Anna-Ebert-Brücke Munitionsfund birgt viel Sprengstoff
Nach dem Fund von 50 Kilogramm Sprengstoff in der Anna-Ebert-Brücke in Magdeburg. Eine Spurensuche.
Magdeburg l Die Anna-Ebert-Brücke sorgt seit Wochen schon für Schlagzeilen. Erst führte der schlechte Zustand zur Notsanierung und einer umfangreichen nächtlichen Sperrung. Dann brachte eine Baupanne in der Nacht zum vergangenen Freitag und damit eine plötzliche Vollsperrung auch am Vormittag ein unvermeidliches Verkehrschaos mit sich. Und nun finden Bauarbeiter und Munitionsberger als Zugabe wohlgemerkt in der Brücke 50 Kilogramm Sprengstoff der Sorte TNT.
Der Sprengstoff wiederum dürfte nach ersten Erkenntnissen mindestens 71 Jahre lang in der Brücke gelegen haben, über die ebenso lange täglich Tausende Magdeburger zu Fuß, mit dem Rad, dem Auto oder der Straßenbahn fahren oder laufen.
Nach dem plötzlichen Fund ist allerdings auch die Stadtverwaltung überfragt, warum der Sprengstoff so lange unentdeckt blieb. Und das, obwohl keine andere Brücke in Magdeburg in den vergangenen Jahren wegen ihres schlechten Zustandes so akribisch untersucht und sogar auch mit Spezialgeräten durchleuchtet und mit Sensoren abgetastet wurde wie die Ebertbrücke. Nie gab es Verdacht auf Sprengstoff in den Brückenelementen. „Wir hatten zu keiner Zeit einen Hinweis auf Kampfmittel. Ob diese vielen Messungen überhaupt einen Hinweis auf Sprengstoff hätten bringen können, können wir nicht beantworten“, sagte Stadtsprecher Michael Reif. Er versichert aber eines: Vom Sprengstoff sei keinerlei Gefahr ausgegangen.
Das TNT sei ursprünglich in Stangen- und Paketform gewesen, sei aber mit Sand und Erdreich verpresst und vermischt in der Hohlkammer aufgefunden worden. Das Material, das sich nach Volksstimme-Informationen im westlichsten der Brückenbögen befunden haben soll, wurde von Sprengstoffexperten geborgen. Die Masse aus TNT und Erdreich habe jetzt eher „wie ein Kuchen“ ausgesehen, sagte Reif. Eine Explosionsgefahr habe nicht bestanden. Dazu hätte es einer Verstärkungsladung oder Zündkapsel bedurft, die nicht gefunden wurde, so Reif. Eine Selbstentzündung sei daher ausgeschlossen. Gefunden worden seien lediglich noch verwitterte Fragmente eines Glühzünders, der auch nicht für die Auslösung einer Explosion ausgereicht hätte. Die Untersuchung des Materials habe aber ergeben, dass die Sprengladung von Deutschen in der Brücke angebracht wurde. Eine Kennzeichnung lasse den Schluss zu, dass es sich um ein deutsches Fabrikat handelt.
Für den Magdeburger Gert Sommerfeldt, der seit 50 Jahren Touristen durch die Stadt führt, als einer der größten Kenner der Stadtgeschichte gilt und die Kriegstage in Magdeburg selbst erlebt hat, ist der Fund überraschend, aber nicht unlogisch. „Schon zu Kaisers Zeiten hatten die Architekten die Pflicht, Sprengkammern in den Brücken einzubauen. Damit sollten die Voraussetzungen geschaffen werden, dass die Brücken bei militärischer Notwendigkeit schnell gesprengt werden konnten.“ Dazu kam es bei der Ebertbrücke nicht mehr. Sie überstand den Krieg als einzige Brücke unversehrt.
Der Strombrückenvorgänger, die Hubbrücke, die Sternbrücke und die Hindenburgbrücke als Vorläufer des heutigen Nordbrückenzuges wurden allesamt gesprengt. Die Ebertbrücke, die damals noch Lange Brücke hieß, entging offenbar ganz knapp diesem Schicksal.
Die Ebertbrücke bleibt tagsüber offen und ist ohne Gefahren passierbar, obwohl noch Munition in der Brücke vermutet wird, sagt die Verwaltung.