Heimatgeschichte Eyraud gründete 1817 eigene Firma
200 Jahre ist es her, dass sich Carl August Eyraud in Neuhaldensleben selbständig gemacht hat. Ab 1819 gab er das Wochenblatt heraus.
Haldensleben l Der Industriepionier Nathusius, der 1810 das Klostergut Althaldensleben gekauft und sich hier angesiedelt hatte, interessierte sich für alles Neue, so auch für die Lithographie und den Steindruck. Er führte die erst 1798 in München erfundene effektive und preiswerte Drucktechnik in Preußen ein. 1815 hatte Nathusius einen Lithographen und das für seine Arbeit nötige Material nach Althaldensleben geholt. Hier ließ er den jungen Bibliothekar Carl August Eyraud in der neuen Kunst ausbilden.
Eine zweite Druckerei hatte Nathusius auf Wunsch der Regierung in Halberstadt eingerichtet und eine dritte legte einer seiner Mitarbeiter in Berlin an.
Carl August Eyraud stammte aus einer Hugenottenfamilie der französischen Kolonie in Magdeburg, wo er am 6. November 1790 geboren wurde. Die Druckpresse hatte Nathusius in der Hundisburger Maschinenfabrik bauen lassen. Diese Maschinenfabrik befand sich übrigens im Schloss, und hier wird auch Eyrauds Werkstatt gewesen sein. 1817 machte sich der junge Mann in Neuhaldensleben selbständig.
Im Jahr zuvor hatte er das Bürgerrecht der Stadt Neuhaldensleben erhalten. Das notwendige Anfangskapital sowie Steine und Druckpresse erhielt Eyraud von Nathusius. Damals wohnte Eyraud in der Burgstraße unmittelbar neben dem Magdeburger Tor. Die Druckerei soll sich zu dem Zeitpunkt im alten Torturm befunden haben. Als Eyraud 1819 das Neuhaldensleber Wochenblatt gründete, soll die Druckerei beziehungsweise die Kunstanstalt zum Holzmarkt umgezogen sein. Er hat die ersten Jahrgänge der Zeitung selbst im Steindruck hergestellt. Das Wochenblatt war damals die einzige Zeitung in Deutschland, die im Steindruck und nicht im Buchdruck hergestellt wurde.
Neben der Zeitungsdruckerei richtete Eyraud eine Leihbibliothek ein, die 1820 bereits 1000 und 1824 sogar schon 3000 Bände umfasste. Ab 1824 erschien das Wochenblatt im Buchdruck.
Zudem betrieb Eyraud eine eigene Verlagsbuchhandlung. Er verlegte beispielsweise 1924 und 1926 die beiden Bände der Chronik für den Kreis Neuhaldensleben von Peter Wilhelm Behrens und zahlreiche Bücher, die mit Lithographien illustriert wurden. Außerdem druckte er in jedem Jahr einen eigenen Kalender, stellte Landkarten, Spiele, Landschaftsbilder und Stammbücher (Poesie-Alben) mit den damals beliebten Blumen und anderen Verzierungen lithographisch her.
Selbstverständlich wurden sie in der eigenen Buchbinderei fertiggestellt. Eyraud arbeitete sehr erfolgreich und musste daher mehrmals in größere Räumlichkeiten umziehen. Ab 1864 war die Magdeburger Straße 10 sein Geschäftshaus. Der Geschäftsmann hatte das Haus gekauft, um es für seine Zwecke umbauen zu lassen.
Er hatte zwar schon 1844 die Leitung des Unternehmens an seinen Sohn Hermann übergeben, hat jedoch noch längere Zeit mitgearbeitet. Seinen Lebensabend verbrachte er bei seiner Tochter in Thüringen, wo er am 15. Februar 1872 starb. Seit dem 1. Oktober 1819 erschien das Neuhaldensleber Wochenblatt einmal wöchentlich. Ab 1849 wurde daraus das Wochenblatt für die Kreise Neuhaldensleben, Gardelegen und Wolmirstedt, drei Jahre später wurde das Format vergrößert, ab 1875 konnte das Blatt donnerstags und sonnabends gelesen werden. Zum Verbreitungsgebiet gehörte ab 1879 auch der damals braunschweigische Amtsbezirk Calvörde. Ab 1902 wurde aus dem Wochenblatt eine Tageszeitung.
1872 hatte Hermann Eyraud die Druckerei seinem gleichnamigen Sohn übergeben. Der starb allerdings bereits 1875, so dass sein Bruder Georg das Unternehmen weiterführte. Nach seinem Tod 1903 erlosch das Familienunternehmen. Walter Schwirkus übernahm das Blatt und gab es bis 1943 heraus. Die Geschichte hatte Sieglinde Bandoly in der Jahresschrift der Museen des Ohrekreises 1998 veröffentlicht. Das Museum zeigte im selben Jahr auch eine Sonderausstellung zum Lithographie-Jubiläum und zu Eyrauds Schaffen.
Die Tradition lebt weiter. Im Museum steht im Handwerkerhaus eine Steindruckpresse, die immer wieder zu besonderen Gelegenheiten wie dem Internationalen Museumstag in Aktion erlebt werden kann und die an die Steindruckepoche in der Kreisstadt erinnert. In der Magdeburger Straße 10 blieb die Zeitungstradition auch nach der Einstellung des Wochenblatts erhalten.
Dort befand sich über Jahrzehnte eine Außenstelle der Volksstimme-Druckerei Magdeburg. Gedruckt wird hier heute zwar nicht mehr, aber die Lokalredaktion der Volksstimme zog nach der Wende hierher um.