Endlager Morsleben will Entschädigung
Morsleben hat ein Imageproblem. Durch das Atommülllager hat der Ort einen schlechten Ruf. Ein Strukturfonds soll helfen.
Morsleben l Wer Morsleben hört, denkt sofort an Atommüll. Und das ist nahezu bundesweit so. Der Ort steht als Sinnbild für die Lagerung von schwach radioaktiven Abfällen. Bei solchen Assoziationen fällt es der Gemeinde natürlich schwer, Menschen davon zu überzeugen, hier zu leben, hier eine Familie zu gründen oder Firmen eine Ansiedlung schmackhaft zu machen. Die Angst vor den radioaktiven Abfällen 400 Meter tief unter der Erde ist einfach zu groß.
Um diesen erheblichen Imageschaden auszugleichen, möchte die Gemeinde Ingersleben mit ihrem Ortsteil Morsleben, die Verbandsgemeinde Flechtingen und der Landkreis Börde den Bund davon überzeugen, eine Stiftung zu gründen, die mit Ausgleichszahlungen Kultur und Gesellschaft in der Region unterstützt. „Hier lagern radioaktive Abfälle aus ganz Deutschland, damit trägt Morsleben eine gesamtdeutsche Verantwortung“, stellt Verbandsgemeindebürgermeister Mathias Weiß klar.
Vorbilder für eine solche Stiftung gibt es bereits. Orte mit vergleichbarer Verantwortung wie Konrad und Asse im Landkreis Wolfenbüttel erhalten schon seit Jahren zum Ausgleich von struktur- und wirtschaftspolitischen Nachteilen sowie Imageschäden einen Ausgleich vom Bund. 2011 wurde eine Stiftung Konrad eingerichtet und die Asse erhielt drei Jahre später einen stiftungsgetragenen Fonds. Für Morsleben gibt es bislang noch nichts Vergleichbares.
Diese Ungleichbehandlung wurde im Gemeinderat Ingersleben erkannt und nach Lösungen gesucht. Unterstützt wird die Gemeinde dabei von der Verbandsgemeinde Flechtingen. Zum fehlenden Strukturausgleich kommen nämlich auch noch ausbleibende Steuereinnahmen hinzu, die durch die Umstrukturierung des Endlagers in die Bundesgesellschaft für Endlagerung zustande gekommen sind.
Unterstützung bekommt Weiß dabei auch von Börde-Landrat Martin Stichnoth. Denn betroffen sei nicht nur Morsleben, sondern die ganze Region. „Im Zuge der Gleichbehandlung sollte eine Stiftung auch für Ingersleben ein gangbarer Weg sein. So jedenfalls werden wir das an den Bund herantragen“, sagte Stichnoth nach einem Treffen mit Mathias Weiß und Ingerslebens Bürgermeister Thomas Crackau. Für eine Stiftung bräuchte man aber ein Landesgesetz. Deswegen hofft der Landrat, dass sich auch das Land Sachsen-Anhalt positioniert und sich gegenüber dem Bund für eine Stiftung stark macht.
Von dem Geld eines solchen Stiftungsfonds, machte Martin Stichnoth klar, könne von Morsleben ausgehend der gesamte Landkreis Börde profitieren. Aus einem möglichen Stiftungsfonds sollten auch Projekte, die der Region zugute kommen, initiiert werden. Zum Beispiel könnten Mittel in die Verbesserung der Infrastruktur, in die Naherholung und den Tourismus oder in den Klimaschutz fließen. Auch Projekte, die auf Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements ausgerichtet sind, könnten daraus unterstützt werden. „Dazu bräuchten wir natürlich auch noch einen Grundsatzbeschluss der Kreistages“, so Stichnoth weiter.
Einen Unterstützer auf Bundesebene hat das Vorhaben auf jeden Fall schon. Bei einem weiteren Treffen, das in dieser Woche in Morsleben stattgefunden hat, bekannte sich auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Manfred Behrens zu der Idee: „Ich bin begeistert, wer von einem solchen Fonds alles profitieren könnte.“ Bei dem Treffen waren auch Vertreter aus Niedersachsen dabei. So gewährte der Vizepräsident des Niedersächsischen Landtages, Frank Oesterhelweg (CDU), Einblicke, wie man bei den Stiftungen Asse und Konrad vorgegangen war. „Wie es in Niedersachsen gemacht wurde, ist für uns eine gute Orientierung, daran können wir uns halten. Aber natürlich gibt es Unterschiede im Landesrecht“, sagte Verabandsgemeindebürgermeister Mathias Weiß.
Der Zukunftsfonds Asse erhält jährlich drei Millionen Euro vom Bund, der Konrad-Fonds etwa 700.000 Euro.