1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Haldensleben
  6. >
  7. Investoren widersprechen Bürgerprotest

Windenergie Investoren widersprechen Bürgerprotest

Windkraftanlagen bestimmen das Bild in der Börde mit. Von Zeit zu Zeit müssen diese erneuert werden, um wirtschaftlich zu sein. Mehr Leistungsfähigkeit bedeutet höhere Windräder. Das sorgt für Unmut in Irxleben, die Investoren hoffen auf Verständnis.

Von Constanze Arendt-Nowak Aktualisiert: 14.06.2021, 16:54

Irxleben - Der neu gebildete Arbeitskreis, der sich mit der Umstrukturierung des Windparks bei Irxleben beschäftigen wird, soll in dieser Woche seine Arbeit aufnehmen. Nach dem Aufschrei der Irxleber Bürgerschaft und dem Protest gegen die Pläne zum mit einer Leistungserhöhung verbundenen Umbau der Anlagen sollen genaue Informationen ausgetauscht und das Für und Wider abgewogen werden. In der jüngsten Gemeinderatssitzung ist der mit den Plänen verbundene Beschluss auf Empfehlung des Bauausschusses erst einmal von der Tagesordnung genommen worden.

Bürger befürchten Lärmund Schlagschatten

Zahlreiche Irxleber Bürger waren im Vorfeld der Sitzung des Bauausschusses am 12. April vor das Rathaus geeilt, um laut ihrem Unmut Luft zu machen und ihre Befürchtungen kundzutun (Volksstimme berichtete). Zu den Hauptargumentationspunkten zählten verstärkte Lärmbelästigungen und mehr Schlagschatten, die von den jetzt geplanten, noch höheren Anlagen produziert werden sollen. Die neuen Anlagen sollen eine Höhe von 250 Metern erreichen, etwa 115 Meter mehr als die derzeitig bestehenden. Eine 2017 bereits erneuerte, leistungsfähigere Anlage, die sich in diesem sogenannten Windeignungsgebiet auf Groß Santersleber Territorium befindet, ist 200 Meter hoch.

„Wir müssen hierher, dieses Gebiet ist als Windeignungsgebiet ausgewiesen, und um die Klimaziele zu erreichen, brauchen wir große, leistungsfähige Anlagen“, erklärte Projektmanager Jörg Janetzky von der CPC Germania GmbH & Co. KG, die den Windpark im Dreieck Irxleben - Hermsdorf - Groß Santersleben zeitnah umstrukturieren möchte. Seit zwei Jahren ist das Unternehmen mit der Gemeinde bezüglich der Erweiterung der Leistung der Windkraftanlagen, auch Repowering genannt, im Gespräch.

Den Befürchtungen der Irxleber widerspricht Janetzky. In Deutschland geltende Gesetzmäßigkeiten werden eingehalten, Gutachten bestätigen das. Als erstes Beispiel nennt er den Vorwurf, dass die Errichtung der Neuanlagen grundsätzlich mehr Lärm als gegenwärtig mit sich bringt.

Derzeit stehen in dem Windpark insgesamt elf Windkraftanlagen, sieben von ihnen sollen durch fünf von den größeren, leistungsfähigeren ersetzt werden. Drei weitere Anlagen werden in dem Zuge bei Hermsdorf und Wellen abgebaut. Das Windeignungsgebiet, zu dem früher auch Hermsdorf gehörte, ist inzwischen schon komprimiert worden. Zwischen den Windeignungsgebieten muss nach Vorgaben der regionalen Planungsgemeinschaft ein Abstand von fünf Kilometern eingehalten werden. „Die Gemeinde hat das Ziel, dass Anlagen außerhalb der Windeignungsgebiete verschwinden“, unterstreicht Jörg Janetzky.

