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Coronavirus Flüchtlinge zetteln erneut Tumulte an

Nach der Revolte in der Zast in Halberstadt ist es auch im Quarantänelager zu Tumulten gekommen. Zudem wird die Quarantäne verlängert.

Von Dennis Lotzmann 09.04.2020, 01:01

Halberstadt/Quedlinburg l Im Corona-Quarantänelager der Zast in Quedlinburg ist es am Mittwochmittag bei der Essenausgabe zu Tumulten gekommen. Die Sprecherin des Landesverwaltungsamtes, Denise Vopel, bestätigte am Abend auf Anfrage entsprechende der Volksstimme vorliegende Informationen. Demnach hätten einige der 40 Bewohner ihre Suppe zu Boden geworfen, protestiert und obendrein vorsätzlich Feueralarm ausgelöst.

Letzteres bestätigte am Abend ein Sprecher der Leitstelle. Der ausgelöste Feueralarm habe einen Einsatz mit polizeilicher Begleitung nach sich gezogen.

Damit wiederholten sich in Quedlinburg Szenen, die zuvor am Samstag in der Zast in Halberstadt in Tumulte gemündet waren und später die Polizei mit einem Großaufgebot vor Ort gerufen hatten. Die Beamten griffen aber nicht ein, blieben vor der Zast in Bereitschaft.

In der früheren Gartenbaufachschule in Quedlinburg sind aktuell Zast-Bewohner untergebracht, bei denen eine Infektion mit dem Coronavirus nachgewiesen ist. Sowohl die Außenstelle in Quedlinburg als auch die Zast selbst, wo aktuell gut 800 Personen untergebracht sind, stehen seit dem Auftreten von Covid-19-Infektionen in der Anlage unter Quarantäne.

Verwaltungsamts-Sprecherin Denise Vopel verurteilte die Tumulte – sowohl die am vergangenen Samstag als auch die neuerlichen am Mittwoch: „Nahrungsmittel auf den Boden zu werfen, um sein Missfallen über die Qualität der Essensversorgung zum Ausdruck zu bringen, ist kein schönes Signal an die Öffentlichkeit und an unsere Mitarbeiter, die in der Zast tagtäglich die Bewohner versorgen. Das verurteilen wir und wir können diese Geste auch nicht verstehen.“

Bereits am Samstag hatten Zast-Bewohner Speisen auf den Boden gestellt oder geworfen. Schätzungsweise 20 Bewohner warfen anschließend mehrfach Quarantäne-Trennzäune innerhalb der Zast um und attackierten Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes. Das belegen Videoaufnahmen.

Denise Vopel hat am Mittwoch noch einmal klargestellt, dass die Versorgung der Zast-Bewohner von einem externen Anbieter erbracht werde. Morgens und am Abend würden Verpflegungsbeutel ausgegeben, mittags warmes Essen in einer Assiette. Der ihrerseits zuweilen genutzte Begriff von einem Cateringdienst sei in dieser Hinsicht womöglich etwas irreführend. „Wir reden hier keineswegs, wie von einigen unterstellt oder interpretiert, von einem Fünf-Gänge-Menü, sondern entsprechend der Vorgaben des Asylbewerberleistungsgesetzes von ganz normalem Kantinenessen.“ Das sei aber den Bedürfnissen der Zast-Bewohner angepasst und werde grundsätzlich ohne Schweinefleisch zubereitet.

Klar sei dabei natürlich, dass man bei der Versorgung von gut 800 Menschen unterschiedlichster Nationalitäten nicht jeden Geschmack treffen könne. Deshalb könnten die Bewohner in der Regel extern individuell zukaufen und selbst kochen. Dies sei aktuell wegen der Quarantäne und gesperrter Küchenbereiche nicht möglich. Deshalb habe man jetzt einen Bestelldienst organisiert, über den die Bewohner Waren – beispielsweise auch Windeln, Schokolade für die Kinder oder Tabak – zukaufen könnten. Das gelte auch für Handy-Karten, die erworben werden könnten.

Denise Vopel sieht sich seit dem vergangenen Wochenende und in diesem Zusammenhang gemachten Formulierungen nunmehr einem Shitstorm (Anfeindungen) ausgesetzt. Ein selbst ernannter „Patriot für freie Meinungsäußerung und gegen links-grüne Mainstream-Medien“ macht auf Twitter gegen die Behördensprecherin Front und behauptet unter anderem, dass das Land Prepaid-Cards kostenlos verteile. „Absolut falsch – wir bieten diese in der Zast zum Kauf an“, kontert Vopel.

Sie persönlich sieht sich nun mit Anfeindungen konfrontiert, da jener „Patriot“ neben seinen Behauptungen zugleich Vopels Dienstadresse und Telefonnummer im Netz publik gemacht hat. „Ich stelle mich gern dem Gedankenaustausch und der fairen Diskussion, verbitte mir aber jede Beschimpfung.“ Aufgrund der aktuellen Entwicklung sei behördenseitig das Landeskriminalamt eingeschaltet worden.

Die Situation in der Zast sowie deren Außenstellen könnte sich in den nächsten Tagen erneut zuspitzen. Nach Informationen der Volksstimme wird die bestehende Quarantäne punktuell über den 10. April hinaus bis teilweise zum 21. April verlängert.

Das Gesundheitsamt hatte nach Bekanntwerden einer ersten Corona-Infektion die Zast am 27. März unter Quarantäne gestellt, sie abgeriegelt und innerhalb der Zast fünf voneinander separierte Bereiche gebildet. Anschließend begann schrittweise der Test aller Bewohner auf eine Covid-19-Infektion. Dabei wurden bis zum Mittwoch, 8. April, insgesamt 40 Infizierte gefunden, die anschließend nach Quedlinburg verlegt wurden.

Nunmehr soll die Quarantäne in der Zast bereichsweise aufgehoben werden. Bis zum Mittwoch liefen die Pläne auf eine Aufhebung beginnend mit Haus C zum 10. April, 24 Uhr, hinaus. Allerdings kippten neue Positivtestungen auf eine Covid-19-Infektion in Haus C diese Pläne. Wie Manuel Slawig, Sprecher der Kreisverwaltung, am Donnerstagmorgen mitteilte, seien am Mittwoch die Positiv-Befunde bei vier Bewohnern von Haus C bekannt geworden. Daher habe man die Quarantäne für die Bewohner dieses Gebäudes vom 10. bis zum 20. April verlängern müssen.

 

Nach Information der Volksstimme soll die Quarantäne für die anderen internen Zast-Bereiche voraussichtlich nach diesem Zeitplan, jeweils um 24 Uhr, aufgehoben werden: Haus A zum 15. April, Haus B zum 17. April, die Winterbauten und der Bereich G 2 zum 21. April. Für zwei extern in Halberstadt genutzte Liegenschaften soll die Quarantäne am 19. April enden. Allerdings, so Slawig am Donnerstag, stehe dieser Zeitplan immer unter dem Vorbehalt, dass unter den Bewohnern der jeweiligen Häuser keine neuerlichen Corona-Infektionen auftreten.

Anders die Situation im externen Zast-Bereich für die Covid-19-Infizierten in Quedlinburg. Dort soll über die Entlassung mit Blick auf den Gesundheitszustand oder Krankheitsverlauf jeweils im Einzelfall entschieden werden.