Stephan Görs beendet Anfang 2014 seine Lehre zum Orgelbauer / Einzige Berufsschule Deutschlands in Ludwigsburg Beruf verbindet Musik, Handwerk und Architektur
Mehr als 130 Ausbildungsberufe bietet das Handwerk. Einen Einblick für Jugendliche im Land gibt die Messe "Handwerk 4 you" am 29. September in Magdeburg. Vorab stellen wir Handwerker-Berufe vor.
Von Michael Pieper
Halberstadt/Seehausen l Mit seinem außergewöhnlichen Berufswunsch hat Stephan Görs eine Marktnische entdeckt. Der 20-Jährige lässt sich in Halberstadt zum Orgelbauer ausbilden. Für seinen Wunschberuf nimmt er einige Hürden in Kauf. Regelmäßig steht Blockunterricht in der Berufsschule an. Die liegt in Ludwigsburg bei Stuttgart und ist Deutschlands einzige Bildungseinrichtung, die diesen Berufszweig anbietet. Trotzdem sind aktuell lediglich zwei Berufsschulklassen angemeldet - mit nicht einmal 50 Schülern.
Stephan Görs stammt aus einer musikalischen Familie. Zum ersten Mal in Berührung mit der "Königin der Instrumente" kam der Kirchgänger aus Seehausen (Altmark) bei einem C-Kantor-Seminar in Halberstadt. Dort hatte er 2010 den Kantorabschluss erreicht. Zum Seminar gehörte unter anderem Orgelunterricht. Neben dem Spiel stand auch die umfangreiche Technik der Instrumente auf dem Stundenplan. Im Unterricht lernte Stephan Görs Michael Treblin kennen, der in der Orgelbau-Firma von Reinhard Hüfken arbeitet. Stephan Görs Interesse für das Instrument war geweckt. Nach einem Praktikum bewarb sich der damals 18-Jährige im selben Betrieb und ist mittlerweile im zweiten Lehrjahr.
Ein musikalisches Gehör sei für die Ausbildung ebenso Grundvoraussetzung wie handwerkliches Geschick. Reparaturen, Neubauten und Restaurationen - im Betrieb von Reinhard Hüfken ist noch alles Handarbeit. Das Orgelspiel zu beherrschen, sei zwar nicht zwingend notwendig, "aber erleichtert meine Arbeit, wenn mir Kirchenmusiker von ihren Problemen berichten". Daneben ist ein umfassendes Technikverständnis vonnöten, um das Zusammenspiel der tausenden Einzelteile zu verstehen. Allein die Anzahl der Pfeifen lässt vermuten, wie aufwendig der Beruf des Orgelbauers ist. Ein Register besteht mitunter aus mehr als 50Pfeifen. Manche Orgel besitzt 18Register.
Jede Orgel ist ein Unikat, auch wenn sie sich im Aufbau ähneln. Individuell sind auch die Probleme und damit der Arbeitsaufwand. "Die Instrumente leiden unter dem Klima in den Kirchen." Temperaturschwankungen und Feuchtigkeit greifen das Holz an, lassen die Orgel "schief klingen".
Den Reiz am Beruf Orgelbauer sieht Stephan Görs in der Vielfältigkeit. "Ich habe mit Metall zu tun, bin manchmal Tischler und beim Neubau sogar Architekt." Anfang 2014 will er seine Lehre beenden. Sein Gesellenstück wird der Bau einer Miniaturorgel sein, eines sogenannten Portativs.
Die Handwerkskammer veranstaltet "Handwerk 4 you" am Sonnabend, 29. Oktober, von 10 bis 16 Uhr in deren Berufsbildungszentrum in Magdeburg (Harzburger Str. 13). Weitere Infos: www.handwerk4you.de.