Integration durch Kunst Kinder werden Baumeister in Magdeburg-Neustadt
In der Neuen Neustadt entsteht ein neuer Begegnungs- und Aktivitätsort. Internationale Künstler bauen in Workshops mit Bürgern der Stadt Installationen mit Nutzcharakter. Wer mitmacht und was geplant ist.
Magdeburg - Unweit des Moritzplatzes lag bis vor kurzem die Fläche zwischen Umfassungsweg und Grünstraße brach. Das soll sich mit dem Projekt „Polidrom“ ändern. Auf der Fläche entsteht ein Begegnungs- und Aktivitätsort, an dem Bürger jeden Alters mitbauen können. Geleitet wird das Projekt von Juliane Barz sowie der Künstlerin und Aktivistin Rena Rädle.
Die Neue Neustadt sei zu Unrecht verpönt, findet Katrin Gellrich, Leiterin des Moritzhofs. Den Wunsch nach der Aufwertung des Stadtteils gab es bereits bei der Bewerbung Magdeburgs als Kulturhauptstadt. Das Team vom Moritzhof vernetzte sich für dieses Projekt mit internationalen Künstlern und lud sie in die Neue Neustadt ein.
Tische und Sitzflächen aus alten Betonblöcken
Das deutsch-serbische Künstlerduo, Rena Rädle und Vladan Jeremic, konzipierte eine Umgestaltung der Fläche und nannte den Ort „Polidrom“. Das bedeutet so viel wie „viele Wege“. Das Projekt startete im Juni diesen Jahres und wird bis 2025 laufen.
Am Donnerstag begann ein neuer Workshop. Unter dem Motto „Chill and Drill“ wurde dabei fleißig gebaut. Aus alten Betonblöcken, Holzscheiben und Siebdruckplatten wurden neue Installationen errichtet. Fast 50 Kinder seien am ersten Workshop-Tag dabei gewesen und haben gemalt, gesägt und geschliffen, berichtet Projektkoordinatorin Juliane Barz. Ein großer Teil seien Roma aus dem Häuserblock nebenan gewesen. Auch Schüler wurden auf dem Weg nach Hause neugierig.
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Dabei entstand bislang unter anderem ein langer blauer „Nachbarschaftstisch“, an dem man miteinander sitzen und reden kann, sowie massive runde Holzplatten auf Betonsteinen – die „Flying Stages“, Sitzgelegenheit und Bühne in einem.
Aus Serbien und Russland nach Magdeburg
„Wir möchten Kunst als Mittel für gesellschaftlichen Aufbau nutzen“, meint Vladan Jeremic. Teil des Konzeptes ist, dass die Workshops komplett offen, ohne Voranmeldung sind. „Wenn wir erstmal anfangen zu werkeln, schauen die Kinder aus dem Viertel immer sehr neugierig herüber und kommen meistens dazu“, bemerkt Katrin Gellrich. „Irgendwann ziehen sie auch die Eltern mit ins Boot.“
Ein besonderes Anliegen der Workshopreihe ist es, auf die Roma-Gemeinschaft in Neue Neustadt aufmerksam zu machen. Kulturelle Abendveranstaltungen, wie Filmvorführungen oder Vorträge, begleiten sie.
Diese drei Künstlergruppen stehen dahinter:
Rena Rädle und Vladan Jeremic fanden sich 2002 zu einem Künstlerduo zusammen. Beide wohnen in Belgrad und entwickeln Zeichnungen, Texte, Fotos und Bauprojekte, die sich mit politischen und sozialkritischen Themen befassen. Im Mittelpunkt ihrer Arbeiten steht das Leben der Roma in Europa.
Das Kollektiv Plus X aus Halle und Leipzig beschäftigt sich mit Raumplanung und lebendiger Stadtkultur. Am Herzen liegt ihnen, nutzbare Objekte zu schaffen. Das X im Namen seien die Menschen, die vor Ort mitmachen, erklärt Marvin Schwark, Mitglied der Gruppe. Seit Donnerstag arbeiten sie mit den Kindern aus der Nachbarschaft an den „Flying Stages“.
Die ZIP group, 2009 gegründet, kam über das Artist-at-Risk-Stipendium aus Krasnodar nach Deutschland. Ihr Ziel ist es, heruntergekommene Orte wieder zum Leben zu erwecken und funktional zu machen. Die beiden Künstler gestalten an der Polidrom-Veranstaltungsfläche unter anderem die dortige Bushaltestelle „Grünstraße“ neu.
Was bald ansteht
Am 16. September steht ein World Clean Up Day an. Dieser richtet sich vor allem an Anwohner der Neuen Neustadt. Zusammen mit den Künstlern wird um das Polidrom herum Müll gesammelt und anschließend Workshops und Spiele rund um das Thema Nachhaltigkeit, Müll und Umweltschutz. Anschließend gibt es eine Grillparty. Der Treffpunkt ist in der Brachfläche zwischen Umfassungsstraße und Grünstraße, in fünf Minuten Gehweg von der Haltestelle Kastanienstraße.