Ausländer Integration mit Hindernissen in Magdeburg
Fast 500 Kinder mit ausländischen Wurzeln warten in Magdeburg auf einen Kita-Platz.
Magdeburg l In aktueller Debatte befasste sich der Magdeburger Stadtrat am 22. Februar 2018 mit der Integration von Ausländern. Die größten Herausforderungen beschrieb der Oberbürgermeister zugleich als die größten Baustellen: Sprache, Bildung, Ausbildung.
Am Eingang seines Berichtes zitierte Lutz Trümper (SPD) schnöde, aber nicht minder eindrucksvolle Zahlen. Von unter 10.000 auf fast 21.000 Mitglieder ist die Zahl der Ausländergemeinde in Magdeburg binnen sechs Jahren gewachsen. Die Zahl der in der Stadt lebenden Geflüchteten stieg im gleichen Zeitraum von 130 auf fast 5000. Die 2730 Menschen unter ihnen, denen bereits das Recht auf Asyl zugesprochen wurde, haben für 1265 Familienangehörige (darunter 677 Kinder) den Antrag auf Nachzug gestellt. „Rund zwei Drittel der Angehörigen sind schon da“, so Trümper.
Das Nachzugsrecht für Asylberechtigte ist politisch unstrittig, nicht aber für jene, denen nur ein subsidiärer („behelfsmäßiger“) Schutz zugesprochen wurde. Bei ihnen geht der Staat davon aus, dass sie in absehbarer Zeit – nach dem Ende von Konflikten in ihrem Heimatland – wieder nach Hause zurückkehren werden. In Magdeburg genießen 1400 Ausländer den subsidiären Schutz. Wird auch ihnen Familiennachzug gewährt, rechnet Trümper mit mindestens 700 weiteren Zuwanderen und damit, dass zwei Drittel von ihnen Kinder sind.
Die Unterbringung von neu zugewiesenen Flüchtlingen ist aktuell überhaupt kein Problem für die Stadt – im Gegenteil: von 1735 Plätzen in Asylheimen sind nur 791 belegt, von 933 für Flüchtlinge angemieteten Wohnungen nur 610. Die Stadt gibt solche Unterkünfte schrittweise wieder auf. Das Gros der in Magdeburg angekommenen Geflüchteten hat inzwischen einen gesicherten Schutzstatus und damit – soweit nicht in Arbeit – das Recht auf Hartz IV und eine eigene Bleibe.
Als höchst problematisch erweist sich dagegen die Unterbringung der Flüchtlingskinder in Kitas. Rund 500 ausländische Kinder gehen bereits in Magdeburg in eine Kita, weitere 500 warten bisher vergeblich auf einen Platz. Neben ihnen stehen 130 Kinder aus deutschen Familien auf der Warteliste, so Trümper und – ganz kühler Rechner – folgert er: „Ohne die Flüchtlinge hätten wir heute kein Platzproblem mehr.“ Die in erster Linie von ausländischen Kindern besetzte Warteliste solle nicht, so Trümper, eins zu eins in die vier neuen Kommunal-Kitas entleert werden, die noch in diesem Jahr eröffnen. „Dann haben wir in diesen Häusern einen Ausländeranteil von 80 Prozent. So funktioniert keine Integration.“ Laut Trümper soll der Anteil ausländischer Kinder in einer Kita die 20 Prozent nicht übersteigen und man habe „schon Ideen“, wie das erreicht werden könne.
Die Sozialbeigeordnete Simone Borris erklärte später auf Nachfrage, dass bei der Platzvergabe zunächst nur jene ausländischen Kinder berücksichtigt werden sollen, die ein oder zwei Jahre vor dem Schuleintritt stehen; rechtlich sei das allerdings nicht ganz unproblematisch. Der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz unterscheidet nicht zwischen Einheimischen und Ausländern mit Bleiberecht.
Mittelfristig gibt Trümper das Ziel aus: ein Kita-Platz für alle, auch und gerade für ausländische Kinder. Die Sprache lernen Kita-Kinder in der Regel spielend. Die Stadt will weiter neue Kita-Plätze schaffen.
Dass Schüler mit ausländischen Wurzeln – auch wegen Sprachproblemen – in der Schule und im Durchschnitt nicht auf die Leistungen ihrer einheimischen Klassenkameraden kommen, belegt die Statstik nach Schulformen.
Durchschnittlich, so Trümper, liege der Ausländeranteil in der Magdeburger Schülerschaft heute bei zehn Prozent, konkret bei 2400 von rund 24.000 Schülern. In den Gymnasien lernen dagegen nur drei Prozent ausländische Schüler (88 von 4009), an den Gemeinschaftsschulen stattliche 21 Prozent (708 von 3415). Die erst jüngst von Sekundar- in Gemeinschaftsschulen umgewidmeten Einrichtungen seien deshalb, so Trümper, weitgehend überfordert mit der neuen Aufgabe, einen Teil der Schüler bis zum Abitur zu führen. Die Stadt werde neben neuen Kitas neue Schulen bauen, „aber das wird Jahre dauern und der Aufwand ist enorm“. Trümper rechnet: 2400 neue (ausländische) Schüler erforderten fünf Schulen für 75 Millionen Euro, die personellen Mehraufwendungen noch nicht eingerechnet.
Trümpers Fazit: Deutschland brauche ein Einwanderungsgesetz. Daneben müsse auch für EU-Ausländer gelten – keine Mitwirkung, keine Niederlassungserlaubnis. Alles andere öffne der Einwanderung ins Sozialsystem Tür und Tor. Einen von Teilen der CDU-Fraktion geforderten Zuzugsstopp für Flüchtlinge, wie ihn zum Beispiel das sächsische Freiberg beantragt, lehnt Trümper ab. „Wir haben 2017 rund 300 neue Asylbewerber zugewiesen bekommen. Vor dem Hintergrund fiele es mir schwer zu begründen, dass unsere Ressourcen erschöpft sind.“ Den größeren Teil ausländischer Zuzügler machten heute Menschen mit gesichertem Aufenthaltsstatus aus, die ihren Wohnort frei wählen dürfen.