Klusheim Villa mit tragischer Familiengeschichte
Das Halberstädter Klusheim hat eine bewegte Geschichte. Zwei Halberstädter berichten davon.
Halberstadt l Für Erstaunen hat bei Rainer und Brigitte Westendorf aus Halberstadt der Volksstimme-Beitrag über die Sanierung des Klusheims durch das Cecilienstift Halberstadt gesorgt. „Wir haben uns über den interessanten Artikel zum verwaisten Klusheim und darüber, dass dort bald wieder Leben einziehen wird, sehr gefreut. Das Haus hat allerdings nicht der Fabrikbesitzer Fricke erbaut, sondern mein Großonkel, der Innenarchitekt Hermann Bährecke“, berichtet Rainer Westendorf. Die dem Cecilienstift vorliegenden Informationen seien fehlerhaft. Der Fabrikbesitzer taucht in der Geschichte der Immobilie erst viel später auf.
Rainer Westendorf schlägt ein Album mit zahlreichen Fotos aus den 1920er und 1930er Jahren auf, die die stolze Villa kurz nach deren Bau zeigen. „Es war immer Leben in dem stattlichen Haus“, so der Halberstädter. Sogar ein Pool gehörte dazu und ein Stall für Hühner. „Der sah wie ein kleines Haus aus. Andere wären froh gewesen, so ein Haus bewohnen zu dürfen.“ Die Fotos belegen die Geschichte, die Westendorfs erzählen. Die Villa am Rand der Klusberge war Treff für Familie und Freunde. „Es war für die damaligen Verhältnisse ein sehr modernes Haus und hochwertig ausgestattet“, berichtet Rainer Westendorf. Hermann Bährecke war ein wohlhabender Mann. Die Familie besaß auch ein großes Auto der Marke Chrysler. Zu der Zeit ein Statussymbol.
Verbunden mit der Villa ist aber auch eine tragische Familiengeschichte. Großonkel Hermann Bährecke hat nicht viel Zeit gehabt, um sich über das schöne Zuhause zu freuen. „Bereits zwei Jahre nach dem Bau verunglückte der Innenarchitekt in Halberstadt im Alter von nur 35 Jahren tödlich bei einem Autounfall. Das älteste der drei Kinder, ein Mädchen, war bereits 1924 im Alter von vier Jahren in der Bode ertrunken. Ein Sohn ist später im Zweiten Weltkrieg gefallen. Zur jüngsten Tochter, die 2011 im Alter von 86 Jahren verstarb, und den Enkeln hatten und haben wir regen Kontakt“, so Rainer Westendorf.
Auch die Frau von Hermann Bährecke, die Schwester seines Großvaters, die 1963 gestorben ist, habe er gekannt. Else Bährecke hat bis 1934 in der Villa gelebt. Wirtschaftliche Probleme hätten sie bewogen, das Haus an den Fabrikbesitzer Fricke zu verkaufen. Die Familie habe ein weiteres Haus Hinter der Münze in Halberstadt besessen, das sie bezog. Das Wohngebäude ist während des Bombenangriffes am 8. April 1945 zerstört worden, so Rainer Westendorf.