Halberstädter Dom Warten auf Hörschleife
In der bedeutendsten Kirche Halberstadts fehlt es an Technik, die Schwerhörigen besseres Hören ermöglicht.
Halberstadt l Eine Hörschleife für den Dom, darum bemüht sich seit fast einem Jahr der Verein zur wissenschaftlichen Förderung der Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde. Anfang 2017 stellten dessen Vorstandschefs Prof. Dr. Klaus Begall und Dr. Jörg Langer das Projekt öffentlich vor, intensivierten die Spendensammlung. Mit gutem Erfolg. „Wir waren wohl ein bisschen zu optimistisch“, sagt jetzt Klaus Begall. Denn eigentlich, so der Hals-Nasen-Ohren-Spezialist, habe er gehofft, dass die Hörschleife schon zum Reformationstag ihren Dienst im Dom tun würde. Doch noch gibt es die Schleife nicht.
Was nicht am Geld liegt, wie Begall berichtet. Die rund 12.000 Euro, die für die Geräte und die Verlegung der Technik veranschlagt sind, hat der Verein zusammen. „Auch die Kostenvoranschläge für die Arbeiten haben wir eingeholt“, ergänzt Dr. Jörg Langer. Zwar schon im Sommer, aber die Firmen, die die Technik bereitstellen und die Baufirmen, die die Erlaubnis haben, im Dom arbeiten zu dürfen, stehen dem Projekt wohlwollend gegenüber. „Sie wollen versuchen, ihre Angebote aufrechtzuerhalten, auch wenn inzwischen einige Monate ins Land gezogen sind“, sagt Begall und hofft, dass es nicht nochmal mehrere Monate dauert, bis die ersten fünf Sitzreihen im Dom Hörgeräteträgern den Komfort der Hörschleife bieten. „Aber das hängt jetzt nicht mehr von uns ab.“
Am Zug ist Dr. Volker Lind. Wie der Dombaumeister auf Nachfrage bestätigt, sind alle Vorarbeiten soweit gediehen, dass es losgehen könnte. „Der Antrag auf denkmalschutzrechtliche Genehmigung ist noch nicht entschieden, die Genehmigung kommt vermutlich innerhalb der nächsten 14 Tage, vielleicht sogar schon kommende Woche“, sagt Lind. Diese Genehmigung müsse er als Dombaumeister für fast alle Vorhaben einholen, „denn wir greifen mit unserem Tun immer in ein Denkmal ein“. Oft ist es eine reine Formalie, die aber soll sicherstellen, dass der Gesamteindruck des Doms nicht gestört wird.
Die Hörschleife dürfte nicht stören, denn sie ist nicht zu sehen. „Dafür wird ein Kabel unter den Bodenplatten verlegt, das an einer Stelle wieder aus dem Boden tritt und dann in einem kleinen Gerät endet, das zur Tontechnik im Dom dazugestellt wird“, erklärt Begall. Das Verlegen dürfte nicht allzu lange dauern, sagt Lind, denn die großen Bodenplatten liegen auf Sand, müssen allerdings vorsichtig hochgehoben werden. „Aber noch kann ich nicht einschätzen, ob wir das noch vor Weihnachten schaffen.“
Das wäre der Termin, der dem Verein als Ziel vorschwebt. „Mit der Hörschleife können Menschen, die ein Hörgerät tragen, Reden und Musik besser verfolgen“, sagt Begall und erklärt das Funktionsprinzip so: „Die Hörschleifen funktionieren wie Antennen, auf die die Geräte direkt aufgeschaltet werden können. Alles, was über ein Mikrofon aufgenommen wird, wird auf diese Schleife übertragen und so direkt ins Ohr des Betroffenen übertragen. Jedes Hörgerät hat eine Telefonfunktion. Wenn die eingeschaltet wird vom Träger, hört derjenige alles, was auch über Lautsprecher übertragen wird. Ohne störende Nebengeräusche.“ Da geschätzt mindestens zehn Prozent der Halberstädter über ein Hörgerät oder eine Innenohrprothese verfügen, wäre diese Hörschleife ein Argument für viele, sich auch mal wieder ein Konzert im Dom anzuhören.
Wenn es soweit ist, sollen Schilder auf die Hörschleife hinweisen, die nur in den ersten fünf Sitzreihen funktioniert. „Das verlangt von allen Dombesuchern ein bisschen Rücksicht auf die Hörgeräteträger und von diesen den Mut, sich auch mal in die erste Reihe zu setzen. Bei besonderen Veranstaltungen wird diese aber logischerweise den Ehrengästen vorbehalten bleiben“, sagt Begall.
Aber warum widmet sich ein Verein, der die wissenschaftliche Förderung der HNO-Heilkunde betreibt, solch einem Projekt? Die Vereinsstatuten lassen solch ein Engagement außerhalb von Wissenschaftsförderung und Wissensvermittlung zu und das Projekt lenkt die Aufmerksamkei auf die Frage, was alles möglich ist, um wieder gut oder besser hören zu können.