1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Klötze
  6. >
  7. Grüne Einzeller finden sich sogar in Gummibärchen

Beetzendorfer Gymnasiasten tauchten bei Vortrag in die Welt der Algen ein / Jörg Ullmann berichtete aus der Praxis Grüne Einzeller finden sich sogar in Gummibärchen

Von Walter Mogk 27.01.2012, 05:21

Algen sind in mehr Dingen unseres täglichen Lebens enthalten, als man gemeinhin annimmt. Davon konnten sich die Siebentklässler des Beetzendorfer Gymnasiums bei einem interessanten Vortrag im Rahmen des Biologieunterrichts überzeugen.

Beetzendorf l Biologiestunde einmal anders hieß es am Mittwochvormittag für die Schüler der siebenten Klassen des Beetzendorfer Gymnasiums. Von Jörg Ullmann, Biologe und Prokurist in Europas größter Algenfarm in Klötze, erfuhren sie im Rahmen eines interessanten Vortrages aus erster Hand Wissenswertes über die kleinen grünen Pflanzen und ihre Verwendung. "Algen sind viel mehr als das, was ihr im Urlaub als angeschwemmten Tang am Strand kennt", versicherte der Experte den Schülern. So gebe es bis zu 40000 derzeit bekannte Arten der meist einzelligen Pflanzen, von den Blaualgen, bei denen es sich eigentlich um Bakterien handelt, bis hin zu den Kieselalgen, aus deren Ablagerungen die Karpaten bestehen.

Etwa zehn Mal so viel unbekannte Algenarten werden von den Wissenschaftlern noch vermutet. Wirklich für den Menschen genutzt werden derzeit nur zirka 50 Algen. Ihre Verwendung zieht sich durch alle Lebensbereiche. So finden sich Braunalgen in einigen Getränken sowie in Zahnpasta, und auch als Geliermittel findet der Tang genannte Einzeller seinen Einsatz. Erstaunt mussten die Schüler zur Kenntnis nehmen, dass selbst in Gummibärchen Rotalgen enthalten sind. "Der Zusatzstoff nennt sich dann E 406 und steht auf der Packung", verriet Jörg Ullmann. Als E 407 tauchen die Pflanzen in Majonäsen und Sahne auf.

Ohne Algen gäbe es auf der Erde viel weniger Sauerstoff. "Denn jedes zweite Molekül, das wir einatmen, ist aus der Photoyntheseaktivität dieser Pflanze entstanden", berichtete der Biologe den Schülern. Da Kleinalgen zur Hälfte ihrer Biomasse aus Proteinen (Eiweißen) bestehen, forsche man seit einigen Jahren daran, die Einzeller auch zur Ernährung der stetig steigenden Weltbevölkerung zu nutzen. "Der Vorteil ist, dass Algen auch dort gezüchtet werden können, wo normale Landwirtschaft nicht möglich ist, etwa in der Wüste", erklärte Jörg Ullmann.

In Klötze, wo die Algenfarm bereits seit 2000 existiert, werden ausschließlich Grünalgen (Chlorella) angebaut. Und das in einem riesigen Gewächshaus von 1,2 Hektar Grundfläche. "Dort verlaufen kleine Glasröhrchen, durch die Süßwasser fließt. Aneinandergereiht ergeben sie eine Länge von 500 Kilometern, so weit wie von hier nach München", erzählte Ullmann. Für ihr Wachstum brauchten die Algen lediglich Kohlendioxid und Sonnenlicht. Aus den gewonnenen Pflanzen werden nicht nur Filinchen und Schokoriegel hergestellt, die die Schüler im Anschluss an den Vortrag verkosten konnten, sondern auch Farbstoffe, Futtermittel für die Fischaufzucht, Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetika.

Weil die Algen ein Temperaturoptimum von 28 Grad für ihr Wachstum benötigen, wird in Klötze ausschließlich von April bis Oktober produziert. Bis zu 50 Tonnen getrocknete Algen verlassen im Jahr das Werk. "Ein Bauer schafft es auf der gleichen Fläche gerade einmal, sieben Tonnen Weizen anzubauen", stellte Jörg Ullmann einen Vergleich an. Allerdings sei der Durchbruch noch nicht erfolgt, da das Kilogramm Algen mit 50 bis 200 Euro noch zu teuer sei. "Es wird aber weiter geforscht, auch zu Fragen des Anbaus, der Inhaltsstoffe und deren Nutzung", erklärte der Biologe. Die Klötzer Fabrik, in der 20 Mitarbeiter beschäftigt sind, sei eine Prototypanlage, die noch viel Optimierungspotenzial aufweise.

Nach dem Vortrag hatten die Schüler jede Menge Fragen. So wollte Simon Herting wissen, ob die Algenproduktion CO2-neutral sei. Das sei nicht der Fall, antwortete Jörg Ullmann. Zwar würden für die Herstellung von 100 Tonnen Algen etwa 400 Tonnen Kohlendioxid der Atmosphäre entzogen, doch durch den verbrauchten Strom entstünde weitaus mehr des Gases.