Alte Elbe Millionenprojekt soll Elbarm retten
Land und Kommunen bekennen sich zu den Plänen zur Renaturierung der Dornburger Alten Elbe zwischen Magdeburg und Schönebeck.
Magdeburg l Ob Autobahn- oder Parkplatzbau, Baumfällungen oder Elbeausbaubestrebungen; die Schlachten, die Behörden landauf, landab schon mit Naturschützern schlugen – häufig vor Gericht – sind ungezählt und ganz sicher nicht gänzlich Geschichte. Umso erleichterter wirkten alle Seiten am Dienstag im Rathaus, als sie überm Modellprojekt „Renaturierung der Dornburger Alten Elbe“ sozusagen die Friedenspfeife rauchen konnten. Das bedurfte jahrelanger Debatten und der sensiblen Moderation durch den Umweltbeauftragten der Evangelischen Kirche, aber es soll endlich zum Ziel führen. Seite an Seite verkündeten Vertreter der Stadtverwaltungen Magdeburg und Schönebeck, des Umweltministeriums, des Landesbetriebes für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft, des Salzlandkreises, des Biosphärenreservates Mittelelbe und nicht zuletzt des im Projekt federführenden Naturschutzverbandes BUND, dass sie bei der Rettung eines etwa 15 Kilometer langen Elbnebenarms zwischen Kreuzhorst und Schönebeck an einem Strang ziehen wollen. Das Magdeburger Rathaus war sozusagen Austragungsort des Startschusses der politischen Umsetzungsphase, weil der größte Teil des sogenannten Altwassers auf Stadtgebiet liegt und hier entlang der Kreuzhorst, Pechau und Randau-Calenberge verläuft.
Aktuell läuft hier allerdings abgesehen von Flutzeiten nicht mehr sonderlich viel, jedenfalls kaum Wasser. Christian Kunz, der das Projekt für den BUND begleitet, erklärte eindringlich die ökologische Notlage. Die Schlammschicht im Flusslauf sei inzwischen zwei bis zweieinhalb Meter stark. Der Wasserpegel darüber betrage – da, wo es überhaupt noch einen durchgängigen gibt – zwischen 20 bis maximal 40 Zentimeter. Ohne Renaturierung seien die Tage des Flusslaufes gezählt, es droht die komplette Verlandung. Der Entwässerung umliegender Siedlungen und Äcker diene der alte Elbarm auch kaum mehr. Kunz nennt ihn in seinem jetzigen Zustand einen „vollen Kaffeefilter“. Er soll geleert werden.
Konkret sollen Kilometer für Kilometer abschnittweise entschlammt und Uferschutzzonen angelegt werden, um eine erneute Verlandung zu vermeiden. Geschätzte 350.000 Kubikmeter Schlamm werden mittels Pumpstationen flussabwärts an den höchsten Punkt bei Elbenau gepumt, gelagert, entwässert und zur Basis für einen neuen Erlenbruchwald – ein Biotop für sich.
Stimmen in den kommenden Wochen alle Partner zu und unterzeichnen die vorbereitete Absichtserklärung, könne die etwa 18-monatige Planungsphase beginnen. Umgesetzt wird das Projekt also frühestens ab 2018/19. Die Arbeitsphase schätzt Kunz auf sage und schreibe zehn Jahre, die Kosten auf zwischen sechs und zehn Millionen Euro, „auch wenn ich heute noch nicht wissen kann, was eine Baggerstunde in sieben Jahren kostet“. Die Kostenschätzung ist also vage. Bezahlen sollen Bund, Land und der BUND selbst. Die Kommunen müssen Flächen freihalten bzw. ggf. Landwirten im Tausch anbieten, um Platz für die Uferschutzzonen zu gewinnen. Außerdem wollen sie sich an der touristischen Aufwertung des Gebietes auch finanziell beteiligen.
Der Magdeburger Umweltbeigeordnete Holger Platz signalisierte für die Landeshauptstadt volle Zustimmung zum Projekt, auch wenn der entsprechende Grundsatzbeschluss im Stadtrat erst im März ansteht, ebenso in Schönebeck und im Salzlandkreis. Die Gespräche mit dem Bauernverband, den Platz einen „wichtigen und den vielleicht schwierigsten Partner“ im Projekt nennt, haben eben erst begonnen. Dennoch waren sich gestern alle Beteiligten sehr einig, dass die Rettung der Dornburger Alten Elbe – so heißt der komplette Flussabschnitt bis Magdeburg, weil er bei Dornburg abzweigt – gelingen wird.
Ein Grund für den Optimismus ist der Umstand, dass das Vorhaben nicht ausschließlich dem Naturschutz dient. „Eine tolle Kombination aus Hochwasser- und Naturschutz“, nennt es Hans-Joachim Döring und verweist wie Kunz und Platz auf erwartete positive Effekte zur Entwässerung von Acker- und Siedlungsland sowie auf den im Gebiet problematischen Grundwasserspiegel.
Holger Platz sieht im Vorhaben auch eine Art Wiedergutmachung für anstehende Eingriffe in die Natur bei der Ertüchtigung der Umflut zu Hochwasserschutzzwecken. Hier sind großflächige Rodungen geplant, um einen verbesserten Abfluss im Flutfall zu erzielen. „Die erheblichen Eingriffe bei der Umflut wollen wir an anderer Stelle kompensieren“, so Platz, der auf die Anerkennung der Renaturierung am alten Elbarm als rechtsgültige Ausgleichsmaßnahme setzt. Dann könnte zusätzliches Geld in das millionenschwere „ökologische Großprojekt“ (Platz) fließen.
Die Projektvorstellung markiert das Ende der langen Diskussions- und Vorbereitungsphase. Jetzt müssen sich alle Partner auch offiziell und qua Beschluss bekennen. Dann will der BUND die Feinplanung starten und Förderanträge stellen.