Wülperode Abschied von der „Alten Tischlerei“
Die Tage als beliebtes Café sind gezählt. Künftig wird das Haus in Wülperode als Wohnhaus genutzt.
Wülperode l Nun ist wirklich Schluss. Die „Alte Tischlerei“ in Wülperode wird künftig kein öffentliches Haus mehr sein. Das einstige Café, fast auf den Tag genau vor 19 Jahren in idyllischer Lage mitten im Dorf eröffnet, ist verkauft, wird von einer jungen Familie als Wohnhaus genutzt werden.
Der 20. und 21. Juni war als drittes und letztes „Räumungs-Wochenende“ deklariert. Ute und Manfred Kwiran sahen nochmals viele Bekannte und Weggefährten aus den fast zwei Jahrzehnten.
Von Wehmut aber keine Spur. „Es war eine schöne Zeit. Die möchte ich nicht missen“, sagte Ute Kwiran. Sie freue sich, dass dieser Abschnitt nun vorbei ist. Man darf es an dieser Stelle schreiben: Ute und Manfred Kwiran sind 81 Jahre alt, vor etwas mehr als 20 Jahren überhaupt erst nach Wülperode gezogen. „Ich bin hier sesshaft geworden“, blickte Manfred Kwiran zurück. Er war (und ist) viel in der Welt unterwegs, ist amerikanischer Staatsbürger, hat nach wie vor eine Professur an der Universität Bern.
Seine Frau kümmerte sich derweil federführend um das Café, das es hier vorher nicht gab. Das Wülperöder Fachwerkhaus hatte damals seit drei Jahren leer gestanden, bis etwa 20 Jahre zuvor war auf dem Grundstück eine Tischlerei beheimatet.
Idee war es immer, mit dem Café im einstigen Grenzdorf eine Begegnungsstätte anzubieten für Menschen aus Ost und West. Einer Trennung, von der man ein Jahrzehnt nach dem Mauerfall noch weit mehr sprach und dachte als heute.
Der Blick von Manfred Kwiran ging nochmal zurück auf Ereignisse, die auch teils auf glücklichen Zufällen basierten. Wie den Journalisten Fred Sellin, in der DDR aufgewachsen, in Hamburg arbeitend, der 2008 mit seinem Sohn die einstige Grenze abwanderte und irgendwann erschöpft bei Kwirans an der Pforte stand, um hier Quartier zu bekommen. Sie blieben einige Tage. Sellin schrieb ein Buch über die Erlebnisse der langen Wanderung – und kam später zu Lesungen zurück nach Wülperode.
Der bekannten Kripo-Profiler Axel Petermann las in Wülperode, Konzerte und Ausstellungen erfreuten die Besucher. Ausstellungen mit Künstlern, aber auch von Kwirans selbst zusammengestellt, wie die beliebte Winter- und Weihnachtsausstellung. Ute Kwiran trägt sich unterdessen mit dem Gedanken, letztere nicht einschlafen zu lassen. Beide sind ja nicht aus der Welt und wohnen schließlich weiterhin gleich nebenan.
Die Gedanken richteten sich auch an die Mitarbeiter und Helfer im Café. Schon bei der Sanierung des Hauses hätten Kwirans großen Wert darauf gelegt, dass hier Firmen aus Sachsen-Anhalt Aufträge erhalten. Ebenso das Personal sei aus dem Osterwiecker Raum gekommen.
Eine Geschichte für sich ist die Antikscheune, die ursprünglich eine Idee von Café-Gästen war. Sie hatten nach einer Geschenkeecke gefragt. Daraus wurden letztendlich mehrere Räume im Nebengebäude.
Nein, die „Alte Tischlerei“ war kein gewöhnliches Haus. Das war es schon zur Einweihung Ende Juni 2001 nicht. Damals war der Braunschweiger Landesbischof Christian Krause zu Gast und hatte seinen Segen ausgesprochen.