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Offenes Denkmal Unsichtbare Geschichte im Havelberger Dom entdecken

Mit einer Führung stellte Antje Reichel kaum wahrgenommene Details der Havelberger Domgeschichte vor. Dorothea Kohtz erklärt das Papierschöpfen.

Von Max Tietze Aktualisiert: 11.09.2023, 17:48
Bei der Führung „Spuren unter der Erde“ zeigte Antje Reichel, wo früher im Dom bestattet wurde. Alte Grabplatten sind noch vorhanden.
Bei der Führung „Spuren unter der Erde“ zeigte Antje Reichel, wo früher im Dom bestattet wurde. Alte Grabplatten sind noch vorhanden. Foto: Max Tietze

Havelberg - Die größte Kulturveranstaltung in Deutschland ist der Tag des offenen Denkmals. Auch die Region Havelberg war wieder mit verschiedenen Orten dabei. Es sind für Besucher Gelegenheiten, Dinge zu entdecken, die sonst „unsichtbar“ sind.

Wer kennt die wechselvolle Geschichte, was alles schon auf der Nordseite vom Dom St. Marien gestanden hat? Antje Reichel, Leiterin des Havelberger Prignitz-Museums, zeigte den Teilnehmern der Führung „Spuren unter der Erde“ den Platz zwischen Dom und Mauer zum KMG-Gelände. Heute ist alles glatt gepflastert, nichts deutet auf Besonderheiten hin. An anderen Stellen im Domgebiet oder auf der Altstadtinsel kann man durch farbliche Absetzungen im Straßenpflaster erahnen und erkennen, was früher an jenem Ort war. Antje Reichel berichtete von einem Fund bei Grabungsarbeiten im Jahr 1999. Die erste Vermutung, dass man Reste einer früheren Kirche aufgespürt hätte, passte nicht.

Wo war früher eine Beinhauskapelle?

Es stellte sich heraus, dass man auf eine alte Beinhauskapelle gestoßen war, sehr wahrscheinlich zur Reformationszeit errichtet. Skelettfunde passten in die Barockzeit. Der letzte katholische Dekan Peter Conradi schrieb etwas von „seiner Marienkapelle“. Er starb 1561. Die älteste farbliche Darstellung vom Dom und der Umgebung aus dem Jahr 1580 zeigt eine angebaute Kapelle an jener Stelle, wo man 1999 die baulichen Reste fand. Eine Abbildung von 1652 zeigt nichts am Dom auf dieser Seite, ebenso ist im Mauerwerk keine Andeutung auf einen Anbau vorhanden.

Daraus ergab sich, dass die Beinhauskapelle wahrscheinlich nur circa 50 Jahre stand und nicht fest mit den Dommauern verbunden war. Bis 1789 wurde der Platz an der Domnordseite als Friedhofsfläche genutzt. Weiteres zur Begräbnisgeschichte im Inneren vom Dom stellte Antje Reichel im Bereich des barocken Hochaltars dar. Noch heute zeugen die bischöflichen Grabplatten von der Zeit, als das ganze Kirchenschiff für Bestattungen genutzt wurde.

Damals waren die Platten alle ebenerdig im Boden eingelassen, heute stehen die Zeitzeugen aufrecht an den Wänden der Klosteranlage. Teilweise wurden Grabplatten als Baumaterial wiederverwendet, als Treppenstufen oder in Wänden. Antje Reichel sagte: „Es gibt noch viele Fragen, wo Bauforschung und weitere Grabungen Antworten geben könnten.“ Diese Führung zu der Thematik stieß bei den Zuhörern auf viel Interesse und machte neugierig, ob irgendwann noch mehr „Unsichtbares“ zutage tritt.

Nele aus Havelberg probierte  das Papiermachen aus. Ihre Mutter half beim Blütenmuster.  Dorothea Kohtz gab Tipps.
Nele aus Havelberg probierte das Papiermachen aus. Ihre Mutter half beim Blütenmuster. Dorothea Kohtz gab Tipps.
Foto: Max Tietze

Papier selbst schöpfen und gestalten

Wie Papier hergestellt wird, machte Museumsmitarbeiterin Dorothea Kohtz „sichtbar“. Auf dem Klosterhof konnte man Papier schöpfen. Nele aus Havelberg nutzte die Gelegenheit zum Ausprobieren. Die Drittklässlerin merkte, dass es gar nicht schwer ist. Dorothea Kohtz erläuterte: „Heute habe ich hier ganz normale Papierabfälle genommen, ganz fein zerkleinert und in Wasser aufgelöst. Gibt man mehr Zeitungspapier dazu, wird das neu geschaffene Papier eher grau.“

Nele stellte zusammen mit ihrer Mutter einige Papierbögen her. Ein feines Sieb wird durch das Wasser gezogen, so dass sich die Papierflocken darauf absetzen können. Das Sieb mit der nassen Papiermasse wird herausgehoben. Da das Papier später eine individuelle Karte werden soll, streute Neles Mutter Blütenblätter als Muster auf die Masse. Nun wurde die Papiermasse vom Sieb vorsichtig abgekippt und zum Trocknen in die Sonne gelegt. Wie groß so ein einzelner Papierbogen wird, hängt von der Siebgröße ab. Dorothea Kohtz sagt: „So hat man in China angefangen, Papier herzustellen. Später haben auch Europäer diese Technik übernommen.“ Für Nele sowie viele kleine und große Kinder war es eine schöne Entdeckung, wie einfach man besondere Karten selber machen kann.