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Tunnelbau Magdeburg Breite Pro-Tunnel-Front im Stadtrat

Zwischen Bauauftrag und Bürgerentscheid - die Stimmen zum Tunnel am
Damaschkeplatz hallen weiter wild durcheinander. Allerdings haben die
Befürworter die Oberhand im Stadtrat gewonnen. Einen Ausstieg aus dem
Projekt nennt Lutz Trümper "Wahnsinn".

Von Katja Tessnow 06.12.2014, 02:12

Magdeburg l Am Ende stand es 33 zu 17. 33 Räte (CDU, SPD, FDP, BfM, Tierschutzpartei, AfD und ein Linker) gaben am Donnerstagabend grünes Licht zur Vergabe eines millionenschweren Auftragspakets - der Bärenanteil der Tunnelbauleistungen. 17 Gegenstimmen von Linke und Grüne markieren eine gegenüber den Vorjahresdebatten enorm geschrumpfte Tunnelgegnerfront im Rat. Der Grundsatzbeschluss zum Projekt war 2009 bei 27 zu 26 nur mit einer Stimme Mehrheit gefallen. Die damit verglichen noble Mehrheit beim Vergabebeschluss am Montag markiert eine verbreitete Sehnsucht nach einem Schluss der Tunneldebatte im Stadtrat - und die Angst einer wachsenden Mehrheit vor den Folgen eines denkbar späten Ausstiegs aus dem Projekt knapp ein Jahrzehnt nach Beginn der ersten Planungen.

Oberbürgermeister Lutz Trümper zeichnete noch vor der nicht öffentlichen Abstimmung ein schreckliches Ausstiegsszenario. Im Umfang von 24 Millionen Euro habe die Stadt bereits investiert - in Planungen und Vorarbeiten. Die Bahn AG - Partner der Stadt beim Umbau der Kreuzung - kalkuliere für den Fall, dass die Stadt vom Tunnelbau abrückt, mit rund 30 Millionen Euro Mehrkosten (Behelfsbrücken, Neuplanung etc.). Trümper glaubt, dass die Stadt dafür in Regress genommen würde. Schließlich muss - kommt die Röhre nicht - eine Dauerlösung mit abgesenkter Straße errichtet werden; der Stadtanteil beliefe sich auf 36 Millionen Euro.

Trotz vieler offener Fragen, die im Falle eines Abschieds der Stadt aus dem Projekt von Gerichten zu klären wären, wagt Trümper die Prognose: "Kommt der Tunnel, rechnen wir mit 33 Millionen. Kommt der Tunnel nicht, kommen auf die Stadt 90 bis 100 Millionen Euro zu." Ein Ausstieg, so Trümper, wäre "totaler Wahnsinn". Den Tunnelgegnern rief er zu: "Sie betreiben Irreführung der Öffentlichkeit!"

Trümper bezog sich auf die Argumentation, ein Ausstieg aus dem Projekt könne die Stadt vor Millionenschaden bewahren. Anlass ihrer neuen, im Stadtrat von den Grünen getragenen, Attacken auf den Tunnel ist die seit Oktober bekannte Kostenexplosion (von 45 auf zwischen 90 und 100 Millionen Euro Gesamtkosten). Die Stadt ging zuvor von einer Eigenbeteiligung in Höhe von 8 Millionen und einer Landesförderung von 20 Millionen Euro aus. Beides ist Makulatur. Jetzt ist die Stadt mit 33 Millionen im Boot. Das Land hat sich aus der Förderung zurückgezogen. "Das erachten wir als wichtigen Grund zur Kündigung", blieb Jürgen Canehl (Grüne) auf Anti-Tunnel-Kurs. Eine Ratsmehrheit interessieren seine Einwände nicht mehr. Der grüne Stoppt-den-Tunnel-Antrag wurde ohne Debatte in die Ausschüsse "versenkt", wenn auch offiziell zur Debatte dorthin verwiesen. Klar ist, dass die Mehrheit nicht mehr diskutieren will. Die Tunnelgegner hatten mit einer Abfuhr gerechnet und diese zum Anlass für Unterschriftensammlungen nutzen wollen; Ziel: Bürgerentscheid. Den Anlass wollte ihnen eine Ratsmehrheit nicht liefern - keine Zustimmung, keine Ablehnung, sondern Vertagung, möglichst auf Sankt Nimmerlein.

Am Montag wird der Tunnel im Stadtrat erneut Thema sein. Anlass ist die Beratung des Stadthaushaltes 2015. Am Donnerstag forderte die Linke vergeblich öffentliche Aufklärung, wie die gestiegenen Tunnelkosten geschultert werden sollen. Trümper versprach Antworten am Montag.