Landtagswahl Kaum Plakate in Haldensleben: Strenge Regeln für Werbung zur Landtagswahl
Wer durch Haldensleben fährt, dem würde nicht auffallen, dass bald ein neuer Landtag gewählt wird - am 6. Juni 2021. Denn: Plakatierung von Wahlwerbung im Stadtgebiet ist verboten. Die Kandidaten selbst sehen das zwiegespalten.
Haldensleben - Während in anderen Regionen des Landkreises Börde sämtliche Laternen von oben bis unten mit Wahlplakaten verziert sind, herrscht in Haldensleben gähnende Leere. Nur an fünf Orten im Stadtgebiet können Kandidaten und Parteien ihre Wahlwerbung anbringen. Das hat der Stadtrat bereits 2013 beschlossen.
Die Sondernutzungssatzung der Stadt regelt, dass Wahlwerbung nur an eigens dafür aufgestellten zentralen Wänden angebracht werden darf. In Haldensleben betrifft dies den Busbahnhof, den Kreisverkehr B246/Waldring, die Neuhaldensleber Straße/Marktzentrum neben der Bushaltestelle sowie an der Kiefholzstraße gegenüber des Ameos-Klinikums. Hinzu kommt jeweils ein Standort in den Ortsteilen, der vom Ortschaftsrat bestimmt wird. Im Stadtgebiet gibt es also neun Stellen, an denen Wahlwerbung erwünscht ist.
Hinzu kommt die strenge Regelung, dass an jeder der Anschlagtafeln ein Plakat in der Größe DIN A1 oder kleiner im Hochformat angebracht werden darf. Bei acht Landtagswahlkandidaten für den Wahlkreis 7 – Haldensleben sind am Süplinger Berg dementsprechen acht Plätze belegt, auch wenn für 24 Plakate Platz wäre. „Einerseits bedeutet das zwar einen zusätzlichen Aufwand für den Stadthof für die Aufstellung der Plakatwände, andererseits ist es für das Stadtbild sicherlich wohltuend“, sagt Stadtpressesprecher Lutz Zimmermann.
Leidet die Wahlbeteiligung darunter?
Die Landtagswahlkandidaten selbst sind zwiegespalten. René Gehre, Landtagswahlkandidat der FDP finde die Regelungen zum einen gut, da das Stadtbild erhalten bleibe, Schäden vermieden werden und lose Plakate nicht als Müll auf der Straße liegen. „Allerdings wären etwas mehr und gegebenenfalls auch attraktivere Aufstellorte nicht schlecht“, so Gehre. Außerdem könne die Wahlbeteiligung seiner Meinung nach darunter leiden, wenn zu wenig Wahlwerbung im Stadtgebiet zu sehen ist.
„Gewöhnungsbedürftig“ findet die strengen Regelungen die SPD-Landtagskandidatin Katharina Zacharias. „Man sollte darüber nachdenken, ob das zielführend ist und die demokratische Meinungsbildung verstärkt“, sagt sie. Eine „Materialschlacht“ wie in Magdeburg finde sie auch grenzwertig, aber die umliegenden Gemeinden haben mitunter andere Regelungen gefunden. „Viele Wähler fühlen sich von der Politik vergessen, wenn an ihrem Wohnort keine Plakate hängen. Dann muss man immer wieder erklären, dass das mit den Regelungen der Gemeinde zu tun hat“, so Zacharias.
Die Fraktion sei sich bei der Entscheidungsfindung 2013 im Haldensleber Stadtrat nicht einig gewesen bei dem Thema, erinnert sich Guido Henke, der für Die Linke erneut in den Landtag ziehen will. „Es gibt ein Spannungsverhältnis zwischen der Information und dem Stadtbild“, sagt er. Dennoch sei er sich sicher, dass sich die Wähler die Informationen heute auf anderem Wege beschaffen – Internet, Zeitung, Radio, Fernsehen. „Man müsste schon sehr ignorant sein, um gar nichts von der Landtagswahl mitzubekommen“, sagt er.
Verschiedene Regeln in den umliegenden Gemeinden
Der CDU-Kandidaten Tim Teßmann beispielsweise betont, die verminderte Wahlwerbung habe der Wahlbeteiligung bei der letzten Landtagswahl keinen Abbruch getan. Ein Problem sieht er in den unterschiedlichen Regelungen der Gemeinden. „Jede Gemeinde regelt die Wahlwerbung anders. Das kann sehr anstrengend werden und man kann sich als Kandidat schnell vertun“, sagt er. Insgesamt 500 Wahlplakate sind im Wahlkreis verteilt, davon fallen neun auf die Kreisstadt.
Auch Ralf-Peter Bertram, Kandidat für die Grünen, hat über die Sondernutzung als damaliger Stadtrat mitbestimmt. „Ich unterstütze das, denn oftmals fühlt sich niemand dafür zuständig, die Plakate wieder abzunehmen“, sagt er. Er betont, dass die Wahlbeteiligung in diesem Jahr vor allem dadurch niedriger ausfallen könnte, dass viele Parteien keine öffentlichen Wahltermine aufgrund der Corona-Pandemie anberaumen.
Die Begrenzung der Plakate hält AfD-Kandidat Markus Motschmann für „deutlich zu streng“. Er gibt zu bedenken, dass die Reglementierung einer hohen Wahlbeteiligung sicher nicht förderlich sei. Insgesamt 400 Plakate habe er im Wahlkreis 7 aufgehängt, wovon bis zu 15 Prozent beschädigt oder zerstört worden seien.
Kleinere Parteien sind benachteiligt
Mirko Schröder als Direktkandidat für die Freien Wähler wünscht sich eine „Kompromisslösung“. „Ich kann mir eine Limitierung vorstellen, auch mit entsprechender Plakettenvergabe wie beispielsweise in Oschersleben“, sagt er. Der Haldensleber Stadtrat solle erneut über die gefasste Satzung debattieren. Zudem seien Wahlen immer mit der entsprechenden finanziellen Ausstattung verbunden: „Kleinere Parteien mit gute Programmen, aber mit schmalen Budgets fallen dann oft hinten runter.“ In Calvörde und Erxleben habe er nur eine Genehmigung für zwei Tage, weil die Gebühren so hoch seien. Er habe insgesamt 164 Plakat im gesamten Wahlkreis aufgehängt.
Dass kleinere Parteien durch die strengen Regeln benachteiligt werde, sieht auch Jens Vollmann als Landtagskandidat für dieBasis so. „Gerade unbekannte Parteien sind darauf angewiesen, sich bekannt zu machen“, betont er. Er gehe davon aus, dass nur wenige Wähler sich aktiv informieren, weil eine gewisse „Politikmüdigkeit“ herrsche.