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Demonstration Mit Traktoren nach Berlin

Tausende Landwirte machen sich im Treckerkorso zur Demo auf den Weg nach Berlin. Auch aus Rätzlingen machten sich Bauern auf den Weg.

Von Anett Roisch 18.01.2020, 00:01

Rätzlingen l Freitagmorgen in Rätzlingen: Jörg Lauenroth-Mago (Bündnis 90/Die Grünen) packt Proviant in einen Korb. „Das Besondere der Demonstration in Berlin ist es, dass Landwirte, aber auch Naturschutzverbände, viele engagierte Jugendliche und Umweltorganisationen unterwegs sind. Es ist ein ganz breites Bündnis von Erzeugern, Landwirten und Verbrauchern. Das zeichnet die Aktion aus“, sagt Lauenroth-Mago, der in Rätzlingen einen Galloway-Zuchtbetrieb hat.

Ziel der Demo sei – nach den Ausführungen von Lauenroth-Mago – eine Wende in der Agrar-Förderung zu bekommen. „Es müssen mehr bäuerliche und mehr Öko-Betriebe gefördert werden. Das Geld sollte nicht mit der Gießkanne nur an große Unternehmen verteilt werden, sondern auch an Mischbetriebe, die Ackerwirtschaft und Viehwirtschaft betreiben“, erklärt der Rätzlinger. Der Landwirt verteilt heißen Tee und kleine Würste aus der Rindfleischvermarktung an seine Mitstreiter, um sich für die bevorstehende etwa achtstündige Tour bis nach Berlin zu stärken.

Auch Claudia Dalbert, Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft und Energie, probiert die Würste. Als „Treckerpatin“ unterstützt sie die Landwirte und möchte bis Solpke mitreisen. „Treckerpatin zu werden, das fand ich eine tolle Idee von Jörg Lauenroth-Mago, der mich zu dieser traditionellen Demonstration eingeladen hat. Wir merken es in allen Bereichen, dass wir die Wende für eine nachhaltige Landwirtschaft brauchen“, sagt die Ministerin. Die Situation werde – ihrer Ansicht nach – für die Landwirte immer schwieriger. „Die rechtlichen Bedingungen werden schärfer und die Verbraucher stellen berechtigte Ansprüche“, zählt Claudia Dalbert auf. Die Bundespolitik habe noch einige Aufgaben zu lösen.

„Ich finde es nachvollziehbar, dass unsere Landwirte demonstrieren. Die Bauern wollen ja eine ordentliche Landwirtschaft machen. Nur die muss natürlich so bezahlt werden, dass die Landwirte davon leben können. Das ist im Augenblick das zentrale Pro-blem“, sagt Claudia Dalbert und steigt ins Fahrerhaus, um an der Seite von Bennet Rosburg aus Döhren mitzureisen. „Ich bin heute zum sechsten Mal dabei, um die Agrarpolitik mitzugestalten. Wir wollen alle Naturschutz und artgerechte Haltung, also muss auch genau das gefördert werden“, sagt der 26-Jährige, der die Landwirtschaft als Nebenerwerb betreibt. Rosburg hat 190 Schafe in seinem Stall und bewirtschaftet Grünland.

„Auch die Düngeverordnung, die Brüssel will, betrifft uns als Neuland- und Bio-Betriebe. Diese Verordnung ist nicht sachgerecht. Wir freuen uns, dass wir Frau Dalbert auf unserer Seite haben, damit es eine sachgerechte Lösung gibt“, sagt Landwirt Jochen Dettmer. Der Belsdorfer fordert, dass die Agrarpolitik die Weichen für eine bäuerliche-ökologischere Landwirtschaft und artgerechte Tierhaltung stellt. Die Politik soll für insektenfreundliche Landschaften und globale Solidarität sorgen. „Wir sehen unsere Demo nicht als Konkurrenz zu der Bauernbewegung ,LandschafftVerbindung‘‚ sondern als Ergänzung. Wir haben viele gemeinsame Forderungen“, betont Dettmer.

Zum ersten Mal dabei ist Frauke Drüsedau aus Seggerde. „Ich fahre mit, damit die bäuerliche Landwirtschaft erhalten wird. Es wird gerade den kleineren Betrieben immer schwieriger gemacht“, weiß die 21-jährige Landwirtin, die eine Fachschule für ökologischen Landbau besucht. Später möchte die junge Frau den landwirtschaftlichen Familienbetrieb übernehmen. „Wir haben 40 Mutterkühe und 60 Mastrinder, die wir für Neuland mästen“, sagt Frauke Drüsedau.

Die artgerechte Tierhaltung hat in ihren Augen eine große Bedeutung. „Die Demo mit den Verbrauchern zusammen ist mir wichtig, weil man nur so in Kontakt kommen kann“, weiß die Landwirtin, die bei der 210 Kilometer langen Tour bis Berlin am Steuer eines John-Deere-Traktors sitzt.

Übernachten werden die vier Landwirte am Stadtrand von Berlin. Heute um 8 Uhr starten sie zur Demonstration durch die Bundeshauptstadt. Ziel ist das Außenministerium. „Dort findet eine Kundgebung im Rahmen der Agrar-Minister-Konferenz der Europäischen Union statt. Von dort aus geht es zum Potsdamer Platz und zum Brandenburger Tor“, blickt Lauenroth-Mago voraus. Dettmer gibt das Startkommando: „Jetzt geht es los. Wir hoffen, dass sich möglichst viele Bauern anschließen.“