Meisen helfen Imkern bei der Arbeit
Haldensleben l Renate und Jürgen Wolniczak haben viele Fragen. Das Ehepaar aus Glindenberg engagiert sich beim NABU Barleben und will nun für den NABU auch ein paar Bienenvölker halten. "Ich habe mich schon für den Imkerlehrgang im Herbst in Hundisburg angemeldet", erzählt Renate Wolniczak. Als sie jetzt in der Volksstimme vom Tag der offenen Tür bei Rüdiger Ostheer in Haldensleben las, hat sie sich mit ihrem Mann aufgemacht. Schließlich wollen beide möglichst viel lernen.
Rüdiger Ostheer und Sohn Michael können sich über zahlreiche so interessierte Gäste freuen. Es kommen aber auch Gäste wie Dorothea und Heinrich Lübke, die von eigenen Erfahrungen mit der Imkerei erzählen. Ihr Vater Heinz Heinemann habe 1946 Otto Meyers Mühle in Satuelle übernommen, dazu gehörten auch Bienenvölker, erzählt Dorothea Lübke. Da habe sie schon als Kind mit helfen müssen, zum Beispiel die Schleuder drehen. Lübkes haben zwar heute keine Verbindung mehr zur Imkerei, aber jeden Morgen zum Frühstück wird Honig gegessen, was anderes gibt es nicht, versichert Heinrich Lübke.
Die Besucher sehen sich mit großem Interesse die Ausstellung an, die die Familie Ostheer aufgebaut hat. Auf diesem Grundstück an der Schützenstraße wird seit 111 Jahren eine Imkerei betrieben. Sein Ururgroßvater Ernst Stier hat damit begonnen, erzählt Michael Ostheer. Über 100 Strohbeuten sollen damals auf der Wiese nebenan gestanden haben. Sein Ururgroßvater sei Imkereilehrer an der Forstlehranstalt Neuhaldensleben gewesen, berichtet der 32-Jährige.
Michael Ostheer hat Fotografien und Dokumente zur Imkerei aus der Familie zu einem Heft zusammengestellt. Nach der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft 1945 hat Bruno Woitkowiak seine ersten drei Ableger von Völkern seines Opas Erst Stier bekommen, ist darin beispielsweise aufgeführt. Bruno Woitkowiak war Michael Ostheers Opa, auch er war mit der Imkerei groß geworden und hat sogar seine Prüfung an der Lehr- und Forschungsanstalt für Bienenzucht abgelegt. "Bei meinem Opa habe ich schon als Fünfjähriger Rähmchen genagelt", meint der junge Mann. Gut kann er sich auch noch an die schweren Honigkannen erinnern. "So große Kannen nimmt heute keiner mehr."
Rüdiger Ostheer ist 1983 beim Schwiegervater mit in die Imkerei eingestiegen, allerdings war das auch für ihn nichts Neues, denn auch er kommt aus einer Imkerfamilie. Sein Opa Hermann Görges, der Direktor der Mädchenvolksschule war, hatte auch eine Imkerei. Und seine Tochter Ilse, die dann Karl-Heinz Ostheer heiratete, war damit ebenso vertraut.
Michael Ostheer konnte also gar nicht anders, als auch Imker zu werden. Jedenfalls hat sich für ihn die Frage nie gestellt. Seine Oma Margarete Woitkowiak freut sich, dass er die Tradition weiterführt. Seit 2007 ist Michael Ostheer auch Mitglied im Haldensleber Imkerverein "Paul Koch", er hat einen Imkerlehrgang bei Ralf Bertram in der Schlossimkerei besucht und auch einen Honiglehrgang. "Aber eigentlich habe ich ja meinen Lehrmeister hier", meint er mit Blick auf seinen Vater. "Ich bin froh, dass ich ihn immer fragen kann."
Rüdiger Ostheer führt immer wieder Gäste zu den Bienen, also zu den heutigen Magazinbeuten. Das meiste hat er selbst gebaut, erzählt er und nimmt den Deckel vom Magazin ab. Dunkles Kittharz dichtet die Kanten zum Deckel ab. "Das wirkt wie eine Seuchenmatte." So sorgen die Bienen selbst dafür, dass kein Ungeziefer hineinkommt. Drei Etagen hat eine Magazinbeute. In der Mitte sitzt die Königin.
"Mit 18 Völkern sind wir durch den Winter gekommen", erzählt Michael Ostheer, "Doch die Hälfte haben wir verloren. Geblieben sind neun Wirtschaftsvölker." Daraus sind nun aber bereits 20 Ableger für das nächste Jahr entstanden. Einige Völker waren einfach zu schwach, erklärt Rüdiger Ostheer. In solchen Fällen wird "der Kasten zugemacht", also das Einflugloch geschlossen. Die Bienen aus diesem Volk versuchen dann beim Nachbarvolk unterzukommen. "Sie betteln sich ein", sagen die Imker, sie stärken die anderen Völker.
Mit Verlusten müssen die Imker leben. Meist richten die Milben Schaden an. In der Stadt ist die Nahrungsgrundlage für die Bienen eigentlich gut, macht Michael Ostheer deutlich. "Hier gibt es Linden, Akazien, Kastanien und andere Bäume, und hier wird nicht gespritzt." Nach der Frühlinde hatten die Bienen jetzt noch die Spätlinde, aber danach kommt nichts mehr, ergänzt sein Vater. Dann wird zum letzten Mal in diesem Jahr Honig geschleudert.
In einer Ecke des Gartens steht noch ein alter Bienenwagen mit bunten Beuten. Rüdiger Ostheer hat hier alte Waben abgelegt. Eine Meise kommt angeflogen und lässt sich von den Menschen, die keine zwei Meter davon entfernt stehen, gar nicht stören. Meistens kommen noch mehr Vögel, sagt Rüdiger Ostheer, der sich über die geflügelten Gäste freut, denn sie vertilgen die Reste der Drohnenbrut. So muss er sie nicht ausschneiden.