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Biologin rückt vergessene Tierart mit Doktorarbeit mehr in den Fokus der Öffentlichkeit Zahl der Iltisse geht auch in der Altmark erschreckend stark zurück

Von Siegmar Riedel 09.01.2013, 02:23

Der Befund ist erschreckend: Die weißen Flecke auf der Verbreitungskarte des Iltis in Sachsen-Anhalt werden immer mehr und immer größer. Das ist ein Zwischenergebnis der Doktorarbeit von Antje Weber. Die Jeggauerin untersucht auch in der Altmark die Entwicklung der Iltis-Populationen.

Klötze l Ein weiteres Tier droht aus unserer Natur zu verschwinden: der Iltis. Um die Öffentlichkeit auf dieses Problem aufmerksam zu machen und dem Mardertier zu helfen, untersucht die Biologin Antje Weber seit fünf Jahren die Entwicklung der Iltis-Populationen in ganz Sachsen-Anhalt für ihre Dissertation. Und das mit ganz unterschiedlichen Mitteln. "Wir haben fünf Iltisse mit Sendern versehen, um ihre Reviere und Bewegungen feststellen zu können", erläutert die Jeggauerin. In ganz Deutschland gibt es nur einen Tierarzt, der diese Besenderung vornehmen kann. Grund dafür ist der besondere Stoffwechsel des Iltis, der bei einer Narkose schnell zu kritischen Situationen führen kann. Denn der Sender wird in die Bauchhöhle implantiert.

Außerdem fließen Sichtungsmeldungen von Jägern, Naturschützern, Amtsmitarbeitern und ehrenamtlichen Helfern in die Datensammlung ein. Viele Daten liefern Fotofallen. Antje Weber sammelt auch Körper toter Iltisse, die Fahrzeugen zum Opfer fielen, um sie in einem kleinen Labor in ihrem Haus zu untersuchen. Tote Iltisse und in Lebendfallen gefangene werden noch dazu genetisch untersucht.

Was sie bisher herausgefunden hat, bezeichnet die Biologin als "dramatisch und erschreckend". Früher war der Iltis im Land flächendeckend verbreitet. "Er ist ein hervorragender Rattenvertilger, sucht sich Beute bis zur Größe eines Kaninchens. Aber Feldhamster und Kaninchen sind aus unserer Natur bis auf Teilpopulationen fast verschwunden", erklärt Antje Weber die Misere. Die Folge: Die einst flächendeckende Verbreitung des possierlichen Tieres wird immer lückenhafter.

"Solche Verbreitungslücken sind besonders im Süden des Landes zu finden", hat die Biologin festgestellt. "Nach 2005 gibt es dort kaum noch Nachweise für den Iltis." Schlecht sieht es in Bezug auf dessen Verbreitung auch im Raum Wittenberg aus, nördlich und südlich der A2, im Hügelland der Börde und auch im Norden der Altmark. "Das ist ein dramatischer Einbruch für eine so kleine Art und führt wahrscheinlich auch zu einer genetischen Verarmung", bedauert Antje Weber. Um das mit Bestimmtheit sagen zu können, seien die Ergebnisse zu jung, erste Indizien verweisen aber auf eine negative Entwicklung.

Vorkommen des Iltis in der Altmark hat die 40-Jährige auch in Zusammenarbeit mit Jägern und Naturfreunden in Jemmeritz ausgemacht, im Drömling, in der Mildeniederung und im Elbsystem. Einige Nachweise gibt es auch an der Jeetze bei Salzwedel.

Die Ursachen für den Populationsschwund des Iltis sind vom Menschen hausgemacht: Landschaftsveränderung, Gefahr auf den Straßen, hohe Schadstoffbelastung in der Umwelt, die sich negativ auf die Fortpflanzung auswirkt. "Die Belastung bei Iltissen mit Schadstoffen liegt teilweise 100-fach über normalen Werten", sagt Antje Weber, die im zweiten Teil ihrer Arbeit Schutzmaßnahmen vorschlägt. Dazu zählt, dass Jäger gefangene Iltisse erst für eine Untersuchung melden und dann frei lassen. Auch eine Renaturierung bestimmter Bereiche schlägt Antje Weber vor, weil den Iltissen die Lebensräume zunehmend fehlen. Saumstrukturen an Wäldern und zwischen Feldern und Wegen könnten helfen. "Der Iltis ist eine vergessene Tierart wie Eichhörnchen und Maulwurf", sagt Antje Weber. Er habe deshalb auch bei Verträglichkeitsuntersuchungen für die A14 keine Rolle gespielt. Dabei sei der Iltis eine geschützte Art, weshalb die Populationen überwacht werden müssen, sagt die Biologin. Eine 2012 erfolgte Bewertung der Bestandsentwicklung, die alle sechs Jahre erfolgen muss, habe gezeigt, dass der Iltis die Eingriffe in sein natürliches Umfeld nicht mehr ausgleichen könne. Weber: "Mir geht es nicht vorrangig um den Doktortitel. Ich bin froh, dass ich mit der Doktorarbeit die Gelegenheit habe, der Öffentlichkeit mitzuteilen, wie schlimm es um den Iltis steht."

Nähere Informationen unter www.wildforschung-artenschutz.de