Projekt Restaurierung Domorgel Halberstadt: Lichtdurchlässige Königin
Halberstadt hat einen besonderen Schatz - die Orgeln in den Kirchen der Stadt. Eine davon ist die große Domorgel. Was mit ihr geplant ist.
Halberstadt - Das Projekt „Durch die Orgel Licht“ hört sich anfangs ein wenig verquer an, beschreibt jedoch das Anliegen des Vorhabens des Förderkreises Musik am Dom. Mit der dringend notwendigen Restaurierung der Königin der Musik, deren mächtiges Prospekt vom Orgelbaumeister Heinrich Herbst 1718 errichtet wurde, soll auch wieder ein besonderes Lichtspektakel in der Kathedrale aktiviert werden.
„Außergewöhnlich war die ursprüngliche Lichtführung um und durch die große Barock-Orgel im Westteil des Doms, die den Kirchenraum in ein eindrucksvolles Licht tauchte. Davon ist heute leider nichts mehr zu sehen“, bedauert Dr. Carmen Presch vom Verein Musik am Dom. Bretterwände versperren den ehemaligen Tunnel. Genau das soll sich mit der anstehenden Restaurierung der Orgel wieder ändern. „Das Prospekt soll restauriert, die Orgel erneuert und der Lichttunnel wieder angelegt werden“, bringt Carmen Presch das Vorhaben auf den Punkt.
Vier zentrale Vorhaben würden zum Gesamtprojekt gehören - die Restaurierung des wertvollen Orgelprospekts, das dahinterliegende Orgelwerk muss dringend erneuert werden und die Öffnung des Lichttunnels. Außerdem sei das Besondere des Prospekts, dass es drei Spieltische für die Orgel gibt, von denen leider nur noch der zentrale funktioniert. Die beiden rechts und links daneben will man im Zuge der Arbeiten wieder aktivieren. Der tonnenschwere Prospekt soll zudem etwa 60 Zentimeter in Richtung Westen verrückt werden, damit mehr Platz zum Musizieren entsteht. Zudem würde dann von den Seitenfenstern noch mehr Licht in den Dom fallen, es würde die Orgel umfließen, so Hannah Becker.
„Wir haben für die umfangreichen Arbeiten eine fix und fertige Kostenplanung vorliegen, an der Restaurator, Orgelplaner und Architekten mitgewirkt haben“, so Carmen Presch. Diese etwa 70.000 Euro kostende Planung sei je zur Hälfte vom Förderkreis und von der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt bezahlt worden. „Wir sind dabei, weiter Spenden zu sammeln, weil bei einer Förderung auch ein Eigenanteil aufzubringen ist.“
Für die Umsetzung des ehrgeizigen Orgelprojekts seien 4,5 Millionen Euro erforderlich. Allerdings habe man die Summe auf Grund der enormen Baukostensteigerungen auf dem Markt in enger Zusammenarbeit mit der Stiftung mittlerweile auf 5,6 Millionen Euro anpassen müssen. Man habe eine Kooperationsvereinbarung zwischen Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, Förderkreis und Gemeinde abgeschlossen und sei jetzt am Thema Fördergelder dran, ohne die das Vorhaben nicht umsetzbar sei, so Carmen Presch.
Das über 300 Jahre alte Prospekt sei so stark restaurierungsbedürftig, da sind sogar bereits Teile abgefallen, betont Carmen Presch. „Es gibt jede Menge Risse und Fugen sowie Insektenbefall.“ Der Förderkreis Musik am Dom, dem 62 Mitglieder angehören, wolle mit seinem Projekt den Eigentümer des Doms und der Orgel, die Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, unterstützen. Daran würde man bereits seit 2015 arbeiten.
Von der ursprünglichen barocken Herbstorgel ist heute nur noch das eindrucksvolle Prospekt vorhanden, wobei die Pfeifen 1901 von der Werkstatt Röber erneuert wurden. Sie klingen bis heute, bis auf die unterste Reihe. 1965 baute die Firma Euler eine neue Orgel ein, weil die alte nach den Kriegszerstörungen am Dom 1945 und der danach eindringenden Feuchtigkeit nicht mehr funktionierte. Allerdings ging bei diesen Arbeiten der Tunnel, der das Licht von der Rosette des Westportals durch die Orgel in den Dom leitete verloren, berichtet Carmen Presch. „Die Orgel spielt bis heute noch sehr schön. Man muss aber wissen, was funktioniert und was nicht.“
Die Arbeiten im Inneren des Doms werden beim Start des Projekts außen mit dem Ausbau der riesigen Rosette am Westportal der Kirche starten, informieren Carmen Presch, Hannah Becker und Waltraud Knüppel. Durch die Fensteröffnung muss die ausgebaute Orgel entfernt werden. Außerdem will man die Verglasung der Rosette erneuern, weil das Glas ausgeblichen sei.
„Wenn wir mit einem Schlag viel Geld bekämen, könnte 2024 der Startschuss fallen“, sagt Carmen Presch. Die Frauen hoffen, dass bald eine Fördergeldquelle erschlossen werden kann und die dringend notwendigen Arbeiten beginnen können. Infrage kämen das Land Sachsen-Anhalt, der Bund, der EU oder auch Stiftungen. Der Förderkreis könne sich aber auch einen Mix für die finanzielle Unterstützung gut vorstellen. Dann muss natürlich ein Orgelbauer gefunden werden, denn allein der Neubau würde zwei Jahre in Anspruch nehmen.
Der 9. Halberstädter Orgeltag am 9. und 10. September sei wieder Gelegenheit, um für das große Projekt am Dom Werbung zu machen.
Wer das Orgel-Projekt finanziell unterstützen möchte, findet entsprechende Bankverbindungen auf der Internetseite des Förderkreises unter www.fk.kirchenmusik-halberstadt.de.