Zinspolitik Volksbank muss massiv sparen
Die Harzer Volksbank zieht zum Jahresende aus zwölf ihrer 25 Filialen das Personal ab. 41 von derzeit 217 Mitarbeitern müssen gehen.
Wernigerode l „Es ist das erste Mal in der Finanzgeschichte der Menschheit, dass es keine Zinsen mehr gibt.“ Hans-Heinrich Haase-Fricke hatte am gestrigen Montagabend einen schweren Gang vor sich, der ihm eigenem Bekunden nach lieber erspart geblieben wäre. Der Vorstandssprecher der Harzer Volksbank musste seinen Beschäftigten in Wernigerode erklären, warum es massive Einschnitte gibt.
Haase-Fricke: „Wir müssen sogar schon 0,4 Prozent Strafzinsen an die Deutsche Bundesbank zahlen.“ Die Folge: „Unsere Ertragslage verschlechtert sich von Quartal zu Quartal.“
Hinzu komme die inzwischen überbordende gesetzliche Reglementierung. Für Berichte und Stellungnahmen an Kapitalaufsicht und Bundesbank müsse immer mehr Geld ausgegeben werden. Und: Die Internetkonkurrenz wachse stetig. Der Vorstand: „Da treten ganz neue Wettbewerber auf.“ Letztlich liege es allerdings auch an den eigenen Kunden, die immer seltener die Filialen aufsuchen, weil sie ihre Geschäfte lieber online tätigen.
Haase-Fricke sagt: „In diesem Umfeld müssen wir sehen, wie wir vernünftig zurechtkommen.“ Aus der Harzer Genossenschaftsbank dürfe kein Kandidat für eine Übernahme werden. Das Bankhaus müsse stattdessen künftig stark genug für eine mögliche Fusion sein. Um diesen Status zu sichern, seien zunächst Einsparungen „in Richtung drei Millionen Euro“ erforderlich. Dabei handele es sich aber lediglich um die „großen Blöcke“.
Im Klartext bedeute dies: Zwölf der 25 Zweigstellen würden mit größeren Filialen verschmelzen. Dies betreffe im Einzelnen Hessen, Badersleben, Wasserleben, Heudeber, Ströbeck, Schwanebeck, Blankenburg (Löbbeckestraße hin zum Standort Schnappelberg), Westerhausen, Gernrode, Ermsleben, Giersleben und Schadeleben. Überall würden allerdings die Geldautomaten erhalten bleiben, um eine ordentliche Versorgung mit Barem abzusichern.
Der Vorstandssprecher: „Damit sinkt die Zahl der Mitarbeiter um 41.“ Davon würden zwei in die gesetzliche Rente verabschiedet, drei hätten von selbst gekündigt und bei acht liefen die befristeten Verträge aus. Den anderen 28 Beschäftigten lägen Angebote für Altersteilzeit, Übergang in eine Transfergesellschaft oder eine Verlängerung der Kündigungsfrist vor.
„Es gab dazu langfristige und zähe Verhandlungen mit dem Betriebsrat“, betont Haase-Fricke. Dies sei letztlich das nach etwa sechs Monaten gemeinsam erzielte Ergebnis. Der Aufsichtsrat habe dem einhellig zugestimmt und stehe komplett hinter dem Vorstand.
Das zum 1. Januar 2017 greifende Modell sei ein Dreivierteljahr lang zusammen mit einer Beratungsgesellschaft entwickelt worden. In Workshops habe man Mitarbeiter sowie Firmen- und Privatkunden befragt, wie ihre Genossenschaftsbank künftig aussehen soll.
Zur Analyse habe nach Darstellung des Bankiers gehört, das Einzugsgebiet „vernünftig abzudecken“. So werde überall gewährleistet, dass Privatkunden zwischen zehn und maximal 20 Minuten benötigen, um zu einem Geldautomaten zu gelangen. In großen Teilen gelinge dies auch bei jenen Sparern, die eine persönliche Beratung wünschen. Im Firmenkundengeschäft liege die Zeitspanne zwischen 30 und 40 Minuten.
Hans-Heinrich Haase-Fricke: „Früher haben wir alles subventioniert. Das geht nicht mehr.“ Es sei besser, die Wahrheit lieber jetzt deutlich und kompakt zu sagen, als sie auf mehrere Punkte zu verteilen. Und: „Es ist das erste Mal, dass ich mich nicht mehr frei bewegen kann.“ Denn es fehle schlicht an besagten Zinsangeboten – und das schon seit Langem.