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Berufskraftfahrer auf Arbeitsmarkt gesucht Halberstadt: Goldstaub für die Wirtschaft

Berufskraftfahrer sind auf dem Arbeitsmarkt gesucht. Das Berufsausbildungszentrum der Firma „Teach and Drive“ in Halberstadt bildet auf Brummi und Bus aus.

Von Jörg Endries 15.09.2023, 10:12
Die Ausbildung von Lkw-Fahrern ist ein Schwerpunkt der Berufsausbildung in der Halberstädter Fahrschule „Teach and Drive“. Fahrlehrer Dennis Ballin bildet zurzeit Sessle Schulz an einem Brummi aus.
Die Ausbildung von Lkw-Fahrern ist ein Schwerpunkt der Berufsausbildung in der Halberstädter Fahrschule „Teach and Drive“. Fahrlehrer Dennis Ballin bildet zurzeit Sessle Schulz an einem Brummi aus. Fotos (2): Jörg Endries

Halberstadt - Brummis oder ein Bus mit Elchkopf trifft man in der Region oft auf den Straßen an. Der Elch ist das Markenzeichen der Halberstädter Fahrschule von Andreas Pawel. Goldstaub für den Arbeitsmarkt bildet das Team vom Unternehmen „Teach and Drive“ aus, denn Fahrer für Lkw oder Busse werden gesucht. Seit 2003 ist die Firma mit einem Berufsausbildungszentrum samt Fachkabinetten in der Kreisstadt im Gewerbegebiet „In den langen Stücken“ sowie mit der Geschäftsstelle in der Quedlinburger Straße ansässig. Das Unternehmen selbst ist jedoch älter.

Die Halberstädter Fahrschule, laut Andreas Pawel eine der größten ihrer Art im westlichen Sachsen-Anhalt, qualifiziert Frauen und Männer schwerpunktmäßig zu Lkw- und Busfahrern. Deutschlandweit fehlen in Logistikfirmen derzeit etwa 80.000 Berufskraftfahrer. Davon können auch viele Transportunternehmen in der Harzregion ein Lied singen. „Welche katastrophalen Auswirkungen ein Fahrermangel haben kann, war in Großbritannien zu sehen, wo über Wochen die Wirtschaft fast stillstand“, erinnert der Unternehmer.

Weit über 1000 Kraftfahrer bisher schon ausgebildet

Sechs Fahrlehrer arbeiten für Andreas Pawel. Das sei ungewöhnlich viel für Sachsen-Anhalt. Hintergrund dafür sei die ungewöhnlich große Nachfrage nach Busführerscheinen. Bei den Busfahrern mache sich sowohl im Linienverkehr des Öffentlichen Personennahverkehr als auch bei Reisebusbetrieben der Generationswechsel bemerkbar, den es bei den Lkw-Fahrern schon seit vielen Jahren gebe. Daher würden die Agentur für Arbeit und auch die Koba versuchen, Arbeitslose zu Berufskraftfahrern umzuschulen. Zum eigenen Fahrzeugpark gehören neben Mopeds und Pkw auch große Fahrzeuge wie tonnenschwere Lkw und ein Bus. Alles in allem 16 Fahrzeuge im Wert von etwa einer Million Euro.

„Wenn ich selbst mit dem Fahrzeug im Harzkreis auf Ausbildungsfahrt unterwegs bin, komme ich aus dem Grüßen gar nicht wieder heraus. Das sind alles ehemalige Schüler“, verrät Andreas Pawel. Er schätzt, dass seit Gründung der Fahrschule in seinem Betrieb etwa 250 Busfahrer und fast 1000 Lkw-Fahrer ausgebildet wurden. Damit habe sein Unternehmen einen wichtigen Beitrag geleistet, um dem Arbeitsmarkt in Sachsen-Anhalt Berufskraftfahrer zur Verfügung zu stellen.

Neben dem eigentlichen Führerschein sei die Berufskraftfahrer-Weiterbildung ein wichtiges Aufgabenfeld. Sie sei seit 2008 Pflicht in der EU. „Das bedeutet, dass Berufskraftfahrer alle fünf Jahre 35 Stunden Ausbildung absolvieren müssen. „Wir haben mit vielen Speditionen, die ihre Belegschaften bei uns schulen lassen, ein freundschaftliches Kooperationsverhältnis.“ Neben den üblichen Führerscheinen für Moped und Pkw kann beim Team von Andreas Pawel auch der Gabelstaplerführerschein und die Berechtigung für den Gefahrguttransport absolviert werden. Ein wichtiger Partner sei „Teach and Drive“ auch für die Landwirtschaft. Azubis von bäuerlichen Betrieben können im Berufsausbildungszentrum die Qualifikation für den Traktoren-Führerschein erwerben.

Seit über 40 Jahren selbst als Fahrlehrer tätig

„Seit 1996/1997 bilde ich schwerpunktmäßig Lkw- und Busfahrer aus. Wir wurden schon frühzeitig Partner des Arbeitsamtes“, berichtet Pawel. Damals herrschte große Arbeitslosigkeit, da sei die Umschulung ein probates Mittel gewesen, um die Menschen wieder in Arbeit zu bringen. „Damals mussten wir mit zwei Lkw teilweise im Schichtbetrieb fahren, zeitweise sogar Nachtschichten, um die Nachfrage zu decken“, erinnert er sich.

Leben in Hüttenrode, arbeiten in Halberstadt - für Andreas Pawel kein Problem, er hob 1992 seine Firma „Teach and Drive“ aus der Taufe. Der heute 61-Jährige stieg 1982 selbst als Fahrlehrer ins Berufsleben ein. „Damals fing für mich alles in der DDR als Lkw-Fahrlehrer bei der Gesellschaft für Sport und Technik in Blankenburg an“, erinnert sich der Hüttenröder.

Nach der politischen Wende und der Wiedervereinigung stand für ihn zu keiner Zeit ein Fragezeichen über den weiteren Berufsweg. Andreas Pawel machte sich selbstständig und gründete seine eigene Fahrschule - deren Wiege in Blankenburg stand. Damals noch als Solo-Unternehmer, als Geschäftsführer und Fahrlehrer in einer Person. Der Hüttenröder war zwischendurch von 2001 bis 2008 auch Bürgermeister seiner Heimatgemeinde.

„Ich mische mich heute noch in viele Dinge außerhalb des Unternehmens ein“, sagt der Hüttenröder. Er habe die Bürgermeisterinitiative zum Erhalt der Rübeland-Bahn gegründet, die heute noch fährt. 2020 sei es ihm gelungen, den Hüttenröder Grasetanz zum immateriellen Weltkulturerbe erklären zu lassen. „Ab und zu schreibe ich auch mal ein Buch“, sagt er schmunzelnd.

Angst um die Zukunft seines Betriebes hat Andreas Pawel nicht. „Meine Tochter, die im Unternehmen tätig ist, wird die Fahrschule weiterführen.“

Fahrschul-Geschäftsführer Andreas Pawel mit seinen Mitarbeiterinnen – Tochter Claudia Schreiter (links) und Gabriela Holzapfel – vor einem Fahrschul-Brummi.
Fahrschul-Geschäftsführer Andreas Pawel mit seinen Mitarbeiterinnen – Tochter Claudia Schreiter (links) und Gabriela Holzapfel – vor einem Fahrschul-Brummi.
Jörg Endries