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Automatengalerie In Magdeburg gibt's Kunst statt Kippen

Einst zog man aus ihnen Zigaretten, jetzt gibt es in Magdeburg Kunst statt Kippen aus Automaten.

Von Karolin Aertel 26.03.2018, 01:01

Magdeburg l Möbel, Leinwände, Steinpapier – Bettina Rohschneider hat auf vielem gemalt. Ein Zigarettenautomat war bisher nicht dabei. Doch derzeit gestaltet die Magdeburger Künstlerin die kleinste Galerie Magdeburgs – einen Kunstautomaten. Und wo Kunst drin ist, muss auch Kunst drauf. Der Kunstautomat sollte schließlich als dieser erkannt werden. "Ich suchte ein Motiv, das sich in die Gestaltung des Automaten einfügt", erklärt sie und wählte eine Frau, die sich auf das Sichtfenster zu lehnen scheint.

In diesem Fenster bald zu sehen sein wird die Auswahl, die der Käufer hat: Kunst regionaler Künstler, internationaler Künstler oder gar themenbezogene Kunst. Für vier Euro erhält er dann eine kleine Pappschachtel mit großem Überraschungseffekt. Denn was in ihr ist, kann er nicht beeinflussen. Malerei, Grafik, eine kleine Skulptur oder Fotografie – so ziemlich alles ist möglich.

Was sich als Inhalt der kleinen Schachteln eignet, entscheidet Lars Kaiser. Der Inhaber einer Agentur für zeitgenössische Kunst und Kunstautomaten in Potsdam funktionierte erstmals vor 17 Jahren einen Zigaretten- zum Kunstautomaten um. Anlass bot ihm die Erfahrung, dass Kunden in seine Berliner Galerie kamen, die etwas ganz Kleines als Mitbringsel oder Erinnerung suchten.

"Ich habe überlegt, was man und vor allem was man unabhängig von den Öffnungszeiten machen könnte", erzählt er. Die Lösung: Ein Automat und damit 24 Stunden Zugriff auf Kunst. "Ich möchte nicht sagen, dass ich der erste in der Geschichte bin, der die Idee eines Kunstautomaten hatte, aber damals gab es deutschlandweit keinen."

Mittlerweile gibt es diese Automaten im ganzen Land und auch in Barcelona, den Niederlanden und Österreich seien welche zu finden. Taiwan und Neuseeland sollen folgen. In Magdeburg sind sie u. a. im Moritzhof, im Volksbad Buckau, im Kabarett Hengstmanns und am Schellheimer Platz angebracht.

Ein weiterer soll ab 5. Mai 2018 in der Magdeburger Klosterbergestraße in Buckau zu finden sein. Ob dann auch kleine Werke Buckauer Künstler darin zu finden sind, ist noch nicht klar. Sie müssen sich erst als Künstler "bewerben".

Kaiser arbeitet mittlerweile mit über 200 Kunstschaffenden. Generell können alle Künstler teilnehmen. Dennoch gebe es ein paar Kriterien, die erfüllt sein sollten. "Um die Ernsthaftigkeit zu wahren und zum Schutz der Kunden, achte ich darauf, dass es sich um aktive Künstler handelt. Das heißt, um Künstler, die versuchen davon zu leben oder regelmäßig ausstellen." Letztlich entscheide die künstlerische Arbeit.

Kaiser hat alle Inhalte der Päckchen gesehen. Er packt jede Kunstschachtel selbst; kennt jeden Künstler seiner Riege. Denn auch eine kleine Vita mit Kontaktdaten des Künstlers und Erklärung zum Kunstwerk liegen der Schachtel bei, ebenso eine Erläuterung zum Konzept der Kunstautomaten.

Dazu gehöre auch der Hinweis, dass die Kunst verwirren oder aufregen kann. Denn in die künstlerische Freiheit wolle Lars Kaiser nicht eingreifen. "Wir halten keine Kunst zurück. Was dem einen gefällt, kann ein anderer furchtbar finden." Klar, fremdenfeindliche und extrem pornografische Darstellungen seien ein No-Go, doch so lange er die Schachteln befüllt, habe er noch nichts derartiges aussortieren müssen.

Während Kaiser weiß, was sich in den Schachteln befindet, erwartet den Käufer eine kreative Überraschung. Denn Ziel dieser Automaten sei es letztlich auch, Künstler überregional bekannter zu machen. "Ein Kunde versucht immer das zu kaufen, was er schon kennt", weiß Kaiser und will die Leute auch mit anderen Künstlern in Kontakt bringen.

So ist das Kunstwerk, das ein Einzelstück oder Teil einer limitierten Kleinserie ist, immer auch eine Art Visitenkarte des Künstlers. Erstaunlich sei, so Kaiser, dass die kleinen Werke zumeist auch einen Bezug zu den großen des Künstlers haben. "Manchmal probieren Künstler so auch Sachen aus, die sie dann ins Große Übertragen."

Neben der Werbung für den Künstler, erhalte dieser auch anteilig Geld. Dabei werden ihm die Arbeiten sofort komplett abgekauft. Das Liefern, Aufstellen und Befüllen der Kunstautomaten zeichnet übrigens der Magdeburger Automatenaufsteller Andreas Petzke verantwortlich.