Windeignungsgebietemaximal auslasten

Um dennoch im Wettbewerb bestehen zu können, sind die Windkraftanlagenbetreiber bestrebt, die wenigen Gebiete, die nach der Einschränkung noch zur Verfügung stehen, maximal auszulasten. Das sei, so Janetzky, nur mit stärkeren Anlagen der neuesten Generation zu gewährleisten. Er rechnet vor: Die kleinen Anlagen von früher haben etwa eine Million Kilowattstunden Strom pro Jahr produziert, bei den neuen Anlagen sind es etwa 18 Millionen Kilowattstunden pro Jahr. Der so erzeugte grüne Strom wird in die nahe gelegene 110-Kilovolt-Leitung eingespeist und anschließend vorrangig in den umliegenden Ortschaften verteilt.

Die neuen Anlagen sind zwar höher, aber auch die Richtlinien sind nach Jörg Janetzkys Angaben zwischenzeitlich gegenüber den Anforderungen, die noch 2002 galten, verschärft worden. „Nach der Genehmigung des neuen Windparks wird die Schall- und Schattenwurfsituation etwa gleich bleiben“, erläutert er. Vorhandene Bebauungspläne für die Wohngebiete der Hohen Börde würden zudem die geltenden Richtwerte vorgeben, die per Schallgutachten nachgewiesen werden müssen. Vorrangig kommen die Geräusche von den Rotorblattspitzen. Wie Janetzky sagt, wird sich die Zahl der minütlichen Umdrehungen des Rotors reduzieren.

Moderne Sensoren lösen Abschaltautomatik aus

Nach Aussage des Investors wird heute in den modernen Windkraftanlagen auch vieles über Sensoren kontrolliert und geregelt – Sensoren, die es in den derzeit noch betriebenen Alt-Anlagen gar nicht gibt. So sind die neuen Anlagen beispielsweise auch mit einer Abschaltautomatik ausgerüstet, die dafür sorgt, dass die maximal zulässige Dauer eines Schattenwurfes in einem Wohngebiet nicht überschritten wird. Für jedes Haus ist ein Schattenwurfgutachten erstellt worden. Demnach darf ein Wohngebäude insgesamt maximal acht Stunden pro Jahr durch den Schattenwurf einer Windkraftanlage gestört werden.

Um die Beeinträchtigung der Bürger zu minimieren, wird dem Wunsch der Gemeinde gefolgt, die Windkraftanlagen mindestens einen Kilometer von der nächstgelegenen Wohnbebauung zu errichten. Die Abschaltautomatik kommt ebenso zum Beispiel der Tierwelt zugute. Weil Fledermäuse zu der Zeit auf Insektenjagd sind, stehen die Rotorblätter bei entsprechenden Wetterbedingungen in den Sommermonaten eine Stunde vor Sonnenuntergang bis eine Stunde nach Sonnenaufgang still. Durch die größere Nabenhöhe werden Greifvögel zudem besser geschützt, weil sich diese Vögel bei der Nahrungssuche meist in tieferen Lagen bewegen.

Weniger Belastung für die Menschen in den umliegenden Ortschaften soll außerdem mit einer sogenannten bedarfsgerechten Nachtkennzeichnung erreicht werden. Entgegen früherer Gewohnheit blinken die Lichter auf den Windkraftanlagen dann nachts nur noch, wenn ein Flugzeug oder ein Hubschrauber im Anflug ist. Auch Alt-Anlagen sollen nach Jörg Janetzkys Aussage damit nachgerüstet werden.

Gemeinde entscheidetallein über die Verwendung

Besonders gegen den Vorwurf, Bestechungsgelder an die Gemeinde zu zahlen, damit die Bebauungspläne umgesetzt werden können, wehrt sich die CPC Germania GmbH & Co. KG vehement. Es sei keine Bestechung, sondern eine freiwillige Zuwendung aufgrund des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2021. Demnach können der Gemeinde pro eingespeister Kilowattstunde 0,2 Cent gezahlt werden.

Hochgerechnet bedeutet das für die fünf beantragten Windkraftanlagen eine Summe von etwa 160000 Euro pro Jahr. „Das Geld kommt also den Menschen hier zugute, wie es verwendet wird, entscheidet ganz allein die Gemeinde“, so Jörg Janetzky. Nach seiner Aussage profitiert die Gemeinde Hohe Börde zudem von den Gewerbesteuern des Unternehmens, und das schon seit Jahren. 90 Prozent bleiben in der Gemeinde.