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Jubiläum im Huy-Ortsteil wird gefeiert / Helmut Wilke hat in den Archiven gestöbert / Teil I: Die ersten 15 Jahre im Freibad Binnen eines Jahres entsteht Badeanstalt

07.07.2011, 04:30

Nach den Einwohnern von Badersleben, die im vorigen Jahr das 40-jährige Bestehen ihres Freibades begangen haben, rückt nun das Freibad im Huy-Ortsteil Dedeleben ins Rampenlicht: Es besteht in diesem Sommer 80 Jahre. Helmut Wilke - ein viele Jahre in Dedeleben tätiger Lehrer und Sportler - hat die Entwicklung und die Höhepunkte in diesen acht Jahrzehnten in den Archiven recherchiert und in einer zweiteiligen Serie zusammengefasst.

Gemeinde Huy/Dedeleben (dlo).Eine bewegte Geschichte hat sie schon - die 80-jährige "Badeanstalt", wie sie im Volksmund immer noch bezeichnet wird. Vor acht Jahrzehnten - im Sommer 1931 - wurde die heutige Badeanstalt eröffnet. Während das allgemein bekannt sein dürfte, wissen indes nur noch die wenigsten Einwohner im Huy, dass das Freibad sogar einen Vorläufer hatte, der fast zwei Jahrzehnte Bestand hatte.

Im Jahr 1912 wurde auf dem Kiebitzdamm durch den Besitzer August Heydecke ein Bade- und Gondelteich angelegt - genau gegenüber von dessen Gaststätte im Gesellschaftsgarten. Es ist überliefert und nachgewiesen, dass seit 1912 in Dedeleben geschwommen wurde.

Lehrer Robra rückt Schwimmen in Fokus

Der Lehrer Heinrich Robra hat daran großen Anteil. Er stammte aus dem Ort Parey an der Elbe und war deshalb des Schwimmens kundig. Er war von 1893 bis 1928 Lehrer in Dedeleben. In den 1920er Jahren, als die Reichsjugendwettkämpfe an der dortigen Schule organisiert wurden, war eine Zusatzübung Schwimmen, und die konnte in dieser Zeit wahlweise in Dedeleben oder Vogelsdorf durchgeführt werden.

Vogelsdorf besaß seit 1926 ein Bad. Auch Schüler und Lehrlinge, die in Halberstadt die höhere Schule besuchten oder in der Lehre waren, lernten das Schwimmen. So hat einst Fleischer Otto Beck aus Dedeleben beispielsweise 1928 im Halberstädter Hallenbad seine Freischwimmerprüfung bestanden. Der Sohn von August Heydecke, Ernst Heydecke, war ebenfalls ein guter Schwimmer - er fiel jedoch im Ersten Weltkrieg.

Auch der Dedeleber Gemeindesekretär Rühe war trotz seiner Körperbehinderung ein begeisterter Schwimmer. Er und andere Einwohner setzten sich deshalb für den Bau eines "richtigen" Freibades in Dedeleben ein.

Der Traum vom Bad wird Wirklichkeit

Auf der Gemeindevertretersitzung am 25. Februar 1930 im Müllerschen Gasthof wurde der Antrag zum Bau einer Badeanstalt und eines Sportplatzes von den Vertretern des Turnvereins "Jahn-Friesen" und dem Ortsausschuss für Jugendpflege offiziell eingebracht. Bereits am 14. März 1930 wurde auf der Gemeindevertretersitzung das entsprechende Gelände "Auf der Sülze" zur Verfügung gestellt und nur einen Monat später - am 14. April - wurden die finanziellen Mittel bewilligt. So schnell ging damals ein Antrag durch die Ortsbehörde.

Mit dem eigentlichen Bau wurde unmittelbar danach begonnen. Gebaut wurde mit zahlreichen Erwerbslosen und mit Hilfe von freiwilligen Gespanndiensten einiger Bauern. So konnte nach einjähriger Bauzeit im Juni 1931 die feierliche Einweihung der Badeanstalt vollzogen werden.

