Bürgergeld und Lebensmittelversorgung Halberstadt: Hilfe für mehr als 1200 Bedürftige
Die Wärmestube Halberstadt ist Anlaufpunkt für viele Bedürftige. Die Inflation und der Krieg in der Ukraine haben die Zahl der Hilfesuchenden mehr als verdoppelt.
Halberstadt - Für das Team um Wärmestuben-Chefin Maria Oppermann ist jeder Tag eine Herausforderung. Sie versorgen bedürftige Menschen aller Altersgruppen mit dringend benötigten Lebensmitteln, die sie aus eigener finanzieller Kraft nicht kaufen können. Seit Beginn der Energiekrise und der damit verbundenen Inflation sind immer mehr Menschen auf die Unterstützung angewiesen. In die Schlange bei der Lebensmittelausgabe reihen sich aber auch Flüchtlinge aus aller Welt und aus der Ukraine ein.
„Wir mussten jetzt einen Aufnahmestopp für die Wärmestube verhängen. Es sind ganz einfach zu viele Menschen, die unsere Hilfe benötigen, und das war einfach nicht mehr zu händeln“, sagt Maria Oppermann. Vor allem der Ansturm ukrainischer Flüchtlinge habe die Einrichtung an die Grenzen ihrer Möglichkeiten gebracht.
Waren es vor einem Jahr noch etwa 400 Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg aus ihren Land geflüchtet sind und in Halberstadt eine Heimat auf Zeit gefunden haben, sind es derzeit über 800, so Maria Oppermann. Weil die Flüchtlinge Bürgergeld-Empfänger sind, gehören sie wie die Bedürftigen Halberstädter zum Kreis der Anspruchsberechtigten, die sich in der Wärmestube einmal pro Woche mit Lebensmitteln versorgen können - wenn es davon genügend gibt. Zusätzlich kämen weitere Flüchtlinge aus aller Welt, elf verschiedene Nationalitäten, sagt Antje Schmidt, Köchin und stellvertretende Leiterin der Wärmestube.
Die Wärmestube der Caritas in Halberstadt ist aber auch Anlaufpunkt für viele Senioren und Familien aus Halberstadt, die große Probleme haben, den rasanten Preisanstieg in vielen Bereichen des Lebens bezahlen zu können. Deren Zahl habe sich in Halberstadt innerhalb eines Jahres von 380 auf 450 erhöht - Tendenz steigend. Die Inflation und die damit verbundene Verteuerung der Lebensmittel und die hohen Energiepreise sorgten eindeutig dafür, dass es immer mehr Menschen gibt, die mit ihrem Einkommen die Preise nicht mehr bezahlen können.
„Darunter befinden sich auch viele Senioren, deren Rente von der Inflation aufgefressen wird und denen damit das Geld für den Einkauf im Markt fehlt“, berichtet Antje Schmidt. Es sei sehr traurig zu sehen, dass Menschen, die 45 Jahre und mehr gearbeitet haben mit ihrer Rente nicht mehr klar kommen und die Dienste der Wärmestube in Anspruch nehmen müssen. „Man muss immer wieder daran erinnern, dass unser Angebot eine Hilfestellung zum Lebensunterhalt ist. Wir sind Unterstützer, keine Versorger“, betont Maria Oppermann. Sie macht das an einem Beispiel fest: „Wenn wir früher zehn Bananen teilen mussten bei zwei Leuten, hat jeder fünf bekommen. Heute bekommt jeder eine.“
Die Wärmestube ist bei der Versorgung der Menschen auf Spenden von Lebensmittelmärkten, der Tafel Deutschland und Gaststätten in Halberstadt angewiesen. Die würden immer öfter wegen der stark steigenden Zahl von Bedürftigen bei weitem nicht mehr ausreichen. Hintergrund dafür sei die Inflation. Jeder Supermarkt habe mittlerweile eine Ecke, wo Lebensmittel verbilligt angeboten werden, weil diese kurz vor ihrem Ablaufdatum stehen. Da greifen die Menschen verständlich zu“, erklären Maria Oppermann und Antje Schmidt.
Eine große Hilfe für die Wärmestube seien viele Harzer, die jetzt in der Erntezeit Obst und Gemüse, das sie in ihren Gärten ernten, spenden. „Da kommen ganz viele“, so Antje Schmidt. Darunter seien auch Menschen, die Nudeln oder Brot spenden, weil sie es übrig haben. Ein älterer Herr zermahle seine alten Brötchen zu Semmelbröseln und bringe ein bis zweimal im Monat eine große Tüte vorbei. „Darüber freue ich mich sehr“, sagt Antje Schmidt.
Solidarität untereinander, Willkommenskultur und die Integration von Flüchtlingen, das funktioniere in der Wärmestube leider nicht, sagen die beiden Frauen. So habe sich der Dienstag mittlerweile als so genannter Ukraine-Tag entwickelt, an dem die Flüchtlinge ihre Lebensmitteltaschen abholen. An diesem Tag würde man in der Wärmestube so gut wie keine Deutschen mehr sehen.
„Anfangs hätten sich die Menschen noch gemischt, jetzt nicht mehr“, so Antje Schmidt. Das zeige sich auch beim Mittagstisch, der an fünf Tagen in der Woche angeboten wird. Erst wenn die Einheimischen gegessen haben, kommen die Ukrainer. „Weder die einen noch die anderen möchten gemeinsam an einem Tisch miteinander speisen, leider“, bedauern die beiden Frauen. Die Gründe dafür seien vielfältig. Verteilungskämpfe gebe es bei der Lebensmittelversorgung jedoch nicht.
Zum Team der Wärmestube gehören mit Maria Oppermann und Antje Schmidt zwei hauptamtliche Mitarbeiter sowie drei Ehrenamtler und ein Ein-Euro-Jobber. Hilfe sei immer willkommen. Vor allem ehrenamtliche Fahrer für die täglichen Fahrten zu den Lebensmittelmärkten seien willkommen.