Gedenken Stolperstein für Bernhard Flörke
Gunter Demnig hat in Haldensleben einen Stolperstein für Bernhard Flörke verlegt. Sein Enkel Peter Harbauer hatte sich dafür eingesetzt.
Haldensleben l Von nun an wird Peter Harbauer jeden Tag über den Stolperstein seines Großvaters steigen. Denn in der Magdeburger Straße 59, wo sein Großvater bis zu seinem Tod lebte, wohnt 62 Jahre später auch sein Enkel. Jeden Tag wird Peter Harbauer die Messingplatte im Gehweg daran erinnern, was geschehen ist. In Gedanken wird er dann stolpern. Und er hofft, dass es weiteren Haldenslebern so geht.
„Es ist mir wichtig, dass dieses Schicksal bekannt wird und nicht in Vergessenheit gerät“, sagt Peter Harbauer. Er hatte sich dafür eingesetzt, dass der Stolperstein verlegt wird. Gestern rückte der Künstler Gunter Demnig, der jeden der Stolpersteine in Europa eigenhändig verlegt hat, mit Spachtel und Hammer an.
Auf dem Stein sind der Name „Bernhard Flörke“ sowie Eckdaten seines Lebens zu lesen. Der Haldensleber, geboren am 22. Mai 1891, war gelernter Steingutdreher. Vor dem Ersten Weltkrieg wurde er Mitglied in der SPD und war als leidenschaftlicher Turner auch Mitglied des Arbeiterturnerbundes. Außerdem war er Musiker – er spielte Trompete, Klarinette und Zitter.
Während des Ersten Weltkrieges wurde Bernhard Flörke von 1914 bis 1918 als Soldat an der Westfront in Frankreich eingesetzt und nahm dort an Schlachten in Verdun und Douaumont teil. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde er arbeitslos. Er gründete eine Kohlehandlung und ein Fuhrunternehmen. Er war verheiratet und hatte eine Tochter.
Im Jahr 1942 wurde der damals 53-Jährige von der Frau eines Polizeibeamten denunziert und daraufhin ohne Gerichtsverfahren in das ehemalige Konzentrationslager Lublin-Majdanek in Polen deportiert. Dort wurde er knapp ein Jahr lang unter unmenschlichsten Bedingungen gefangen gehalten.
Dieses Lager war von Nationalsozialisten im Herbst 1941 zunächst als Zwangsarbeiterlager für sowjetische Kriegsgefangene errichtet worden. Die arbeitsfähigen Insassen blieben so lange am Leben wie ihre Arbeitskraft reichte. Wer zur Arbeit nicht mehr in der Lage war, wurde ab Oktober 1942 in der Gaskammer des Lagers ermordert. Bernhard Flörke überlebte.
„Die Zeit der KZ-Haft war für meine Großmutter eine Schwierige Zeit. Sie stand plötzlich allein mit Kind und Geschäft da“, erinnert sich Peter Harbauer an die Erzählungen seiner Großmutter und Mutter. Er selbst lernten seinen Großvater nie kennen. Denn er erblickte erst in dem Jahr die Welt als dieser starb. 1957 war das. Trotzem weiß sein Enkel, dass die Erlebnisse der Haft seinen Großvater nie wieder losließen.
„Die Steine sollen und tagtäglich damit konfrontieren, zu welchen Verbrechen Diskriminierung, Rassismus und Ausgrenzung geführt haben“, sagt Peter Harbauer. Für ihn sei ein kleiner Stolperstein wie der für seinen Großvater persönlicher, als riesige Denkmale für mehrere Millionen Menschen wie das Holocaust-Denkmal in Berlin.
Währenddessen hockt der Künstler Gunter Demnig am Boden und klopft den Stein sanft in den Gehweg ein. Über 75 000 Mal hat er das bereits getan. „Es ist eine Lebensaufgabe“, sagt der 72-Jährige, der mit seiner Idee dafür gesorgt hat, dass die Geschichte tausender Menschen nicht in Vergessenheit gerät. „Es ist unfassbar, was ich an Dankbarkeit erfahre“, sagt er.
Bei der Verlegung des Stolpersteins waren auch politidsche Vertreter, Mitglieder der Verwaltung und Privatpersonen anwesend. Uwe Blamberg und Sissi Franz von der Kreismusikschule Haldensleben/Wolmirstedt lieferten die musikalische Untermalung.
„Die Verlegung eines Stolpersteins in einer so kleinen Stadt wie unserer, das ist immer auch eine persönliche Geschichte“, sagte Andrea Schulz, Dezernentin in der Stadtverwaltung, nachdem sie den Lebenslauf Flörkes vorgetragen hatte. „Als Bürger sind wir verantwortlich für unsere Erinnerung. Ich wünsche mir, dass möglichst Viele über den Stein mit dem Namen Bernhard Flörkes stolpern mögen. Immer und immer wieder.“