Kirche Magdeburg Alte Dokumente zur Ulrichskirche entdeckt
Eine große Anzahl historischer Unterlagen ist dem Kuratorium der Ulrichskirche Magdeburg übermittelt worden.
Magdeburg l Die Fülle an Dokumenten überrascht. 0,75 laufende Meter Akten hält Tobias Köppe in seinen Händen, die dem Kuratorium von einem Rentner zum Kauf angeboten worden waren. Der Mann habe sie von einem fast 90-jährigen Magdeburger, der die Unterlagen beim Aufräumen daheim gefunden hatte, wie es beim Übergabetreffen hieß.
„Seit der Gründung bemüht sich der Verein, historisches Material von und über die Kirche zu sammeln und für die Nachwelt zu erhalten, daher waren wir natürlich sehr interessiert an einer Sichtung“, so Köppe. Schnell sei bei der Sichtung klar geworden, dass es sich beim Inhalt der unscheinbaren Tasche, die übergeben wurde, um einen Volltreffer handelt.
Die Unterlagen – u. a. Kassenbücher, Quittungen und Briefe – dokumentieren das Leben in der Kirchengemeinde „Sankt Ulrich und Levin“ und die Arbeit ihrer Verwaltung im Zeitraum von 1641 bis 1861. Und sie geben einen „wertvollen Einblick in den Wiederaufbau der Ulrichskirche nach ihrer Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg“, so Köppe.
In den Unterlagen finden sich zum Beispiel Rechnungen von Handwerkern sowie Quittungen für Materialien wieder, die beim und für den Wiederaufbau der im 11. Jahrhundert errichteten Kirche eingesetzt wurden. Es kann zudem dokumentiert werden, dass das Kirchenkollegium (interne Verwaltung) von Sankt Ulrich den Lehrer Christian Wellmann beauftragte, Spenden zu generieren.
Mit Erfolg, wie originale Briefe von Unterstützern u. a. aus Lübeck und Lüneburg belegen, so Dr. Guido Heinrich. Der Kulturhistoriker hat die Unterlagen in Sütterlinschrift für das Kuratorium gesichtet und ist laut eigener Aussage begeistert, was sie aus dem Innenleben der Gemeinde der damaligen Zeit preisgeben.
„Der Stellenwert der Kirchengemeinde war immens: Gemeindemitglieder vertrauten zum Beispiel dem Kirchenkollegium die Verwaltung ihres Nachlasses an und baten darum, ihre Angelegenheiten wie Zahlungen an Hinterbliebene zu übernehmen“, so Heinrich, der in den Unterlagen u. a. auch ein Testament eines Magdeburger Kaufmannes als Original fand. So auch Bewerbungen zu den Predigerwahlen für den Zeitraum von 1763 bis 1799 und Akten zur Umsetzung von königlich-preußischen Edikten von 1737 bis 1758.
Die Akten schlagen eine Brücke in die Gegenwart. Das Kuratorium Ulrichskirche hatte sich 2007 mit dem Anliegen gegründet, die noch vorhandenen baulichen Reste der 1956 gesprengten ottonischen Frühkirche zu erschließen und wieder zu errichten. Das Anliegen zum Wiederaufbau nach 1631 stieß allerdings auf einen fruchtbareren Boden als das Vorhaben des Kuratoriums: Bei einem Bürgerentscheid wurde den Wiederaufbauplänen 2011 eine Absage erteilte, 2017 lehnte der Stadtrat eine Bürgerbefragung zum Aufbau eines Portals ab.
Dennoch hat das Kuratorium Spuren hinterlassen: U. a. konnten Dokumente dem Landeskirchenarchiv und alte Ausgaben der Magdeburger Zenturien der Dauerausstellung im Otto-von-Guericke-Museum in der Lukasklause zur Verfügung gestellt werden. Weitere Exponate sind im Jahrtausendturm zu sehen. „Es geht uns darum, dass die Öffentlichkeit Zugriff zu diesen Schätzen hat und sich an die Ulrichskirche erinnert. Daher können wir uns auch vorstellen, diesen neuen Aktenfund wieder den Archiven oder Museen zuzuführen“, so Tobias Köppe.