Freizeit Chor erzählt in Magdeburg aus eigener Geschichte von Krieg und Vertreibung
„Wir sind aus der Ukraine“ ist ein Chor ukrainischer Frauen, die in ihrer Mehrzahl nach dem russischen Angriff aus ihrem Heimatland geflüchtet sind. Im Theater Magdeburg stehen sie auf der Bühne.
Magdeburg - Russlands Krieg gegen die Ukraine ist für viele Menschen in Deutschland zu einer fernen Normalität geworden. Doch das gilt längst nicht für alle, wie das Theater authentisch in den kommenden Wochen mit dem Stück „Sehnsucht“ zeigt. Geeignet ist der Auftritt für ein Publikum ab zehn Jahren. Es knüpft an die „Sehnsucht“, die in der vergangenen Spielzeit des Theaters gezeigt wurde an. Regisseurin Dorothea Lübbe war damals bei einem interkulturellen Fest im Volksbad Buckau auf den Chor „Ми з Украіни“ mit Mitgliedern zwischen 18 und 80 Jahren unter der musikalischen Leitung von Tetiana Strohal aufmerksam geworden.
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Nach Flucht aus Keller mit 300 Menschen in Magdeburg angekommen
Nun geht es darum zu berichten, was in der Zwischenzeit passiert ist, was nach der Flucht aus der Ukraine von den Ängsten, Wünschen und Sehnsüchten geblieben ist, und wie das neue Leben der Frauen des Chores aussieht. Und diese Erinnerungen haben es in sich: Eine der Frauen berichtet, wie sie über Wochen mit 300 anderen Menschen in einem Keller in Mariupol ausgeharrt hat, bis ihrer Familie die Flucht gelang. Eine andere berichtet aus ihrer Heimatstadt und ehemaligen Partnerstadt Donezk, wo die Angriffe schon lange vor der 2022 begannen: Schon 2014 waren die Menschen dort durch die Gewalt des Krieges bedroht.
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In dem Chor wirkt auch Oksana Khoruzha mit. Sie hat die organisatorische Leitung des Chores inne – und sie ist die Ausnahme. Denn sie lebt schon seit 20 Jahren in Magdeburg. Doch auch ihre Familie aus der Ostukraine hat all dies mitgemacht, was anderen widerfahren ist: „Man ist das erste Mal vor dem Krieg geflüchtet und hat alles aufgegeben: das Haus, die Freunde, eine berufliche und wirtschaftliche Existenz.“ Und dann kamen die Raketenangriffe in zuvor sicheren Teilen des Landes – und es folgte eine weitere Flucht. „Wer hält denn so etwas wieder und wieder aus?“, fragt Oksana Khoruzha.
Traumata aus den Kriegserlebnissen
Regisseurin Dorothea Lübbe sagt: „Der Krieg hat viele der Frauen traumatisiert. Und gerade, als sie zum Jahreswechsel ihre Verwandten in der Ukraine besucht haben, hatten die Russen die Angriffe ja wieder verstärkt.“
Doch es geht eben inzwischen nicht allein mehr um den Blick auf die Ukraine, sondern auch um die Gegenwart in Deutschland. Es geht auch darum, sich den Menschen zu zeigen: Zeigen, dass man ein ganz eigenes Schicksal mit sich trägt, dass man arbeiten und sich und seine Fähigkeiten in Deutschland einbringen möchte. Und vor allem, dass man sich den anderen Menschen in deutscher Sprache mitteilen möchte. Da seinen Geschichten, „die rauswollen“, so die Regisseurin.
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Eingebettet werden die kurzen Textbeiträge in Klaviermusik, vor allem aber in die mehrstimmigen ukrainischen Volkslieder, für die deutsche Texte als Übertitel gezeigt werden. Wenn dort von blauen Tauben die Rede ist oder vom Liebsten auf der anderen Seite des Flussufers – dann bekommen die Lieder angesichts der aktuellen Lage in Ukraine ein völlig neues Gewicht. Und sie werden zu dem, was Dorothea Lübbe einen kulturellen Widerstand gegen die russische Invasion aus dem Exil heraus nennt.
Termine, Mitwirkende und Karten
Weitere Vorstellungen sind für den 28. Januar sowie für den 3., 16., 17., 23. und 24. Februar geplant. Beginn ist jeweils um 19.30 Uhr im Schauspielhaus in der Otto-von-Guericke-Straße 64.
Eintritt und Karten: Der Eintritt wird nach eigenem Ermessen der Besucher entrichtet. Die Zahl der Zuschauer ist begrenzt, die Zählkarten sind vorab an der Theaterkasse im Opernhaus am Universitätsplatz 9 erhältlich. Zu erreichen ist diese auch per E-Mail an kasse@theater-magdeburg.de und unter Telefon 0391/40 49 04 90.
In dem Chor singen Svitlana Dekush, Yana Demisheva, Zoia Halahur, Svitlana Hamlii, Yana Horodyska, Oksana Khoruzha, Eleonora Kryzhovets, Oksana Kryzhovets, Olena Marchenko, Halyna Petriv, Olena Pokras, Olena Ruda, Isabella Shevchuk, Larysa Shevchuk, Yeva Shcherban, Maryna Shevchuk, Oksana Soloviova, Maryna Steshenko, Tetiana Strohal, Ganna Telesh und Olena Tyakina.