Millioneninvestitionen, damit die Bergbau-Anlagen mit Kies aufgefüllt werden können Es kommt Bewegung in die alten Schächte
Bauarbeiter rücken zur Zeit in Wilhelmshall und Mönchhai an und verfüllen die alten Bergbau-Schächte mit Kies. Vor etwa 90 Jahren ging die Geschichte des Kalibergbaus im Huy zu Ende, durch den die Region zuvor einen wirtschaftlichen Aufschwung erlebte.
Huy/Wilhelmshall l In diesen abgelegenen Ortsteil der Gemeinde Huy verirren sich nur im September zum Fest an der Blechbude viele Besucher. Die ehemaligen Schacht- und Fabrikanlagen sind seit Langem verwaist und verfallen. Bisher kam einmal im Monat der Anderbecker Elektromeister Wilhelm Klopp hierher und kontrollierte, ob die Alarmanlage am ehemaligen Schacht noch funktioniert.
Nach dem Abbau des Förderturms wurde die Schachtröhre mit einer Stahlbetonplatte sicher abgedeckt und ein über 300 Meter langes Pendel, verbunden mit einer Alarmeinrichtung, in den gefluteten Schacht eingelassen.
"Wenn es unterirdisch größere Abbrüche und Erschütterungen geben sollte, hätte sich das Pendel im Wasser bewegt und damit Alarm ausgelöst", berichtete Wilhelm Klopp. Per Telefonleitung war das System mit der Treuhand-Nachfolgeeinrichtung, der Gesellschaft zur Verwahrung und Verwertung stillgelegter Bergwerksbetriebe mbH (GVV) in Sondershausen verbunden.
Schächte werden mit Kies und Schotter aufgefüllt
In der zweiten Augustwoche rückten nun Mitarbeiter der Schachtbau Nordhausen GmbH in Wilhelmshall an. Wie die Volksstimme auf Nachfrage bei der Landesanstalt für Altlastenfreistellung Sachsen-Anhalt erfuhr, wird in Kürze mit der Verfüllung des Schachtes mit Hartgesteinschotter und Kies begonnen. Die rund 1,1 Millionen Euro teure Maßnahme soll rund vier Monate dauern. Parallel zu dieser Verfüllung erfolgen zurzeit die Vorbereitungen zu den sogenannten Verwahrungsmaßnahmen an der benachbarten Schachtanlage in Mönchhai, so die Mitteilung des Auftraggebers GVV. Der Schacht Wilhelmshall II ist bereits vor 1945 "abgesoffen" und fällt nicht in den Verantwortungsbereich der jetzt Beteiligten.
Bauleiter Michael Wötzel ist seit 15 Jahren in dem Nordhäuser Schachtbau-Unternehmen tätig. Er schätzt, dass etwa 22 000 Kubikmeter Füllmaterial benötigt werden. Das sind etwa 1600 Lkw-Ladungen. Zunächst brachten die Mitarbeiter in einzelnen Segmenten Stahlrohre im Durchmesser von rund 25 Zentimeter als Sturzleitung in die Schachtröhre ein. Darauf kommt eine Verfülleinrichtung und in Kürze sollen die Materialtransporte starten.
1 300 Grubenarbeiter, Wirtschaft erlebt Aufschwung
Die Geschichte der Schachtanlage begann im Jahr 1884, als am Huy nahe Anderbeck Kalisalze erbohrt und später durch den Schacht Wilhelmshall aufgeschlossen wurden. Ende Mai 1889 erwarben die Brüder Sauer aus Köln die zur Schachtanlage erforderlichen Grundstücke, nachdem ihnen vom Oberbergamt in Halle/Saale das Recht zum Abbau von Kalisalzen verliehen worden war.
Am 24. Juni 1889 gab es dort den ersten Spatenstich. Die chemische Analyse eines aus etwa 230 m Tiefe stammenden Teils des Bohrkerns zeigte neben viel Natriumchlorid auch reichlich Kaliumsulfat und Magnesiumsulfat, aber nur sehr wenig Wasser.
Damals entstand eine Chlorkalium- und eine Sulfatfabrik und 1890 wurde Wilhelmshall über Anderbeck an das nationale Schienennetz angeschlossen. In den Gruben waren im Jahr 1900 rund 1 300 Arbeitskräfte beschäftigt, berichtet die Anderbecker Chronik. Mit 243 000 Tonnen wurde 1903 die höchste Jahresfördermenge erreicht. 1910 starteten in Mönchhai die Arbeiten für eine weitere Grube. Zwischen den Schächten Wilhelmshall und Dingelstedt wurde in einer Tiefe von 330 Metern ein Festsaal eingerichtet.
Die Gemeinde Anderbeck nahm durch den Bergbau einen erheblichen Aufschwung. Straßen wurden gepflastert, neue Häuser gebaut, Geschäfte eröffnet. Nach Einstellung des Bergbaus im Juli 1926 entwickelte sich der Ort wieder zu einer Ackerbaugemeinde zurück. Ab 1936 wurden zwischen Wilhelmshall und Mönchhai einige Fabrikanlagen zur Herstellung von Munition umgerüstet.
Wilhelmshall wird Heilstätte für Tuberkulose-Kranke
Ab April 1946 wurden dann einige Gebäude in Wilhelmshall als Tuberkulose-Heilstätte genutzt. Über 100 Patienten fanden Unterkunft und Betreuung. Im Dezember 1970 kam jedoch der Bescheid, dass die Untersuchungen des Schachtes durch die Bergbaubehörde Staßfurt akute Einsturzgefahr ergeben hätten. Die Kranken mussten bis Ende Januar 1971 verlegt werden.
Am 1. Februar 1978 endete mit dem Abschluss der Flutung der Schachtanlagen die Geschichte des Kalibergbaus im Huy endgültig. Viele Jahre wurden die Gebäude der ehemaligen Schachtanlage in Wilhelmshall noch als Möbellager und Großhandel benutzt. Inzwischen wohnen weniger als 20 Einwohner in dem Ortsteil.