Argentinierinnen suchen nach Spuren von Halberstädter Vorfahren Großvater Gustav war ein Freund der Familie Bollmann
Weitgereiste Gäste weilten in der vergangenen Woche in der Domstadt. Zwei Argentinierinnen begaben sich auf Spurensuche. Die Wurzeln der Familie liegen in Halberstadt.
Halberstadt (geg). Auf Spurensuche in der Altstadt waren dieser Tage Karen Nataly Krebs und ihre Mutter Roxana Raquel Pillas Garcia unterwegs. Die beiden aus Argentinien angereisten Frauen, wollten in der Domstadt unter anderem das Elternhaus ihres Großvaters Gustav Julius August Krebs, geboren am 18. Februar 1881 in Halberstadt, finden. Dabei handelt es sich nicht um irgendein Haus, wie eine alte Postkarte deutlich machte, die ihnen bei der Suche helfen sollte.
Darauf abgebildet sind das Gebäude Bakenstraße 63, die Ansicht von vier Räumen und zwei kleine Porträts. Eines zeigt August Krebs (Padre steht mit Tinte daneben geschrieben) und das andere dessen Sohn Gustav. "50 Jahre im Dienst der Arbeiterbewegung - Bollmann\'s Restaurant Halberstadt 1873 - 1923" ist auf der Karte zu lesen.
Mit Erinnerungen in Heimat zurückkehren
Auf der Rückseite steht "Lieber Gustav Krebs. Anbei sende ich Dir eine Postkarte von deinem Elternhaus. In der Eile, da der Überbringer dieser Karte heute noch abfährt, kann ich Dir weiter nichts schreiben. Deinen Brief, der mir viel Freude macht, habe ich erhalten. Es würde mir eine Freude sein, wenn Du den Leuten, die Dir diese Karte überbringen werden, für ihr späteres Zurechtkommen behilflich sein könntest. Brief und Karte folgen später. Viele Grüße an Dich und Deine Familie sendet Max Bollmann und Familie." Auf den schmalen Rand der Vorderseite hat der Empfänger in spanisch sein Geburtsdatum vermerkt und die Bemerkung geschrieben: "In diesem Haus war unser letztes Domizil 1907." Danach wanderte die Familie nach Südamerika aus.
Hannah Becker, die gerade mit Benjamin Pappenheim und Dr. Bettina Oelmann im "Kaffee Hirsch" weilte, wo sie von den Suchenden angesprochen wurde, führte beide zu dem Haus in der Nachbarschaft und erzählte ihnen etwas von dessen Geschichte, vom SPD-Parteilokal und Minna Bollmann sowie deren politischen Wirken.
Der derzeitige Pächter ermöglichte den aus Buenos Aires angereisten Frauen, sich in den Räumen der Gaststätte umzuschauen. Sie bedankten sich bei ihm und Hannah Becker dafür, dass sie ihnen so behilflich waren bei der Suche nach Spuren ihrer Vorfahren. Mit Fotos, Dokumenten und vielen Erinnerungen werden sie in ihre Heimat zurückkehren und ihrer Familie berichten.
Übrigens: Der Verfasser der Postkarte, Max Bollmann, übernahm 1890 als jüngster der Bollmann-Brüder Bollmanns Gaststätte. Im gleichen Jahr heiratete er Minna Zacharias, die Tochter eines der Mitbegründer der Sozialdemokratie in Halberstadt.