Statistik 1854 Jungstörche in 60 Jahren ausgeflogen
Im Altkreis Haldensleben sind in 60 Jahren 1854 Jungstörche ausgeflogen. Bruno Weber und Peter Loskarn haben darüber Statistik geführt.
Haldensleben l 38 Storchenhorste gibt es derzeit im Altkreis Haldensleben, dabei ist der Drömling nicht mit erfasst. Das Niederungsgebiet wird seit geraumer Zeit als separater Raum betreut. Im Laufe der Jahre zeichnet sich ein leichter Anstieg der Storchenpopulation im Altkreis ab.
Storchenexperte Peter Loskarn kann auf sechs Jahrzehnte Storchenbestandserfassung in der Region verweisen. Von 1955 an hat Bruno Weber 30 Jahre lang die Daten über alle Horste im Altkreis Haldensleben zusammengetragen. Peter Loskarn hat 1985 nicht nur den dicken Ordner, sondern auch die Verantwortung von Bruno Weber übernommen. Der Bülstringer gehörte übrigens zu jenen Jugendlichen, die der frühere Museumsleiter und Naturschutzbeauftragte Bruno Weber in einer Arbeitsgemeinschaft in sein Metier eingeführt hatte.
1947 wurde in Haldensleben ein Stützpunkt des Landesbundes für Vogelschutz Sachsen-Anhalt gebildet und Bruno Weber als Leiter bestätigt. Daran hatte Reinhold Brennecke in einem Bericht über die Vogelkunde im Kreis Haldensleben in der Museumsschrift 1983 erinnert. Bruno Weber, der spätere Leiter des Haldensleber Museums, hat sich nicht nur um die Erfassung des Weißstorchbestandes gekümmert, sondern auch um viele andere Vogelarten. Darüber hat er auch sehr viele Berichte, auch in der „Volksstimme“, veröffentlicht.Stück für Stück hat er ein Netz von Helfern aufgebaut, die die Horste im Blick hatten und in jedem Jahr den aktuellen Stand meldeten.
Bruno Weber hatte sich an alle Naturschutzhelfer im Kreisgebiet gewandt und um Auskunft über Storchennester gebeten, möglichst auch rückblickend. Die Ergebnisse hat er akribisch festgehalten, alle eingegangenen Antworten sind in einem Ordner aufbewahrt. Daher ist bekannt, dass die Gegend bei Störchen von jeher beliebt ist.
Auf Gut Detzel brüten beispielsweise seit 1878 Störche, hier befand sich das älteste bekannte Nest im Altkreis Haldensleben. Lange Storchen- traditionen haben aber auch andere Dörfer. Störche gibt es in Lockstedt seit 1887, in Alleringersleben ließen sich die ersten Störche etwa 1894 bis 1896 nieder, in Wieglitz leben seit 1896 Störche. Auch in Groß Bartensleben gab es wahrscheinlich vor 1900 schon Störche. In Mannhausen siedelten sie bis 1903 auf einer Eiche, die dann gefällt wurde, seit 1905 war ein Horst auf einer Scheune ihr Domizil. Grauingen hatte seit 1906 einen Storchenhorst auf einem Scheunengiebel, vorher bereits auf einem Strohdach. In Kathendorf seit 1911, vor 1900 könnten auch schon Störche auf einem Strohdach gebrütet haben. In Zobbenitz sollen seit 1911 Störche leben. Das sind nur einige Notizen aus der dicken Kladde von Bruno Weber.
Nachzulesen sind auch einige interessante Begebenheiten. In Berenbrock hat ein Sturm in der Nacht zum 22. November 1963 ein Storchennest vom Scheunengiebel heruntergerissen und auch das Dach beschädigt. Der damalige Kreisbeauftragte für Naturschutz Bruno Weber hat bei der Bezirksnaturschutzverwaltung um finanzielle Unterstützung gebeten, 200 Mark wurden bewilligt unter der Voraussetzung, dass das Nest wieder angebracht wird.
In Uthmöden soll es um 1879 sogar sechs besetzte Horste gegeben haben, drei davon auf einem Grundstück. Seit 1900 war von einem besetzten Nest die Rede. Auch in Hörsingen hat es 1890 bis 1905 zwei Storchennester gegeben.
Wie standorttreu Störche sein können, zeigt sich in Flechtingen. Hier sind die Störche immer wieder umgezogen, der Horst befand sich auf mehren verschiedenen Gebäuden. Der Feuerwehr-Schlauchturm war seit 1960 besetzt, jetzt befindet sich der Horst auf der alten Brennerei.
