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Zwei soll es treffen Kita-Schließungen in Osterwieck: Ein Déjà-vu nach 14 Jahren

Das Thema gab es in der Stadt schon einmal. Damals konnte es abgebogen werden. Aber jetzt?

Von Mario Heinicke 27.04.2025, 14:00
Einweihung im Spätsommer 2010. Mit den Rohrsheimer „Rohrspatzen“ soll nun eine Kindertagesstätte geschlossen werden, die damals mit  einem Riesenaufwand umgebaut wurde.
Einweihung im Spätsommer 2010. Mit den Rohrsheimer „Rohrspatzen“ soll nun eine Kindertagesstätte geschlossen werden, die damals mit einem Riesenaufwand umgebaut wurde. Archivfoto: Mario Heinicke

Stadt Osterwieck. - Sie fühlte sich an wie ein Déjà-vu, die jüngste Sitzung des Osterwiecker Sozialausschusses. Es war im Juni 2011, drei Stadtratsgenerationen vor der jetzigen. Die Finanzlage war ähnlich dramatisch. Gesprochen wurde damals ebenso wie diese Woche über Kostensenkungen in Kindertagesstätten und Freibädern.

Was die Kitas betrifft, wurde seinerzeit eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die kein halbes Jahr später ihren „Lohn“ in Form heftigen Protestes aus der Elternschaft erntete. Diese Lenkungsgruppe hatte die Kindereinrichtungen hinsichtlich Investitionsbedarf, Auslastung und demoskopischer Kinderzahlen bewertet - und im Ergebnis festgestellt: „Es stellt sich nicht die Frage, ob Einrichtungen geschlossen werden müssen, sondern welche und wann.“ Von den 15 Einrichtungen würden nur zehn langfristig zur uneingeschränkten Nutzung zur Verfügung stehen. Als erstes würden Deersheim und Zilly zur Schließung stehen.

So ist es nicht gekommen. Alle 15 Einrichtungen haben bis heute überlebt. Noch, denn zum Jahresende wird es wohl zum Aus in Bühne und Rohrsheim kommen.

Warum jetzt und nicht schon damals?

2011 waren die Einrichtungen gut ausgelastet. Seit 2007 hatten die Geburtenzahlen stabil um die 90 gelegen. Es ging um die Zukunft. Bei der Ermittlung des langfristigen Bedarfs wurde die bis ins Jahr 2025 reichende Bevölkerungsprognose des Landesamts für Statistik herangezogen. Danach wären die Krippenkinder von 2010 bis heute um fast die Hälfte und im Kindergartenalter um fast ein Drittel zurückgegangen. Dass es nach 2011 im Raum Osterwieck einen Babyboom geben würde, hatte niemand für möglich gehalten. Bald darauf waren Krippenplätze knapp – nach einer finanziellen Entlastung für Geschwisterkinder auch Hortplätze.

Die Prognosen der Landesstatistiker trafen für 2025 nicht ein, verspätet nimmt diese Entwicklung aber jetzt ihren Lauf. Die Geburtenzahlen in der Einheitsgemeinde sind bis 2024 auf 52 gesunken. Die letzten fünf Jahre zusammengenommen, sind in Bühne, Osterode und Rhoden zwischen fünf und acht Kinder geboren worden. Nimmt man die Geburtsjahrgänge 2023 und 2024 zusammen, haben Deersheim, Berßel, Schauen, Rohrsheim, Rhoden, Bühne und Osterode zwischen einem und fünf Kinder im Ort. Und es sind heute – durch den Geburtenknick ab 1991 – viel weniger potenzielle Mütter da als 2011.

Während im Sozialausschuss Mütter betonten, dass sie eine kleine Kita für die Entwicklung ihres Kindes vor einer großen „Aufbewahrungsanstalt“ bevorzugen, erklärte Kita-Sachgebietsleiterin Jeannine Knoblich, dass die Größe für das Wohlfühlen der Kinder keine Rolle spiele. Wichtig sei, dass der Personalschlüssel passe. „Gerade in kleinen Einrichtungen ist es das Schwierigste, wenn nur eine Erzieherin Urlaub hat oder krankheitsbedingt ausfällt, diesen Personalengpass abzufangen.“ Grundsätzlich betonte sie dabei, dass es keinen Personalmangel gebe.

Wie soll es nach den Schließungen weitergehen? Die Kinder aus Bühne hätten die Möglichkeit, nach Lüttgenrode zu wechseln, für die Rohrsheimer gäbe es Platz in Hessen. Hauptamtsleiter Peter Eisemann betonte, dass auch der Wechsel in andere Kitas möglich wäre, der Elternwille entscheide.

Eine Rohrsheimer Mutter hinterfragte, warum für die dortige Heizung hoher Investitionsbedarf bestehe. Gebäudemanagerin Sahra Menzel begründet das mit der Ölheizung. Die Heizung mache zwar keine Probleme, aber bei einer Havarie müsste man wohl aufwändig auf Gas umstellen.

Abzusehen ist, dass die beiden Schließungen nicht die letzten sein werden, wenn sich die Geburtenzahlen so weiterentwickeln. Die Eltern wüssten gern, wann welche Einrichtung folgen wird. „In die Zukunft gucken ist schwierig“, sagte Peter Eisemann. Es sei abhängig, wann das Ziel einer 80-prozentigen Auslastung der Kitas wieder unterschritten wird.

Rohrsheims Ortsbürgermeister Hans-Jörg Gifhorn (parteilos) kündigte an, dass sein Ortschaftsrat am 5. Mai ab 18 Uhr im Gemeindehaus zum Thema Kita tagen werde. „Hände weg von Kita-Schließungen“, forderte er. „Das sage ich für jede Kommune. Wenn wir hier Kitas schließen, nur um den Haushalt genehmigt zu bekommen, dann sind wir auf dem Holzweg.“