Denkmal Hedemicke soll eine Kopie bekommen
Der Erholungsort Kamern besitzt etwas, wovon andere Orte träumen: ein Alleinstellungsmerkmal. Doch die Hedemicke ist marode.
Kamern l Etwa 48.000 Euro werden laut Kostenschätzung benötigt, um das Natur- und Kulturdenkmal Hedemicke zu bewahren. Entweder als Original oder – was wohl wahrscheinlicher ist – als Kopie. Die Kommune hat einen Antrag geschrieben, um dafür Fördergeld aus dem europäischen Leader-Topf zu bekommen. Würde dem Antrag stattgegeben, verbliebe Kamern dennoch ein Eigenanteil von fast 10.000 Euro.
Mit dem Geld sollen Risse, Schad- und Fehlstellen an der uralten Kiefer beseitigt werden, allgemein soll die Oberfläche saniert werden. Zudem soll ein Abdruck genommen werden, um mit dessen Hilfe die Kopie zu erstellen. Im besten Fall soll das marode Original dann in ein wetterfestes Gehäuse umgesetzt und durch die Kopie ersetzt werden.
„Ringsum ist in Kamern allerhand für den Tourismus aufgebaut worden, nun wollen wir die Hedemicke wieder so herrichten, dass sie auch weiterhin Bestand hat“, begründete Bürgermeister Arno Brandt auf der Ratssitzung. Der seit 80 Jahren abgestorbene Baum bestehe eigentlich nur noch aus der Hülle, drinnen befindet sich zumeist nur noch Mulch. Zwar wurde der Baum früher auch schon saniert, doch richtete manche dieser Aktionen aus Sparzwang mehr Schaden als Nutzen an: Bauschaum war als Abdichtung ungeeignet und zog sogar Wasser an.
Vielleicht reiche es, lediglich eine Kopie aus Kunststoff aufzustellen, meinte Christian Leue. Für eine verschuldete Kommune seien 10.000 Euro für einen Baum viel Geld, fand er. Man müsste zudem über Alternativen nachdenken und vielleicht einen ähnlichen Baum aufstellen.
Dem stimmte auch Caren Pfundt zu, zumal noch unklar sei, ob das Vorhaben überhaupt gefördert werde. Auch sollte man die Einwohner dazu befragen. Harald Peters meinte, dass man sich angesichts des üblen Zustandes eine teure Untersuchung des Baumes sparen und lieber gleich eine Kopie anfertigen könne. Gerd Schulz regte an, auch eine Spendenaktion für die Hedemicke zu starten.
Letztendlich hoben sich beim Beschluss jedoch alle Hände. „Als Sinnbild für die Sagenfigur Frau Harke sowie als identitätsstiftender Wappenbaum der Gemeinde Kamern soll die Hedemicke für die Nachwelt erhalten werden“ heißt es darin.
Die Bezeichnung „Hedemicke“ ist auf das wunderliche Aussehen des verzweigten Stammes zurückzuführen. Er ähnelt einem Spinnrockenstock, der früher beim Flachsspinnen verwandt wurde. Die altdeutsche Bezeichnung „Hede“ steht für unversponnenen Flachs, die „Micke“ bezeichnete eine Gabel. Der Sage nach hat die in den Kamernschen Bergen lebende Erdenmutter namens Frau Harke ihren Spinnstock vor ihrere Flucht als eine Art Abschiedsgeschenk hier in die Erde gesteckt.
Die Kiefer wurde 1928 unter Schutz gestellt, 1936 begann der Baum abzusterben, zuvor hatte ein Blitz einen der vier Äste zerstört. 1940 wurden die übrigen Äste abgesägt und 1955 der Stumpf zum Naturdenkmal erkoren. 1976 wurde er umfassend konserviert und so vorerst der Nachwelt erhalten. Wenig Ehrfurcht vor der sagenumwobenen Kiefer hatte ein Panzerfahrer der Sowjetarmee: Er verpasste dem toten Baumstamm in den späteren 1970er Jahren eine tiefe Kerbe.