Denkmal Hundisburger erinnert an Todesmarsch
Im April 1945 kam ein sogenannter Todesmarsch mit KZ-Häftlingen durch Hundisburg. Ein Denkmal soll jetzt saniert werden.
Hundisburg l Von den Grauen der Nazi-Zeit und des Zweiten Weltkrieges war Hundisburg kurz vor Kriegsende Anfang April 1945 direkt betroffen. Ab Ende 1944 näherten sich die alliierten Truppen und die SS ließ alle Konzentrationslager evakuieren. Vor allem geschah dies, um die Zeugen der unmenschlichen Lagerbedingungen und grausamen Morde wezuschaffen. Beim Anrücken der US-Truppen wurde Anfang April 1945 im Südharz auch das SS-Arbeitslager Mittelbau-Dora geräumt – die Gefangenen wurden mit Güterzügen oder durch Fußmärsche Richtung Norden gebracht. Wer zu fliehen versuchte oder vor Erschöpfung zusammenbrach, wurde erschossen.
Einer dieser sogenannten Todesmärsche erreichte am Morgen des 12. April Hundisburg. Zeitzeugen berichten von einem entsetzlichen Bild, das sie nie mehr los wurden: Rund 200 halb verhungerte Gestalten in Häftlingskleidung und Holzschuhen zogen von Rottmersleben kommend in Richtung Althaldensleben, viele Gefangene mussten Holzkarren ziehen. Hundisburger Frauen wurden von Soldaten mit Waffen daran gehindert, den Häftlingen Essen und Trinken zu reichen. Drei vor Schwäche zusammengebrochene Gefangene wurden in Hundisburg von SS-Leuten erschossen – am Ortseingang, am „Stein“ und am Kuhteich.
Zwei der nicht identifizierten Ermordeten sind damals auf dem heute kommunalen Friedhof des Dorfes begraben worden. Die Pflege der Gräber gehörte zu DDR-Zeiten zum festen Pionierprogramm der Hundisburger Schule. 1968 wurde zudem ein Denkmal auf dem Friedhof errichtet, das der Hundisburger Bildhauer Karl Werner gestaltet hatte. Bis 1989 fanden dort am „Gedenktag der Opfer des Faschismus“ Veranstaltungen statt, die allerdings vorwiegend politisch geprägt waren und an denen die Hundisburger vermutlich deshalb irgendwann das Interesse verloren.
All diese Informationen hat Otto Harms zusammengetragen. „Es gibt keine Aufzeichnungen über den Todesmarsch, der 1945 durch Hundisburg zog. Alles, worauf man sich stützen kann, sind Aussagen von Zeitzeugen“, erläutert der Hundisburger. Damit das Geschehene auch nicht in Vergessenheit geraten wird, wenn die letzten Zeitzeugen nicht mehr leben, hat der Hobbyhistoriker die Arbeit auf sich genommen und mit etlichen Hundisburgern Gespräche geführt. Er möchte Geschichten wie die des Todesmarsches in einem Buch festhalten.
Über die Geschehnisse am 12. April 1945 erfuhr er erschreckende Details, in vielen Köpfen ist der Todesmarsch bis heute präsent. Im Jahr 2020 wird er sich zum 75. Mal jähren. Otto Harms hat die Hundisburger Ortschaftsräte darauf schon frühzeitig aufmerksam gemacht. Er ist der Meinung, dass eine Gedenkveranstaltung am 12. April 2020 eine gute Art und Weise wäre, an die Ermordung der Gefangenen zu erinnern. „Ich habe mit dem Leiter der Gedenkstätte Feldscheune in Isenschnibbe gesprochen, der bereit wäre, eine Ansprache bei uns zu halten“, konnte Otto Harms den Ortschaftsräten bereits jetzt mitteilen.
In Gardelegen/Isenschnibbe wurden am 13. April 1945 über 1000 Häftlinge aus verschiedenen Lagern in einer Scheune zusammengetrieben und erschossen – das Gebäude wurde dann in Brand gesteckt. An seiner Stelle steht heute eine Gedenkstätte, in der in jedem Jahr der grausamen Ereignisse vom April 1945 gedacht wird.
Die Hundisburger Ortsräte bewerteten die Idee von Otto Harms generell positiv und stimmten ihm vor allem in einer Angelegenheit zu: Das Denkmal auf dem Friedhof müsse nach über 50 Jahren auf jeden Fall saniert werden, so hatte der engagierte Einwohner festgestellt. Außerdem solle eine Hinweistafel mit den wichtigsten Informationen nahe des Gedenksteins angebracht werden – einen Textvorschlag dafür hat Otto Harms schon ausgearbeitet.
Die Hundisburger Ortsräte machten sich schließlich einvernehmlich dafür stark, das Denkmal auf dem Gemeinde-Friedhof im Zuge der geplanten Sanierung der Friedhofskapelle zu erneuern. Das Investitionsvorhaben wurde so auch in den Haushaltsplan 2019 der Stadt Haldensleben aufgenommen.
Gemeinsam mit der Friedhofsverwaltung konnte Otto Harms auch mit ziemlicher Sicherheit die Gräber der beiden Gefangenen ausfindig machen, die von der SS erschossen und auf dem Gemeinde-Friedhof begraben wurden. Die Friedhofsverwaltung wolle sich nun um die weitere Pflege der Grabstellen kümmern, berichtete Otto Harms erfreut.