sollte es mir gestattet sein, das Amt niederzulegen. Viele Vorhaben sind realisiert, einige angeschoben worden. Nun möchte ich auch anderen Kandidaten die Möglichkeit geben, ihre Vorstellungen und Visionen umzusetzen.

War es immer eine einfache Arbeit?
Wir sind ja eine Gemeinde, und da sollte die Kommunalpolitik im Vordergrund stehen und nicht die Parteipolitik. Ich habe als ersten Schritt versucht, diese im Gemeinderat in den Hintergrund zu drängen, da dies einige Ratsmitglieder belastet hat. Dass alle gewählten Vertreter eine Verantwortung tragen, macht die Arbeit viel angenehmer.

Was hat sich mit Gründung der Verbandsgemeinde geändert?
Die Entscheidungsfindung für die Verbandsgemeinde war ein hartes Stück Arbeit. Die Harslebener haben sich schließlich mehrheitlich dafür entschieden und waren danach die aktivsten Streiter für die Verbandsgemeinde, wenn auch niemand hundertprozentig wusste, wie dieses Gebilde einmal funktionieren würde.

Ist das alles ohne Reibung abgelaufen?
Die Gemeinde- und Gebietsreform kam viel zu überstürzt und unvorbereitet. Da war viel Chaos im Spiel, und das Ganze war für viele Bürger kaum nachzuvollziehen. Die Verbandsgemeinde hat nun aber die Anfangsprobleme gemeistert. Jetzt müssen wir weiter daran arbeiten, dass sich alle Mitgliedsgemeinden als eine Gemeinde verstehen lernen. Die Mentalität und der Entwicklungsstand der Orte sind unterschiedlich. Der Weg ist das Ziel.

Was hat Ihnen Schwierigkeiten bereitet?
Es wird viel zu wenig getan, um junge Leute im Ort zu halten. Oft sind die Landesbehörden zu unflexibel, zu langatmig und zu sehr auf Vorgaben fixiert. Ein Beispiel sind die Schulschließungen bzw. -fusionen. Die werden durchgepresst, ohne die Entwicklung der Orte zu berücksichtigen.Vieles ist schwerfällig. Sieben Jahre Legislaturperiode für einen Bürgermeister hört sich viel an, gerade wenn man an den Bundestag mit seinen vier Jahren denkt. Aber das Anschieben von Projekten benötigt oft sehr viel Zeit.

Was muss sich ändern?
Harsleben hat wie wenige andere Orte eine positive demografische Entwicklung. Der Wegzug ist gebremst, in den vergangenen zwei Jahren war sogar ein Zuzug von 118 Einwohnern zu verzeichnen. Wir konnten die Infrastruktur verbessern und neue Wohngebiete ausweisen. Wenn wir dann aber keine Zusage für Baugebiete bekommen, wird die positive Entwicklung von oben herab abgeschnitten. Man knickt keine Blume, bevor die Knospe aufgeht. Man schließt und fusioniert auch keine Schulen, wenn die Einwohnerzahlen steigen. In unserem neuen Kindergarten können wir die Nachfrage kaum befriedigen.

Was war Ihr Lieblingsprojekt in den vergangenen 14 Jahren?
Ein einziges Projekt kann ich gar nicht nennen. Da wäre zum Beispiel die Infrastruktur des Ortes. Drei neue Straßen, zwei Brücken und natürlich der Kindergartenneubau. Die Seniorenwohnanlage, der Spielplatz oder die Ansiedlung des Medizintechnikunternehmens Iskia. Es macht Spaß, wenn am Ende das Ergebnis dasteht. Spaß machen auch Kleinigkeiten, die nicht viel Geld kosten. Zum Beispiel die Sportgruppe, die gerade unten trainiert. Ich habe einen Raum im Rathaus zur Verfügung gestellt, und dann wurde die Gruppe immer größer. Auch das Herbstfest, die Plattsprecher, die Donnerstagsmaler aus Halberstadt sind wichtig für das Leben im Dorf.

Was gibt es für Ihren Nachfolger zu tun?
Unbedingt die Rekonstruktion des Rathauses. Früher war das mal eine Fleischerei und ein Gasthaus, oben saß der Bürgermeister. Das Projekt ist im Leader-Programm angemeldet. Im September wird die Prioritätenliste festgelegt. Auf der müssen wir ziemlich weit oben sein, wenn es mit der Förderung klappen soll. Das Rathaus ist nicht nur ein Verwaltungsgebäude, die Senioren haben ihre Nachmittage hier drin, genauso wie die Plattsprecher und die Donnerstagsmaler. Das Rathaus soll auch zukünftig als Zentrum des Dorfes dienen. Es ist ein altes Haus, es muss im Keller trocken gelegt werden und vieles mehr. Wir haben schon Rücklagen gebildet, um auch die Eigenanteile bezahlen zu können. Insgesamt kostet es wohl eine Dreiviertelmillion. Und es gibt noch viel mehr: Die Straßenbeleuchtung soll auf LEDs umgestellt werden, und die Ortsumfahrung wird im Dorf vieles verändern.

Was kommt nach dem Bürgermeisteramt?
Ich freue mich, wieder Zeit für die Familie und Hobbys zu haben. Mein Hobby war ja das Bürgermeisteramt. Der Job ist zwar ehrenamtlich, aber es verlangt mehr, als zweimal in der Woche eine Sprechstunde zu haben. Es hat aber, bei allen Einschränkungen, immer Spaß gemacht. In den vergangenen 14 Jahren habe ich nette, hilfsbereite, dankbare und engagierte Mitbürger kennengelernt. Darauf blicke ich gern zurück und möchte mich bei allen bedanken. Harsleben wünsche ich eine gute und glückliche Zukunft. Der Grundgedanke ist: Andere haben auch gute Vorsätze, Ideen und Visionen.