Dazu heißt es in der Ortschronik des Lehrer Fiebig: Im Frühjahr 1931 erfuhr die örtliche Volkswohlfahrt eine weitere Förderung mit der Einrichtung eines Sportplatzes und einer öffentlichen Badeanstalt. Am 21. Juni 1931 konnte in Anwesenheit unseres Landrates, des Kreisbaurates, des Kreisjugendpflegers und der örtlichen Vertreter das Freibad eingeweiht und der Badebetrieb eröffnet werden.

Der Bade- und Schwimmbetrieb

Die Badeanstalt wurde mit Wasser aus dem Kleibrunnen, der sich in unmittelbarer Nähe befindet, gespeist. Zum Bad gehörten damals ein Ein-Meter-Brett sowie ein drei Meter hoher Sprungturm sowie ein Schwimmer- und ein Nichtschwimmerbecken. Diese waren mit zwei Rundhölzern voneinander getrennt.

Eine hölzerne Baracke mit vier Umkleidekabinen, Badeaufsichtsraum sowie ein Geräteraum und eine überdachte Freiterrasse ergänzten den Bau. Auch eine Toilettenanlage befand sich neben der Baracke auf dem Gelände der Badeanstalt. Der Gastwirt Friedrich Bahrs und der Bäcker Richard Heine unterhielten eine Bude, aus der sie zu einigen Festlichkeiten am Wochenende Getränke und Kuchen anboten.

Der erste Bademeister war Otto Renneckendorf. Er regte auch die Gründung des Schwimmvereins "Nixe" an. Das Badevergnügen war seinerzeit vergleichsweise preiswert: Schulkinder zahlten pro Tag fünf Pfennige, Erwachsene waren mit 15 Pfennigen dabei. Laut der von Gemeindevorsteher Karl Brünig unterzeichneten Badeordnung vom 25. Mai 1933 gab es auch Monatskarten (Kinder: 50 Pfennige, Erwachsene: 1,25 Mark). Der Spaß für die gesamte Saison schlug mit 1,50 Mark für Schulkinder und vier Mark für Erwachsene zu Buche. Kinder unter sechs Jahren hatten in Begleitung eines Erwachsenen freien Eintritt. Geöffnet war die Badeanstalt von 9 bis 20.30 Uhr.

Schon 1933 konnte ein Schwimmfest nachgewiesen werden, eine Urkunde von Frieda Novak trägt das Datum vom 4. August 1933. Sie errang damals den ersten Platz im Brustschwimmen für Mädchen (13 bis 14 Jahre). Unterzeichnet ist die Urkunde von Erwin Könau, einem Vorstandsmitglied des Schwimmvereins "Nixe".

Jährlich soll als Höhepunkt des Schwimmbetriebes ein Schwimmfest stattgefunden haben. Nachgewiesen und mit Unterlagen belegt ist das allerdings nur für die Sommer der Jahre 1938 und 1939.

Als guter Schwimmer geht Fleischer Otto Beck aus diesen Urkunden hervor. Am 23. Juli 1933 siegte er bei einem Schwimmfest im benachbarten Vogelsdorf im Brustschwimmen über 45 Meter mit 38,5 Sekunden. Auch Adolf Lindemann, Heinz Diedrich und Jürgen Schliephake waren seinerzeit gute und eifrige Schwimmer. 1936/37 wurde Hermann Isensee Bademeister und agierte bis 1942 in dieser Funktion. Dann wurde er Soldat und seine Frau übernahm bis 1944 die Badeaufsicht. Aufgrund des Zweiten Weltkrieges wurde der Badebetrieb stark eingeschränkt. Nach dem Krieg begann 1945 auch für das Bad in Dedeleben eine neue Zeit. (wird fortgesetzt)