Hochwasserschutz in Magdeburg Das Ausbaggern der Alten Elbe bleibt umstritten
LHW-Flussbereichsleiter Ronald Günther zur Verlandung der Alten Elbe und Maßnahmen zum Hochwasserschutz in Magdeburg.
Magdeburg - Letzter Bürgertreff der Mittwochsgesellschaft vom Heimatverein „Werderaner Freunde“ und es gab viel zu besprechen. Als Gastredner hatten die Inselfreunde Ronald Günther eingeladen. Der Flussbereichsleiter für Schönebeck beim Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) sprach über den schwierigen Spagat zwischen Schutz der Bevölkerung vor Hochwasserkatastrophen und Naturschutzbelangen.
„Durch die jetzt und künftig durchzuführenden Maßnahmen wird die Funktion des Hochwasserschutzsystems der Elbdeiche bei Magdeburg und Schönebeck mit den Umflutkanaldeichen und dem Pretziener Wehr aufrecht erhalten und wieder hergestellt“, betonte Ronald Günther in seinen Ausführungen.
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Um den Abfluss zu verbessern, wurden durch das LHW umfangreiche Rodungen im Winter 2019/20 vorgenommen. Fast fünf Hektar Bewuchs, Büsche und Bäume, hat der LHW auf Grundlage des sogenannten Gewässer-Unterhaltungsrahmenplanes aus der Alten Elbe entfernen lassen. 21,6 Hektar waren es im Umflutkanal. Dafür mussten auch sogenannte Ausgleichsmaßnahmen durch den Landesbetrieb vorgenommen werden.
Denn ohne Ersatzmaßnahmen wäre diese Gehölzentnahme nie genehmigungsfähig gewesen. Grund: Der Umflutkanal befindet sich in einer sensiblen Schutzgebietskulisse, allen voran der Status als FFH-Gebiet. „Hochwasserschutz und Naturschutz müssen nach der Gesetzeslage zusammenfinden“, bilanzierte Günther und ergänzte: „Es wird keine Baum- und strauchfreie Umflut oder Alte Elbe geben.“
In einem Rahmenplan für die Gewässerunterhaltung hat der Landesbetrieb genau festgelegt, wie sehr der Umflutkanal maximal zuwachsen darf. 350.000 Euro sind jährlich für die Unterhaltung von Alter Elbe und Umflut eingeplant.
Der jahrelang freie Bewuchs habe die Grenzen aufgezeigt - das war die Lehre aus der Jahrhundertflut 2013. Der Umflutkanal sei nicht konsequent frei gehalten worden. „In der jüngeren Geschichte kamen naturschutzfachliche Beschränkungen durch die Ausweisung von Umflutkanal und Alter Elbe Magdeburg als Flora-Fauna-Habitat hinzu.“ Sprich: Durch die Einrichtung eines EU-Umweltschutzgebietes waren die Möglichkeiten zur Abholzung eingeschränkt.
Das LHW über die Verlandung der Alten Elbe
Immer wieder werden auch Forderungen laut, den vielen Elbsand ausbaggern zu lassen, um wieder mehr Platz für das Wasser zu haben. So wie es beispielsweise zu DDR-Zeiten gemacht worden ist.
Im Unterhaltungsrahmenplan für die Alte Elbe ist eine Sedimententnahme, wie es dort heißt, allerdings nicht vorgesehen. Der Grund: ein „ungünstiges Nutzen/Kosten-Verhältnis“. Für zehn bis zwölf Zentimeter niedrigeren Wasserstand mehre Millionen Euro auszugeben, hält Roland Günther für nicht sinnvoll.
Einen signifikanten Vorteil im Hochwasserfall hätte das nach Untersuchungen der Technischen Universität Dresden aus dem Jahr 2014 sowieso nicht, argumentiert Ronald Günther. Eine Entnahme sei auch gar nicht notwendig, da die aktuell sichtbaren Sandbänke „bei dem erforderlichen Hochwasserabflussvermögen berücksichtigt“ seien. Sie stören also nicht.
Die Entwicklung der Sandbänke stehe aber unter Beobachtung. Gemeinsam mit der Hochschule Magdeburg-Stendal werden in einem Projekt die grundsätzliche Fragen zum Sedimentationsverhalten untersucht. In drei bis vier Jahren könnten neue Erkenntnisse vorliegen und der Sachverhalt neu bewertet werden. Das Baggern ist also noch nicht komplett ausgeschlossen. Eigentlich warte Ronald Günther auf ein Hochwasser, um zu sehen inwieweit der Abtrag der Verlandungszonen auf natürlichem Wege passiert.
Das LHW zum Thema Wassersport an der Alten Elbe
Die Verlandung der Alten Elbe schränkt den Wassersport zunehmend ein. Um die noch fahrbare Rinne im Fluss zu erreichen, müssen beispielsweise die jungen Kanuten vom Kanu-Klub Börde ihre Boote über Sandbänke schleppen. Roland Günther verweist in diesem Zusammenhang auf das zuständige Schifffahrtsamt. „Die scheinen sich aber nicht für die Wassersportler zuständig zu fühlen“, so Ronald Günther.
Kurz nach dem Hochwasser 2013 wurde auch der Abriss der Kanonenbahnbrücke über die Alte Elbe gefordert. Doch keiner wollte die Kosten tragen. Ein Rückbau hätte nur einen geringen Effekt bei Hochwasserereignissen. Ronald Günther sieht eine mögliche Bebauung der Kanonenbahnbrücke dennoch aus Sicht des Hochwasserschutzes kritisch.
Auch den Hotelneubau im Rotehornpark hätte der Fachmann vom Landesbetrieb für Hochwasserschutz nicht befürwortet.