Bruno Weber hat auch viele andere Sachen notiert. So zum Gewicht eines Storchenhorstes. 1961 wurde in Zobbenitz der alte Schornstein abgerissen, auf dem sich der Horst befand, er zog um auf ein Hausdach. Das abgebaute Nest wog 770 Kilogramm, ist nachzulesen. Störche bauen in jedem Jahr an ihrem Nest weiter, so kann es beachtliche Stärken erreichen.
1962 verfasste Bruno Weber einen Bericht für die Museums-Jahresschrift über Bestandsveränderungen beim Weißen Storch im Kreis Haldensleben. Er schrieb von einem besonders guten Jahr in der Storchenchronik des Kreises. In dem Jahr hatten sich nach langer storchenloser Zeit in Dorst, Emden, Hundisburg und Velsdorf wieder Störche angesiedelt, meldete Bruno Weber. Dennoch habe es früher mehr Störche gegeben. Der Kreis Haldensleben gehöre aber zumindest zu den wenigen Kreisen in der damaligen DDR, wo zumindest im zurückliegenden Jahrzehnt die Brutstörche wieder etwas zugenommen hätten. Bei internationalen Erhebungen 1958 seien beträchtliche Abnahmen festgestellt worden. Im Gesamtdeutschland von 1958 wurden noch 4800 Paaare ermittelt, während es in diesem Gebiet 1934 noch 9035 Brutpaare gab.
1962 hatten von den 63 Gemeinden und 13 Ortsteilen des damaligen Kreises Haldensleben 23 Orte 24 besetzte Storchhorste, registrierte Bruno Weber. Genannt wurden Haldensleben, Bebertal, Berenbrock, Bösdorf, Calvörde, Dorst, Elsebeck, Emden, Everingen, Flechtingen, Grauingen, Hundisburg, Kathendorf, Lockstedt, Lössewitz, Manhausen, Satuelle, Seggerde, Uthmöden, Velsdorf, Wedringen, Wieglitz und Zobbenitz mit zwei Horsten.
Etliche Standorte sind neu hinzugekommen. In Behnsdorf gibt es seit wenigen Jahren auf dem Gemeindegrundstück in der Nähe des Feuerwehrhauses einen Horst auf einem eigens dafür gebauten Mast. Auch in Belsdorf wurde in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten wieder ein Horst montiert. Dazu wurde extra ein Mast auf einer Wiese errichtet.
Peter Loskarn hat aktuell 38 Orte mit Horsten in seiner Kartei, allerdings sind die Orte, die zum Drömling gehören, dabei nicht mitgezählt.
In der Statistik erfasst sind Storchenhorste in Aller- ingersleben, Altenhausen, Bartensleben, Bebertal, Beendorf, Behnsdorf, Belsdorf, Böddensell, Bülstringen und Bülstringen-Schwarzer Pfuhl, Detzel (Satuelle), Dorst, Eickendorf, Emden, Erxleben, Eschenrode, Everingen, Flechtingen, Grauingen, Haldensleben, Hillersleben, Hörsingen, Hundisburg, Lemsell, Lössewitz, Morsleben, Neuenhofe, Schackensleben, Schwanefeld, Seggerde, Siestedt, Uthmöden, Vahldorf, Walbeck, Wedringen, Weferlingen, Wieglitz und Zobbenitz. Dabei ist nicht gesagt, dass alle Hoste regelmäßig besetzt sind. Bei einigen sind auch nur in wenigen Jahren Bruten notiert.
Peter Loskarn hat für die 60 Jahre, in denen die Storchenhorste kontinuierlich unter Beobachtung standen, eine Statistik erarbeitet. Danach sind in Lössewitz die meisten Jungen ausgeflogen, nämlich 144 bei 51 Bruten. Auf diesem Horst wurde in jedem Jahr gebrütet, wenn auch nicht immer mit Erfolg. Auf Platz zwei stehen Grauingen und Wieglitz mit jeweils 121 ausgeflogenen Jungstörchen bei jeweils 42 Bruten. Platz drei belegt Everingen mit 112 Jungstörchen bei 40 Bruten, Platz vier Haldensleben mit 114 Jungstörchen bei 43 Bruten, Platz fünf Wedringen mit 107 ausgeflogenen Jungstörchen bei 42 Bruten, Platz fünf Flechtingen mit 101 Jungstörchen bei 38 Bruten.
Danach gehen die Zahlen auf unter 100. Insgesamt sind in den sechs Jahrzehnten 1854 Jungstörche ausgeflogen.