Kündigung Feuerwehrmann nach Einsatz gefeuert
Es klingt fast wie Ironie. Ausgerechnet eine Brandschutzfirma kündigt einem Halberstädter Feuerwehrmann nach einem Einsatz.
Halberstadt l Fotos eines Feuerwehreinsatzes machten den Niederlassungsleiter stutzig. Als Bildautor war Chris Buchold genannt. Der ehrenamtliche Feuerwehrmann ist hauptberuflich in der Halberstädter Niederlassung der Brandschutzfirma beschäftigt. Eigentlich. Denn als besagtes Foto entstand, war Chris Buchold im Krankenstand. Die Folge: fristlose Kündigung.
Mit der will sich der 22-Jährige nicht abfinden. „Die Kündigung ist nicht gerechtfertigt“, sagt er. Es sei übliches Prozedere, dass ihm als Pressesprecher Fotos und Berichte von Einsätzen weitergeleitet werden. Diese bereitet er dann unter seinem Namen für die Presse und das Internet auf, erläutert der Halberstädter. Allein sein Name unter einem Foto belege also nicht, dass er auch tatsächlich vor Ort war.
Für den bisherigen Arbeitgeber spielt das keine Rolle. „Als Pressesprecher der Wehr übt er eine vergleichbare Tätigkeit aus wie in seinem Bürojob bei uns“, sagt der Niederlassungsleiter, der Angst hat um den Ruf des Unternehmens und deshalb anonym bleiben möchte. Das werfe Zweifel auf, ob Chris Buchold zu dem Zeitpunkt nicht arbeitsfähig war. Das Vertrauensverhältnis sei zerrüttet.
Dabei sei das Verhältnis bis dato gut gewesen. Seit Sommer war Buchold als kaufmännischer Mitarbeiter in der Firma beschäftigt. „Ich habe viel von ihm gehalten. Er hat sich sehr gut eingearbeitet“, so der Niederlassungsleiter. Auch sei es aus Unternehmenssicht nie ein Problem gewesen, wenn Chris Buchold seine Arbeit stehen und liegen ließ, um als Brandschützer auszurücken.
Diese Ansicht teilt Buchold nur bedingt. Zwar sei ihm nie ein Einsatz verwehrt worden, dennoch sieht er sein ehrenamtliches Engagement als Kündigungsgrund an. Dieser Eindruck wird erhärtet, weil wenige Tage nach ihm ein weiterer Kollege die Kündigung ins Haus bekam. Sebastian Rindert ist ebenfalls freiwilliger Feuerwehrmann in Langenstein. Und: Beide weigerten sich, eine neue Arbeitsanweisung zu unterschreiben. „Sie verstößt gegen das Brandschutzgesetz“, so Buchold. Ein Punkt lautet: Einsätze für die Feuerwehr und ähnliche Organisationen sind dem Vorgesetzten zu melden und von ihm genehmigen zu lassen – auch in der Freizeit. Die Anweisung wurde kurz nach der Haus-Explosion Ende Februar in der Sargstedter Siedlung, bei der beide Männer im Einsatz waren, herausgegeben.
Die Entlassung von Sebastian Rindert habe betriebliche Gründe, betont der Niederlassungsleiter. „Die Abteilung wird umstrukturiert, das ist seit Längerem geplant.“ Rinderts bisherige Aufgaben wird ein neuer Mitarbeiter übernehmen, dessen Tätigkeitsbereich größer ist und eine höhere Qualifikation voraussetzt als sie Rindert vorweisen kann, heißt es von Unternehmens-Seite. „Dieser neue Mitarbeiter ist übrigens Mitglied der Feuerwehr.“
Was die Arbeitsanweisung angeht, räumt das Unternehmen mit Hauptsitz in Kassel Fehler ein. „Die Formulierung war unglücklich gewählt“, so der Niederlassungsleiter. „Die Firma hat nichts dagegen, wenn Mitarbeiter bei Einsätzen dabei sind. Wir wollen es nur wissen.“ Anweisungen dieser Form basieren auf einen Qualitätsmanagement-System, das Abläufe innerhalb des Unternehmens strukturieren und vereinheitlichen soll. Mit dieser neuen Anweisung solle verhindert werden, dass ein Feuerwehrmann wegen eines Einsatzes den Arbeitsplatz verlässt oder deshalb nicht bis Dienstbeginn da ist, und die Firma nichts davon weiß – was bereits vorgekommen sei. „Wir haben etwa 60 festangestellte Mitarbeiter in mehreren Niederlassungen. 12 bis 15 sind Mitglieder in einer freiwilligen Wehr“, erläutert er.
Niemand von ihnen habe gegen die Anweisung Beschwerde erhoben. Mittlerweile sei die Formulierung geändert worden. „Das Problem war nur, dass im Fall von Herrn Buchold sofort gemauert wurde, er gab uns als Firma nicht die Gelegenheit, uns zu erklären und pochte sofort auf sein Recht“, so der Halberstädter Chef.
Mangelndes Verständnis und fehlende Kommunikation sind häufig die Ursachen, wenn es zwischen einem freiwilligen Brandschützer und seinem Arbeitgeber kracht, sagt Kai-Uwe Lohse. Er ist der Chef des Landesfeuerwehrverbandes Sachsen-Anhalt und betont: „Abstimmung und gegenseitige Fairness sind wichtig.“ Seiner Erfahrung nach zeigt sich ein Großteil der Arbeitgeber verständnisvoll, was das Engagement für die Feuerwehr angeht. Das setze aber auch voraus, dass Arbeitnehmer ehrlich einschätzen, ob sie bei diesem Einsatz tatsächlich gebraucht werden oder der Job dieses Mal vorgeht. Und: Wer krank ist, ist krank und kann auch nicht an Einsätzen teilnehmen.
Für Lohse ist es darüber hinaus wünschenswert, wenn Feuerwehrmänner vor oder während eines Einsatzes ihre Vorgesetzten informieren. „Ob das rechtlich so sein muss, weiß ich nicht, aber es ist fair“, sagt der Blankenburger. „Wenn beide Seiten nur auf ihr Recht pochen, landet die Sache letztlich beim Anwalt.“
Im Fall von Chris Buchold ist das bereits der Fall. Er hat sich einen Rechtsbeistand genommen, um gegen die Kündigung anzugehen. Zudem kontaktierte er die Stadt.
„Als Träger der freiwilligen Feuerwehr mit den Aufgaben aus dem Brandschutz- und Hilfeleistungsgesetz sind der Stadt Halberstadt die ehrenamtlichen Einsatzkräfte besonders wichtig“, teilt die Verwaltung auf Anfrage mit. „Angehörige der freiwilligen Feuerwehr sind bei der Ausübung ihres Ehrenamtes auch während der Arbeitszeit besonders rechtlich geschützt. Die Stadt Halberstadt hat daher den Angehörigen der freiwilligen Feuerwehr empfohlen, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn Arbeitgeber den besonderen Status der ehrenamtlichen Tätigkeit nicht in hinreichender Weise beachten.“