Amber Bock lernt für drei Monate am Fallstein-Gymnasium Osterwieck die deutsche Sprache Australische Schülerin erlebt ihren ersten Schnee
Nach drei Monaten Lernen am Osterwiecker Fallstein-Gymnasium geht es für Amber Bock in wenigen Tagen wieder zurück in die Heimat. Die Austauschschülerin ist im fernen Australien zu Hause.
Osterwieck l In Australien gehen die Uhren anders. Dort ist Hochsommer. Ein neues Schuljahr steht bevor. Für Amber Bock beginnt bald ein Studium der Theaterwissenschaft. Sie ist bereits 18 Jahre alt und hat die High School abgeschlossen. Dass sie sich vor ihrem Studium nun auf der anderen Seite der Erdkugel noch einmal auf die Schulbank gesetzt hat, hängt mit ihrem Interesse an Deutschland und seiner Sprache zusammen. Sechs Jahre lang hat sie zu Hause bereits Deutsch gelernt und viele Geschichten über Deutschland gehört. "Es ist sehr reich an Kultur", sagt sie.
Wangaratta im Bundesstaat Victoria ist der Heimatort von Amber Bock. Das ist etwa drei Autostunden von der Metropole Melbourne entfernt im Südosten des Insel-Erdteils. Eine ländlich geprägte 17 000-Seelen-Stadt, in deren Umgebung es viel Viehwirtschaft mit Kühen und Schafen gibt. Es ist die Gegend, die zuletzt mit ihren Hitzerekorden für weltweite Schlagzeilen sorgte. Schnee hat Amber Bock dort noch nie gesehen. Aber die weiße Pracht konnte sie nun in Europa erleben. "Das war unbeschreiblich", sagt sie zu dem Moment, als plötzlich Schneeflocken vom Himmel fielen.
"Wir sind gleich in den Harz gefahren", berichtet Marlena Lindauer. Die Zehntklässlerin ist mit ihrer Familie in Hornburg Gastgeberin für die australische Schülerin. Inzwischen waren sie alle zusammen schon zum Rodeln in Sankt Andreasberg und in den Weihnachtsferien auf dem Brocken. Wenn\'s klappt, stellt sich Amber Bock in diesen Tagen auch noch mal auf ein Paar Ski.
Der Deutschunterricht steht für die Australierin im Mittelpunkt des Unterrichts am Fallstein-Gymnasium. Wenn ihre zehnte Klasse Naturwissenschaften hat, wechselt sie auch in die siebte Klasse, um mit den "Kleinen" weiter Deutsch zu lernen. Ihre Sprache hat sich im vergangenen Vierteljahr stark verbessert. "Man merkt deutlich den Unterschied", attestiert Marlena Lindauer die Fortschritte ihrer Freundin.
Dass die Beiden zusammenkamen, ist von der Austauschorganisation auch ein wenig gesteuert worden. Die Mädchen verbindet das Theater. Die Australierin wird Theaterwissenschaften studieren, und ihre Gastgeber-Familie ist einfach theaterbesessen und im Altstadttheater Hornburg aktiv. Vater, Mutter, Tochter, alle stehen auf der Bühne. Gemeinsam mit ihrem Gast nahmen sie an einem Theater-Workshop in Wolfenbüttel teil und sahen eine Vorstellung in der Rübeländer Tropfsteinhöhle. "Cool", strahlt die Australierin.
GDANSA und GASS Germany heißen die Organisationen, die den Schüleraustausch zwischen Australien/Neuseeland und Deutschland ermöglichen. Amber Bock war in einer Gruppe von 30 Stipendiaten aus ihrer Heimat gekommen. Umgekehrt hat das auch Marlena Lindauer vor. Um für zehn Wochen nach Australien fahren zu dürfen, ist die eigene Aufnahme eines Gastschülers Voraussetzung. Dieses System hat die Hornburgerin begeistert.
Amber Bock besichtigte während ihres Aufenthaltes weit mehr als den Harz. Mit der Stipendiatengruppe tourte sie einmal quer durchs Land zu den touristischen Highlights Köln, Heidelberg, Neuschwanstein, München, Nürnberg.
Mit ihren Gastgebern besichtigte sie darüber hinaus Grenzmuseen im Harz und im Bördekreis. Auch Hornburg und Osterwieck, die historischen Schwesterstädte und heutigen Partnerstädte, waren jahrzehntelang durch den Eisernen Vorhang getrennt. Marlena Lindauer hat diese Zeit nicht kennengelernt. Aber sie erlebte als Gymnasiastin, wie eine andere Grenze aufgebrochen wurde. In den ersten Jahren fuhr die Niedersächsin zur Schule noch mit einem Taxi bis Göddeckenrode und von dort per Bus nach Osterwieck. Mittlerweile fährt der Schulbus täglich über die Landesgrenze, den auch Amber Bock nutzt. Ein Stück Normalität, für das es einige Jahre mehr brauchte.
Dieses Schuljahr ist die Australierin die einzige Austauschschülerin am Fallstein-Gymnasium. Im Gegenzug lernen derzeit zwei Osterwiecker Gymnasiasten für ein Jahr in den USA und einer in Südafrika, berichtete Direktor Bernd von der Heide, Auch fürs kommende Schuljahr gebe es drei Anträge auf ein Schuljahr im Ausland.