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Hebammen Im Einsatz für Mütter und Babys

Von Markus Schulze 26.03.2021, 18:01

Klötze

„Ich arbeite wie vorher auch“, erzählt Jana Reimann. Vorbereitungskurse und Rückbildungsgymnastik dürfen, nachdem es zwischen März und Juni 2020 einen Stopp gegeben hatte, wieder angeboten werden, und zwar in Anwesenheit der Teilnehmerinnen, wobei die Abstands- und Hygieneregeln zu befolgen sind. „Wir halten uns an die Vorgaben vom Land“, erklärt Jana Reimann. „Dafür sind die Frauen extrem dankbar“, ist es doch eine gute Gelegenheit, „einfach mal rauszukommen und sich mit anderen Schwangeren auszutauschen“.

Jana Reimann weiß, dass Online-Angebote eher unbeliebt sind. „Viele Frauen haben gar nicht die technische Ausrüstung dafür. Außerdem ist das so unpersönlich. Wir Hebammen kennen das doch auch – von unseren Fort- und Weiterbildungen. Es ist nicht schön, vor dem PC zu sitzen. Wenn man aber direkten Blickkontakt hat, kommen ganz andere Gespräche zustande.“ Außerdem wäre es ziemlich schwierig, Übungen am Bildschirm „vorzuturnen“ oder korrigierend einzugreifen.

Froh sind die Hebammen darüber, dass die Frauen bei der Geburt keine Maske tragen müssen und dass der Partner beziehungsweise eine Begleitperson trotz Kontaktbeschränkungen mit in den Kreißsaal darf. Eine Ausnahme besteht bei Kaiserschnitten, aus hygienischen Gründen.

Übrigens sehen die Hebammen in den Kontaktbeschränkungen durchaus einen Vorteil. So bleiben die Mütter nach der Niederkunft von Besuchen verschont. „Eine Geburt ist wie ein Marathonlauf“, schildert Isabell Köneke. „Das muss man erstmal verarbeiten. Es braucht Zeit und Ruhe, das Baby kennenzulernen.“ Und zwar ohne, dass die Verwandtschaft anrückt. „Welche Frau traut sich schon, dazu Nein zu sagen?“, ergänzt Jana Reimann. Zumal es heutzutage andere Möglichkeiten gibt, per Skype oder Whatsapp, um der Familie den neuen Erdenbürger vorzustellen.

Bei der stationären Aufnahme ins Krankenhaus gehören Testungen inzwischen zum Standard, sagen die Hebammen. Sollte dabei ein positives Ergebnis herauskommen, läuft die Entbindung dennoch normal ab, wenngleich das Personal unter Vollschutz zu arbeiten hat. „Ich sehe aus wie ein Astronaut“, scherzt Helen Benecke, die werdenden Müttern empfiehlt, sich in diesen Fällen trotzdem auf die Geburt zu konzentrieren, ohne sich um andere(s) zu kümmern. „Mich hat es traurig gemacht und erschüttert, als sich eine Mutter nach der Geburt bei mir entschuldigt hat, weil sie dachte, mich in Gefahr gebracht zu haben.“

Die Hebammen versichern, keine Furcht vor einer Ansteckung zu haben. „Wenn dem so wäre, dann könnte ich diesen Beruf nicht ausüben“, betont Isabell Köneke. Die Hebammen erwarten, dass ihnen die Frauen bei typischen Symptomen Bescheid geben und sich von den Kursen abmelden. „Das hält mich aber nicht von Hausbesuchen ab“, macht Jana Reimann deutlich. Zumal es Betreuungsverträge gibt. „Die Frauen haben einen Anspruch darauf, dass wir unsere Leistungen erbringen.“

Und überhaupt: „Wir arbeiten mit Herz und Händen“, stellt Jana Reimann klar. Über Telefon oder Internet würde vieles nicht funktionieren, etwa die Beurteilung, wie es den Frauen und Kindern im Wochenbett geht. „Da sagt die Körpersprache so viel aus.“

Jana Reimann, Helen Benecke und Isabell Köneke ist es ein Bedürfnis, den Frauen ein Fels in der Brandung zu sein, Fragen zu beantworten und Ängste zu nehmen. Entweder beim Hausbesuch oder in der Hebammenstube, die eine „Zufluchtsstätte“ sein soll.

Zu den Veränderungen, die sich durch Corona ergeben haben, gehört der Mehraufwand. „Man darf nicht vergessen: Wir sind selbst alle Mütter. Ich habe zwei schulpflichtige Kinder“, verrät Jana Reimann. Folge: Vormittags Homeschooling, nachmittags Arbeit. „Das ist schon eine Herausforderung“, bekennt sie. Auch die Gespräche mit den Müttern wurden seit Ausbruch der Pandemie immer intensiver. „Die Seele trösten, Sorgen nehmen - das ist mehr geworden“, stellt Jana Reimann einen Vergleich mit der Vor-Corona-Zeit an.

Im ersten Lockdown war die Verunsicherung noch größer, erinnert sich Helen Benecke. „Da konnten sich viele Frauen nicht vorstellen, schwanger zu werden.“ Zum Teil ist das immer noch so, insbesondere bei Mehrgebärenden. „Wenn der Mann in Kurzarbeit ist, die Kitas und Schulen geschlossen sind, dann überlegt man sich, noch ein Kind auf die Welt zu setzen“, kann Jana Reimann die Gedanken nachvollziehen. „Die Belastung, auch finanziell, ist wesentlich größer geworden.“

Umso weniger können die Hebammen nachvollziehen, warum im Mutterschutz befindliche Frauen für ihre anderen Kinder nicht automatisch einen Anspruch auf Notbetreuung haben. „Das wäre meine Forderung an die Politik“, sagt Jana Reimann. „Man muss sich mal die Belastung dieser Frauen vorstellen“, wirft Helen Benecke ein. „Haushalt, Baby und dann noch die Geschwisterkinder.“ Jana Reimann sieht das genauso: „Diese Frauen haben Gewissensbisse, weil sie allen gerecht werden wollen, es aber nicht können.“

Über diese und andere Themen zu sprechen, gehört für Isabell Köneke, Helen Benecke und Jana Reimann (mittlerweile) zum Alltag. Ebenso das Tragen von Masken oder das Desinfizieren der Hände.

Probleme, Hygieneprodukte zu bekommen, hatten sie übrigens nie. Bestellt wird über den Verband.

Die drei Hebammen hoffen, dass Corona bald ein Ende hat oder zumindest, dass der Gesellschaft eine Perspektive aufgezeigt wird. Isabell Köneke versichert: „Wir haben weiterhin Spaß an unserer Arbeit. Es ist der schönste Job der Welt. Was kann es Schöneres geben als ein kleines, neues Leben!“