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Börde-Logistik GmbH will 36000 Quadratmeter großes Gelände als Logistik-Standort ausbauen Sparschweine und Vasen müssen raus: Nachnutzung für Neue Keramische Werke

Von Jens Kusian 01.02.2012, 05:25

In die Neuen Keramischen Werke in Haldensleben zieht wieder Leben ein. Die Börde-Logistik GmbH hat das 36000 Quadratmeter große Areal erworben und will es zu einem Logistikstandort entwickeln.

Haldensleben l "Kommen Sie rein, drinnen ist es kälter als draußen." Und Mario Gassner, Projektleiter bei der Börde-Logistik GmbH, hat recht: In der großen Produktionshalle der ehemals Neuen Keramischen Werke herrscht klirrende Kälte. Doch das scheint den vier Kindern aus der Grundschule "Erich Kästner" völlig schnuppe zu sein. Gespannt hören sie zu, was ihnen Patrick Hitzel, der Geschäftsführer von Börde-Logistik, über das ehemalige Zierkeramikwerk und über dessen Zukunft zu erzählen weiß.

Mit großen Augen bestaunen die Mädchen und Jungen zahllose Paletten mit halbfertigen, noch ungebrannten Keramikerzeugnissen. Ganze Armeen von Sparschweinen, Zwiebeltöpfen, Grabvasen, Urnen, Teekännchen, Vogeltränken, Kerzenständer und vieles mehr warten seit mehr als vier Jahren auf ihre Fertigstellung. Vergebens, denn die Tage, an denen an diesem Standort Zierartikel aus Keramik entstanden, sind gezählt.

"Wir stecken derzeit mitten in der Bestandsaufnahme", sagt Hitzel, der gemeinsam mit seiner Mit-Geschäftsführerin Susanne Schütt das Werksgelände erworben und vor vier Wochen übernommen hat. Bei den fertiggestellten Neuwaren, die sich in der Konkursmasse der Werke befinden, sei die Zählung inzwischen beendet. Auf über 15000 beziffert Gassner die Zahl der Einzelartikel, zu denen auch farbenfrohe Waschbecken und Toilettenbecken zählen. Sie sollen nun preisgünstig unters Volk gebracht werden, bei einem Werksverkauf vom 9. bis 18. Februar.

"Wir können hier nichts mehr gebrauchen, alles muss raus", versichert Hitzel. Selbst die Maschinen, die Formen und die beiden großen Öfen werden verkauft. "Selbst dafür finden sich Abnehmer, wenn auch nicht in Deutschland", ist der Geschäftsführer überzeugt.

Er braucht Platz, viel Platz. "Lange Zeit haben wir nach Lagerflächen in Haldensleben gesucht. Und hier können wir sie mit einem einschätzbaren Aufwand schaffen", sagt Hitzel. Seit 2006 ist das Unternehmen Börde-Logistik in Haldensleben ansässig, sorgt als Dienstleister für Handels- und Endkunden aus den Bereichen Textilien, Schuhe und Accessoires, Heim und Haustextilien für die optimale Lagerung ihrer Ware mit mehrfacher Qualitätskontrolle und anschließender Kommissionierung, Retourenabwicklung, anfallende Nachbearbeitung und anderes mehr. "Wer Ware verwaltet, braucht auch Lagerflächen", so Hitzel weiter.

Dafür sollen die alten Gebäude und Hallen genutzt werden. "Wir sind ein Low Budget-Unternehmen und können daher keine Millionen für Neubauten ausgeben", unterstreicht er. Zunächst soll das dreigeschossige Gebäude am Haupteingang mit seiner gläsernen Fassade wärmetechnisch isoliert werden, um dort beheizbare Arbeitsplätze zu schaffen. Hitzel rechnet damit, dass der Betrieb am neuen Standort allerspätestens zum Ende dieses Jahres aufgenommen werden kann. "Insgesamt gesehen gehe ich davon aus, dass wir noch gute dreieinhalb Jahre auf der gesamten Fläche zu tun haben werden", meint er. Zwischen 30 und 40 Vollzeitarbeitsplätze will Börde-Logistik hier schaffen.

Ein Stück Kulturgut soll erhalten bleiben

Noch sei die Nutzung nicht bis ins Detail durchgeplant, betont er. "Wir wollen alles gern prüfen, was auf dem Gelände geschehen soll." Projektleiter Gassner spricht in diesem Zusammenhang von einem Gewerbehof, auch Gastronomie sei vorstellbar. Sicher ist bislang, dass Hitzel einen Erinnerungsplatz für die Keramikindustrie auf dem Gelände einrichten möchte. "Wir haben in einem alten Backsteingebäude die Jahreszahl 1888 entdeckt. So lange wird hier also schon Keramik produziert. Das wollen wir als ein Stück Kulturgut für Haldensleben und seine Bewohner erhalten", verspricht der neue Eigentümer.

Und auch die Haldensleber Kinder sollen noch einmal mit der Zierkeramik in Berührung kommen. "Alle halbfertigen Erzeugnisse werden wir den Kindertagesstätten und Grundschulen schenken, damit sie die Gefäße selber brennen und bemalen können", plant Hitzel, und Gassner ergänzt: "Auch gemeinnützigen Vereinen stellen wir die Produkte zur weiteren Verarbeitung gern zur Verfügung."