Hauptausschuss folgt Vorschlag der Verwaltung / Für Gewerbetreibende und Landwirte bleiben Hebesätze gleich Grundstücksbesitzer sollen höhere Steuern zahlen
Wenn es um die Finanzen der Hansestadt Havelberg geht, spielen Stichworte wie rigides Sparen und Möglichkeiten der Einnahmenerhöhung eine große Rolle. Denn aufgrund des nicht ausgeglichenen Haushaltes befindet sich die Stadt seit zehn Jahren in der Konsolidierung.
Havelberg l Die Stadt ist immer wieder angehalten, ihre Steuereinnahmen zu prüfen und die Hebesätze zu erhöhen. Zuletzt geschah das zum Jahresbeginn 2010, als die Hebesätze dem Kreisdurchschnitt angeglichen wurden. Bei der Grundsteuer A für landwirtschaftliche Flächen und der Gewerbesteuer sieht die Stadt derzeit keine Möglichkeit für weitere Erhöhungen. Lediglich die Grundsteuer B für die Grundstückseigentümer soll von 375 auf 400 Prozent steigen. Das ist für den Einzelnen keine all zu hohe Belastung, hieß es am Montagabend in der Hauptausschusssitzung.
Die Stadt hat rund 2600 Steuerzahler mit einem durchschnittlichen Messbetrag von 58,50 Euro. Darin enthalten sind aber auch große Betriebe, sagte Kämmerin Petra Jonschkowski auf Volksstimme-Nachfrage. Für ein normales Einfamilienhaus liegt der Messbetrag bei 40 Euro. Dafür sind bisher pro Jahr 150 Euro Grundsteuer B zu zahlen, ab 2014 dann 160 Euro. Die Stadt rechnet dadurch mit Mehreinnahmen von 35000 Euro pro Jahr.
Umsatzschwache Kleinunternehmen
"Wir haben das Thema Steuererhöhung in der Verwaltung sehr intensiv diskutiert", sagte Bürgermeister Bernd Poloski. "In Bezug auf die Grundsteuer A für landwirtschaftliche Nutzflächen sind wir zu dem Schluss gekommen, dass wir die Steuern nicht an den Landesdurchschnitt angleichen können." Im Vergleich zu anderen Böden gehören die in der Region zu den ertragschwächeren, was bereits Nachteile für die Landwirte mit sich bringt. Zudem hat die Stadt hier im Vergleich zu anderen Kommunen mit 330 einen überdurchschnittlichen Hebesatz.
Auch bei der Gewerbesteuer sollten die Rahmenbedingungen betrachtet werden. Hier ist die Verwaltung ebenfalls der Auffassung, dass eine Erhöhung nicht gerechtfertigt ist. Gemeinden, die einen Hebesatz von 400 verlangen, sind zumeist starke Kommunen, die sich das leisten können, weil sie etwa direkt an der Autobahn liegen und ein Gewerbe von dort nicht abwandern wird, nur weil die Steuer so hoch ist. "In unserer Region sieht das ganz anders aus. Die regionale Wertschöpfung ist gering. Die Unternehmen haben hohe Aufwendungen, müssen große Fahrtstrecken in Kauf nehmen und der Auftragsbestand ist nicht so kontinuierlich wie andernorts", begründete der Bürgermeister das klare Nein zu einer solchen Steuererhöhung. "Für uns wäre das ein falsches Zeichen." Zudem würde die Erhöhung der Steuer der Stadt nicht viel einbringen. Denn viele Gewerbetreibende erzielen gar nicht die großen Gewinne, die sie steuerpflichtig machen würde - die Gewerbesteuer ist erst ab einem Jahresgewinn von 24500 Euro zu bezahlen.
In der Beschlussbegründung steht, dass die wirtschaftliche Struktur im ländlich geprägten Bereich der Hansestadt durch zahlreiche umsatzschwache Klein- und Kleinstunternehmen gekennzeichnet ist. Im Jahr 2013 kommt auf 108 Steuerzahler ein Messbetrag von 173000 Euro, was einem Durchschnittswert von 1600 Euro je Zahlungspflichtigem entspricht. Bezug genommen wird auch auf das geringe Arbeitsplatzangebot. Der Hebesatz von 350 ordne sich deshalb folgerichtig in die Festsetzungen der vergleichbaren Nachbargemeinde im strukturschwachen östlichen Teil des Landkreises Stendal ein.
Wohnqualität hat sich verbessert
Kämmerin Petra Jonschkowski machte in dem Zusammenhang darauf aufmerksam, dass Havelberg nicht mit Osterburg oder Tangermünde verglichen werden kann. "Bei den Einnahmen aus der Gewerbesteuer liegen wir als Kommune ganz am Ende." Sie verwies zudem auf die Möglichkeit kleinerer Unternehmen, mit ihrem Büro ohne großen Aufwand in benachbarte, steuergünstigere Kommunen zu ziehen.
Bei der Grundsteuer B dagegen ist es berechtigt, über eine Erhöhung des Hebesatzes nachzudenken, sagte Bürgermeister Bernd Poloski. Die Aufwendungen für Grundstücksbesitzer sind nicht anders als in anderen Regionen. Im benachbarten Elbestädtchen Sandau, das sich ebenfalls in der Konsolidierung befindet, liegt der Hebesatz bei 400. Auf diese Größe will Havelberg den Satz nun auch erhöhen. Das ist auch unter dem Aspekt, dass sich die Wohnqualität in den vergangenen Jahren erheblich zum Positiven verbessert hat, vertretbar, sagte die Kämmerin.
Im Hauptausschuss votierte mit vier Ja- zu drei Neinstimmen die Mehrheit für die Anhebung. Der Stadtrat beschließt auf seiner Sitzung am 28. November darüber.
Vor vier Jahren waren alle Hebesätze erhöht worden: der für die Gewerbesteuer von 300 auf 350, der für die Grundsteuer A von 300 auf 330 und der für die Grundsteuer B von 350 auf 375 Prozent.